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Karl Schlecht, RC Stuttgart Flughafen/Messe

Oh gäb es noo meeh so Kerle

Mit 79 ist Schlecht noch jeden Tag an Deck, im Dienst seiner Stiftungen und Umweltprojekte

09.11.2011

Für den Spiegel ist er schlicht „der Prototyp des deutschen Unternehmers“. Und in der Tat erfüllt Karl Schlecht alle (guten) Klischees, die einem in Deutschland für innovative Köpfe einfallen: Er ist Schwabe, Erfinder, Pionier in der Automatisierung von Verputzarbeiten und Betonierungen, Marktführer und hocherfolgreicher Exporteur seiner Maschinen. Dass dieser Erfolgsmensch Rotarys Vier-Fragen-Probe zum Kern seiner Unternehmensphilosophie - und zur Präambel jedes Vertrags - macht, erschließt der zweite Blick: Auf der Website www.karl-schlecht.de rangiert der Menüpunkt „Werte“ noch vor den harten Fakten zum Geschäft.
Bereits als Student entwickelte Schlecht seine erste Verputzmaschine für das Gipsergeschäft des Vaters. Das war der Eintritt in einen dynamisch wachsenden Markt. 1959 beginnt der 27-Jährige Diplom-Ingenieur mit der Firma „KS Maschinenbau“ den Aufstieg im Bereich zukunftsweisender Verputzsysteme. Zum Markenzeichen wird der Begriff „Putzmeister“, ein klassischer Marketing-Scoop, weil er in einem Wort zusammenfasst, worum es geht und wo man steht: an der Weltspitze. „Die Dinge gründlich, beharrlich und auf meisterliche Weise immer besser zu machen - das war’s“, fasst er sein Credo zusammen.

Gebraucht werden seine Maschinen überall dort, wo Baustoff über Rohrleitungen schnell und sauber befördert und eingebaut werden muss: im Ingenieurbau, in Tunneln und Hochhäusern. Der derzeitige Putzmeister-Pumprekord wurde mit 606 Metern Höhe im Dubai-Turm erzielt. Aber auch in Kohlekraftwerken, bei der Müllverbrennung und in der Katastrophenhilfe sind die Pumpen gefragt, aktuell in Fukushima. Bereits elf Tage nach dem GAU spritzte die erste Großmastpumpe Wasser zum Kühlen auf den Reaktor, später Beton zur Umhüllung.

Es liegt an diesen Erfahrungen, aber auch am Wertebewusstsein, dass sich Schlecht seit vielen Jahren für erneuerbare Energien einsetzt. Der erste deutsche Lehrstuhl für Windenergie steht nicht zufällig an „seiner“ Universität in Stuttgart - er hat ihn 2002 gestiftet: „Im Sinne unserer Vier-Fragen-Probe kann es im Hinblick auf künftige Generationen nicht fair sein und auch nicht dem Wohlbefinden aller dienen, wenn wir die natürlichen, aus Sonnenkraft in Jahrmillionen entstandenen fossilen Energieträger Kohle, Öl und Gas in kurzer Zeit verheizen“, heißt es in einem Vortrag mit dem Titel „Wind und Werte“.
Seine ethische Grundeinstellung veranlasste ihn 1998, alle Anteile der Putzmeister AG in die Karl Schlecht Gemeinnützige Stiftung zu übertragen. Das Ziel: junge Leute zu fördern und zu fordern, zum Beispiel 2001 mit einem Stiftungslehrstuhl für Entrepreneurship an der Universität Hohenheim, der unternehmerische Talente entdecken und zu eigenverantwortlichem und werteorientiertem Denken ermuntern will. Ein weiteres Anliegen gilt der von Hans Küng initiierten Stiftung Weltethos, für die er 2011 ein An-Institut für Wirtschafts-Weltethos an der Universität Tübingen stiftete.

Mit 79 ist Schlecht noch jeden Tag an Deck, im Dienst seiner Stiftungen und Umweltprojekte. Wegen seiner Zielstrebigkeit war der Ingenieur schon früh dem ersten Mann im Staat aufgefallen. Auf Theodor Heuss geht der Stoßseufzer zurück, den der ehemalige Ministerpräsident von Baden- Württemberg, Erwin Teufel, kürzlich beim 50-jährigen Firmenjubiläum zitierte: „Oh gäb’s no meeh so Kerle wie den Schlecht.“Matthias Schütt