Rotary und seine Archive
Ohne Quellen keine Erinnerung
Durch eine gute Archivierung in den Clubs kann die Geschichte von Rotary in Deutschland dokumentiert, erforscht und vermittelt werden.
Die Zukunft im Sinn, die Vergangenheit in den Akten“ – schon der französische Staatsmann Charles Maurice de Talleyrand wusste, warum ohne die Aufbewahrung von historischen Quellen die Zukunft nicht gestaltet werden kann. Dabei gilt: Wer heute Vergangenheit und Gegenwart dokumentiert, hilft zukünftige Entscheidungen erklärbar und nachvollziehbar zu treffen. Dies gilt für Staaten und Kommunen ebenso wie für gesellschaftlich relevante Institutionen. Viele Unternehmen, Religionsgemeinschaften, Parteien und Verbände sichern ihre Informationen in eigenen Archiven. Wie sieht es damit bei Rotary aus? Und was soll überhaupt aufbewahrt werden?
Verantwortlichkeit sicherstellen
Generell gilt, dass auch Serviceclubs als Teilnehmer am öffentlichen Leben prädestiniert sind, ihre Unterlagen für die Zukunft zu archivieren. Rotary will die Gesellschaft mitgestalten. Das hohe Engagement der Rotarier für das Gemeinwohl ist ein deutliches Zeichen dafür. Dies sollte auch dokumentiert werden, denn schließlich soll die Mitwirkung an der Gemeinwohlentwicklung nicht der Vergessenheit anheimfallen. Dokumentieren, aufschreiben, festhalten, sichern – dies sind eigentlich im rotarischen Leben selbstverständliche Tätigkeiten.
Von jeher werden die Club-Meetings dokumentiert, in den Clubs Jubiläen gefeiert und clubinterne Veröffentlichungen dazu erstellt. So ist der Bezug zu den vergangenen Zeiten eigentlich schon immanent – auch, um an ehemalige aktive Freunde zu erinnern. Es gibt einige Clubs, die in den eigenen Reihen archivieren. Andere bieten die historischen Bestände einem Stadtarchiv oder einem regionalen Wirtschaftsarchiv an. Beide Wege sind eine gute Möglichkeit, die Clubgeschichte zu dokumentieren und die Informationen aufzubewahren. Wichtig ist nur, dass sich jemand verantwortlich fühlt. In manchen Clubs haben Freunde die Aufgabe übernommen, als „Clubarchivar“ zu wirken. Nicht selten sind dies Archivare oder Historiker, die eine Affinität zur Aufbewahrung von Quellen haben. Doch auch nicht fachlich ausgebildete Freunde erklären sich zur Übernahme eines solchen Amtes bereit.
Empfehlenswert ist eine gewisse Kontinuität im Amt, da der Überblick über mehrere Jahre hilfreich bei der Bewertung der Unterlagen ist. Neben der Personalfrage steht im Vordergrund die Frage, was denn archiviert werden soll. Nicht alles ist aufbewahrungswürdig und wird in späteren Zeiten gebraucht. Überflüssige Informationen können zudem die Suche nach den richtigen Hinweisen erschweren. Was ist historisch „wertvoll“, was kann vernichtet werden? Zunächst gilt der Grundsatz, dass jede Ebene für die Archivierung der von ihr erstellten Unterlagen zuständig ist. Es kann in Ausnahmefällen davon abgewichen werden, aber es macht wenig Sinn, in jedem Clubarchiv Distriktunterlagen aufzubewahren. Der Distrikt sollte daher selbst archivieren.
Das Clubleben steht im Mittelpunkt
Der Deutsche Governorrat archiviert seit einigen Jahren im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin – ein gutes Beispiel. Was soll aber im Einzelnen archiviert werden?
Es gilt: Die Informationen müssen relevant sein – das heißt, dass ihr Informationswert Aussagen über Handlungsweisen und Entscheidungen ermöglicht. Im Mittelpunkt steht das Clubleben – also bieten sich die Protokolle von Meetings und Vorstandssitzungen, Berichte über Reisen und alles, was mit den Mitgliedern eines Clubs in Verbindung steht, auf jeden Fall zur dauerhaften Aufbewahrung an. Darunter fallen die Unterlagen des Aufnahmeausschusses, vor allem eventuell vorhandene Lebensläufe der Mitglieder. Da diese meist nur die Zeit vor der Aufnahme dokumentieren, sind freiwillige Ergänzungen hilfreich. In meinem RC, der 1972 gegründet wurde, hat eines der letzten noch lebenden Gründungsmitglieder im vergangenen Jahr biografische Daten über die ersten Freunde zusammengestellt. Dies dient als Grundlage für die weitere Datensammlung. Clubeigene Mitgliederverzeichnisse, die häufig Porträtfotos der Mitglieder enthalten, sind ebenfalls zu dokumentieren. Nicht aufzubewahren sind Buchungsbelege, aber Jahresrechnungen, aus denen insbesondere die Gemeindienstprojekte ersichtlich sind, sollten gesichert werden. Dies gilt auch für wichtige Korrespondenz, etwa zu besonderen Anlässen wie Jubiläen oder Öffentlichkeitsaktionen.
Zeitnahe Dokumentation
Neben schriftlichen Unterlagen bieten Fotografien, audiovisuelle Aufnahmen, eigene Veröffentlichungen und Presseberichte ergänzende Quellen, die in späteren Jahren hilfreich sein können und die die Erinnerung ermöglichen. Aber es macht nur wenig Sinn, Hunderte von Fotos aufzubewahren, ohne sie zu beschreiben. Aus konservatorischen Gründen sollte dies nicht auf den Fotos selbst geschehen. Namen, Orte und Anlässe sind möglichst zeitnah zu dokumentieren – ansonsten sind die Informationen verschwunden. Dies gilt auch bei der Bearbeitung der digitalen Fotos. Protokolle können auch digital vorgehalten werden, sofern die Daten bei der Einführung von neuen Systemen migriert werden.
Warum sollen diese Unterlagen aufbewahrt werden? Neben dem eigenen Interesse der Clubs hat Rotary die Verantwortung, den rotarischen Anteil an der Gestaltung der bürgerlichen Gesellschaft festzuhalten und, nach den üblichen Sperrfristen, der Wissenschaft zur Erforschung von historischen Kontexten zur Verfügung zu stellen.
Keine „Geheimunterlagen“
Dies kann zwar jeder Club für sich entscheiden, aber das Projekt zur Erforschung der ersten drei Jahrzehnte von Rotary in Deutschland verdeutlicht, wie wichtig historische Unterlagen sind. Und so richtig große Geheimnisse gibt es ja auch nicht in den Unterlagen. Rotary legt Wert auf die Feststellung, kein „Geheimbund“ zu sein – also kein Anlass, Unterlagen von vor 30 Jahren, so die übliche Sperrfrist, als „Geheimunterlagen“ der Forschung vorzuenthalten.
Wer Fragen zu der Aufbewahrung von Quellen oder zu Archiven hat, wird gerne individuell beraten:
ulrich.soenius@koeln.ihk.de