Porträt
„Missionarischer Eifer “
Felix Krämer ist Generaldirektor des Kunstpalastes Düsseldorf. Aktuell zeigt er dort verborgene Schätze von Gerhard Richter aus rheinischen Privatsammlungen.
Es gibt nicht viele Ausstellungen in Kunstmuseen, die so viel Interesse erregen, dass Magazine wie Automobilwoche und Zwischengas darüber berichten. Felix Krämer ist dieses Kunststück direkt nach Amtsantritt im Kunstpalast gelungen. Unter dem Titel „PS: Ich liebe Dich“ stellte er stilbildende Sportwagen der 50er bis 70er Jahre aus. „Die Schau liegt sechs Jahre zurück“, sagt der Generaldirektor und künstlerische Leiter des Düsseldorfer Hauses. „Aber noch immer werde ich einmal pro Woche darauf angesprochen.“
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Zurzeit zeigt der 53-Jährige Arbeiten von Gerhard Richter. Der besondere Kniff: Krämer versammelt unter dem Motto „Verborgene Schätze“ Werke aus dem Besitz rheinischer Privatsammler, die selten oder nie zu sehen waren. So erzählt er parallel zur Werkgeschichte Richters etwas über die Region und ihre Menschen. Und er gewährt Einblick in den schwach ausgeleuchteten Teil eines weltbekannten Œuvres. Das Publikum dankt es ihm: Ursprünglich hatte man auf 100.000 Besucher gehofft, nun geht man von 180.000 aus.
Niedrigschwelliges Angebot
„Wie kriege ich die Menschen zur Kunst?“ Er spüre einen „missionarischen Eifer“ bei der Beantwortung dieser Frage, sagt Krämer. Das Leben sei reicher, wenn man sehen lerne. „Und ein Museum ist ein toller Ort, um sich sensibilisieren zu lassen.“ Die Schwelle zu seinem Haus solle niedrig sein, deshalb mische er High and Low. Auf die von Claudia Schiffer kuratierte Ausstellung „Captivate!“ mit Modefotografien der 90er Jahre folgte eine Werkschau zu Max Liebermann. Den Überblick zur Ölstudie des 19. Jahrhunderts ließ Krämer von Bestseller-Autor Florian Illies kuratieren. Und die Skulpturen in der Tony-Cragg-Ausstellung durfte das Publikum anfassen. „Please touch!“ lautete der Titel. Das ist das Prinzip Kunstpalast.
Zum Bild gekommen ist Krämer durch seinen Vater Volker Krämer, Fotograf beim Stern. Er habe ihm Bilder als „emotionale Wesen“ nahegebracht. Dienstags, zwei Tage vor dem regulären Erscheinungstermin, habe er die jeweils neue Ausgabe des Sterns bekommen. Manchmal hätten sie dann eine „Heftkritik“ gemacht und besprochen, warum ein Bild funktioniert.
Aus dem Dornröschenschlaf erweckt
Als Felix Krämer nach den Stationen Hamburger Kunsthalle und Frankfurter Städel 2017 den Kunstpalast übernahm, fand er eine Sammlung vor, die Kunst, Gewerbe und Design vereinte und im Dornröschenschlaf dämmerte. Mancher hätte die Mischung als allzu eklektisch empfunden. Nicht so Felix Krämer. „Ich sah das Potenzial“, sagt er. Zu den Großtaten seiner Amtszeit gehört denn auch die Neupräsentation der Sammlung im umgebauten Haus 2023. Zu entdecken ist nun eine Schatzkammer voller Überraschungen. „Man wird unterhalten“, sagt Krämer. Und genau das entspreche den veränderten Bedürfnissen des Publikums. „Die Bereitschaft, Neues zu sehen, ist größer geworden. Das Verhältnis zum Kanon hat sich geändert.“ Es gehe nicht mehr in erster Linie um große Namen. „Das Werk steht im Vordergrund. Erst, wenn es gefällt, wird nach der Person gefragt, die es geschaffen hat.“ Die Sammlung bietet Krämer zudem die Gelegenheit, kreativ zu sein. Er erfand etwa das Format „Palastblühen“, für das Floristen der Region ein Werk oder einen Raum mit Pflanzen interpretieren.
Wie merkt Krämer, dass er auf dem richtigen Weg ist? An der Zuschauerzahl? An seinem vorzeitig bis 2034 verlängerten Vertrag? Sicher. Wichtiger sei ihm aber: Wie viele Neuzugänge haben die „Freunde des Kunstpalastes“? „Wer sich dafür entscheidet, identifiziert sich mit dem Haus.“ Bei Krämers Amtsantritt zählte der Förderverein 787 zahlende Mitglieder. Heute sind es 4900.
Philipp Holstein
Zur Person:
Dr. Felix Krämer, RC Düsseldorf, ist verheiratet und hat drei Kinder. Krämer studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Volkskunde. 2017 übernahm er die Generaldirektion des Kunstpalastes. Krämer ist Spezialist für den dänischen Maler Vilhelm Hammershøi. Zu seinen Publikationen gehört eine Monografie über Claude Monet.