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Sylt

Verträumt und selig

Sylt - Verträumt und seligFotostrecke: Verträumt und selig
Zur Ansicht der Galerie bitte Foto klicken. © Dorothea Schmid/laif

Sylt gehört zu den beliebtesten Inseln deutscher Urlauber. Nicht schlimm. Die schier endlosen Strände bieten genug Platz für alle. Ein Tag am Meer.

Ekkehard Klatt01.08.2019

Nur ein leichtes Zischeln und Gluckern ist von der stahlblauen Fläche des trockengefallenen Watts zu vernehmen. Zaghaft löst sich die tiefrote Sonnenscheibe aus dem leichten Dunst über dem Festland. Der neue Tag beginnt. Beim Anblick des jüngsten Hafens der Insel, etwas abseits des Dorfes und der fast ausschließlich reetgedeckten Friesenhäuser, fühlt man sogleich die Größe und Weite des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Abertausende Zug- und Rastvögel bestimmen vom Herbst bis zum Frühjahr den Rhythmus des Jahres. Nach ihrem Abflug bleiben fast nur noch die Möwen zurück, die gierig nach dem einen oder anderen Leckerbissen Ausschau halten. Doch so früh am Morgen verirrt sich selten ein Gast an den Rantumer Hafen.

Kilometerlanger Sandstrand
Ganz anders sieht es ein paar Stunden später in Munkmarsch aus. Bei nur leichtem Wind aus östlicher Richtung wärmt die Sonne die ersten Besucher. Im gleißenden Licht des zurückkehrenden Flutstroms bereiten sich einige Surffreunde auf ihren Ritt auf der Welle vor. Genau hier erreichte fast jeder Badegast noch vor weniger als 100 Jahren die Insel mit dem Raddampfer. Bereits ab 1888 verkehrte eine dampfbetriebene Eisenbahn zwischen dem Hafen und dem 1855 gegründeten Bad Westerland.

© Anne Mair / Kombinatrotweiss-illustration

Ganz im Norden von Sylt, am Strand zwischen den beiden eisernen Leuchtfeuern auf dem Lister Ellenbogen, schweift der Blick hinüber auf die südlichste dänische Nordseeinsel, nach Römö. Oft lässt sich ein neugieriger Seehund blicken, und manchmal erscheint sogar die Finne eines Schweinswals an der Wasseroberfläche. Sylt ist einer der wenigen Orte, wo Whale Watching sogar von Land aus möglich ist.
Der kilometerlange Kampener Strand lädt zum Schwimmen geradezu ein. Nicht nur, dass er erst vor wenigen Jahren zu einem der schönsten Strände der Welt gekürt wurde, er besteht größtenteils aus herrlichem weißen Sand. Wenn er dann von den Küstenschützern einer Frischzellenkur unterzogen wurde, thronen die Strandkörbe hoch über dem Wasser auf neuem Sand aus der Nordsee. Von der Nachmittagssonne beschienen, leuchtet der rostbraune eiszeitliche Geschiebelehm wie ein Juwel. Das Rote Kliff ist mit fast 30 Metern Höhe und einer Länge von über vier Kilometern die markanteste Landmarke in der gesamten Deutschen Bucht. Von hier aus bietet es sich an, die Inselenden zu erkunden. Sowohl nach Norden als auch nach Süden locken mehr als 20 Kilometer feinster Sandstrand. Wenn sich alsbald Hunger und Durst einstellen, erwarten den Wanderer in Wenningstedt auf dem Kliff oder auf der altehrwürdigen Strandpromenade Westerlands Bistros und Restaurants für jeden Geschmack. In Westerland werden in der Saison Imbisszelte auf der Promenade aufgebaut, hauptsächlich dann, wenn die Surfelite aus aller Welt ihr unglaubliches Können unter Beweis stellt. Sollte doch mal keine Meisterschaft ausgetragen werden, schlägt die Stunde für den Nachwuchs. Manches Mal harren mehr als zehn Surfer weit draußen in der Brandung aus, in der Hoffnung, die eine Welle zu erwischen, mit der sie dann – zumindest für wenige Sekunden – auf ihrem Surfbrett stehend, über das Wasser gleiten. Die Bewunderung aller Zuschauer ist ihnen gewiss.

Blutroter Sonnenuntergang
Um den Tag gebührend ausklingen zu lassen, bietet der noch vor 200 Jahren von Sandflug und Wanderdünen bedrohte Ort Rantum ein ganz vorzüglich gelegenes kleines Restaurant direkt oberhalb des Weststrandes. Hier kann man sich die vielleicht immer noch vom Salzwasser verkrusteten Haare so richtig durchpusten lassen. Auf gar keinen Fall entgehen lassen darf man sich aber den mal gelben, mal blutroten Sonnenuntergang über dem weiten und menschenleeren Strand!

Ekkehard  Klatt
Dr. Ekkehard Klatt lebt seit 1960 in Nordfriesland und arbeitet als Geologe und Geotouristiker hauptsächlich auf Sylt, in Skandinavien und in der Republik Südafrika. Er engagiert sich im Natur- und Küstenschutz und versucht, die Insel möglichst authentisch für die Nachwelt zu erhalten. Im Jahr 2016 veröffentlichte er mit Siegfried Layda das Buch „Faszination Sylt“, Ellert & Richter, 160 Seiten 29,95 Euro.