https://rotary.de/was-ist-rotary/mehr-glut-in-die-tasche-a-6299.html

Mehr Glut in die Tasche

Muss die »  Ware  « Rotary besser vermarktet werden? Ja, sagt Hans-Eckhard Tribess

15.01.2015

Seit Jahren wird über die Mitgliederstärkung, die Überalterung, die mäßige Frauenquote gesprochen. In regelmäßiger Folge erreichen uns Aufrufe des RI-Präsidenten, alljährlich hören wir dazu von unserem Governor. Man möchte meinen, es ist genug gesagt. Kürzlich sah ich in dem Schaukasten einer Kirchengemeinde ein Plakat, das sich mit den alljährlichen guten Vorsätzen am Beginn eines neuen Jahres beschäftigte. Eine Situation, die mir vergleichbar zu der bei Rotary zu sein scheint. Was folgt dem guten Vorsatz, wie überwindet man die Schwelle, wie verlässt man den Bereich des Vorsatzes? Man schreitet zur Tat. Allein dieses besagte auch das Plakat, hier der gute Vorsatz und dann ein Pfeil hin zur Tat. Das ist doch ganz einfach, denkt man. Doch trifft das zu? Nein, ganz und gar nicht, denn sonst gäbe es nicht bei Rotary Jahr für Jahr die gleiche Diskussion.


Vermarktung
Wie kommen wir vom Vorsatz zur Tat, muss die Frage lauten. Oder, was ist die Ursache, die zum Scheitern der Umsetzung Vorsatz-Pfeil-Tat führt? Ich glaube, jeder Einzelne von uns ist die Ursache. Warum? Weil wir ein Produkt, eine Dienstleistung an den Mann, an die Frau bringen sollen und wollen, von dem wir nicht wissen, wie wir es vermarkten sollen. Was macht Rotary eigentlich aus, was macht Rotary so attraktiv, interessant, spannend, befriedigend, einzigartig? Das gilt es zu ermitteln und zu vermitteln. Jeder Rotarier hat seine persönlichen guten Erfahrungen mit Rotary gemacht. Nur – wenn das so ist, dann müsste doch jeder Rotarier im Laufe seiner Zugehörigkeit zu Rotary mindestens ein neues Mitglied werben. Tja, es reicht eben nicht, auf die guten Erfahrungen der Mitglieder zu setzen, wir müssen formulieren, was die „Ware“ Rotary ausmacht, diese so herausragend macht. Wenn wir das getan haben und sodann an der Wirklichkeit messen, werden wir feststellen, was fehlerhaft ist oder zurückhaltender formuliert: nicht so richtig rund läuft in den Clubs, warum nicht jeder Rotarier mit Glut in der Tasche auf der Suche nach neuen Mitgliedern ist, um in diesen das rotarische Feuer zu zünden. Patentrezepte wird es nicht geben, aber zwei wesentliche Säulen kann man wohl erkennen: die Attraktivität des Clublebens und das Bewusstsein der Mitglieder um die Bedeutung von Rotary weltweit. Benchmarking könnte helfen, also herausfinden, wie andere Serviceclubs oder Vereinigungen mit vergleichbarem Anspruch vorgehen. Aber mal abgesehen davon, dass es vergleichbare Clubs nicht gibt – so viel Snobismus muss an dieser Stelle erlaubt sein –, ist es so, dass wir darüber wenig bis gar nichts wissen. Bleiben die vergleichbaren Vereinigungen, beispielsweise die Lübecker „Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit“, kurz „die Gemeinnützige“, gegründet Ende 1789 von einem Pastor.

 

Diese Gesellschaft sollte der wissenschaftlichen Unterhaltung und der gegenseitigen Unterrichtung dienen. Die Mitglieder kamen jeden Dienstag für zwei Stunden zur Diskussion der verschiedensten Themen zusammen. Vier Jahre entstand daraus die heutige Gemeinnützige. Bis heute werden regelmäßig wöchentlich Dienstagsvorträge zu allen möglichen Themenbereichen angeboten. Das gemeinnützige Spektrum reicht von der Mütterschule über eine Musik- und Kunstschule für Kinder und Jugendliche, die Förderung eines Knabenchores, einer Singakademie, die Unterhaltung einer Bücherei, einer Schauspielschule bis hin zur Familien- und Seniorenbetreuung. Es wurde eine Vielzahl an Tochtergesellschaften und Tochtervereinen gegründet, unter dem Dach der Gemeinnützigen existieren über 30 Stiftungen. Wer von uns erkennt nicht die Schnittmengen zu Rotary.


Zurückhaltung
Die „Präsenz“ bei den Dienstagsvorträgen bewegt sich bestenfalls im einstelligen Prozentbereich. Aber dennoch, die Gemeinnützige ist eine lebendige Einrichtung und gewinnt immer wieder und laufend neue Mitglieder. Weil es schick ist, als Lübecker, der was auf sich hält, Mitglied der Gemeinnützigen zu sein? Sicherlich auch, aber nicht nur, und selbst wenn, was ist daran zu verurteilen? Oder anders gefragt, warum ist es nicht schick, Rotarier zu sein, warum wird man nicht, wenn man etwas auf sich hält, Rotarier? Nun wird man nicht Rotarier, weil man sich dieses aus unterschiedlichen Gründen wünscht, sondern weil man von einem Club angesprochen wird. Closed Club, ist das vielleicht der Grund für die Schwierigkeiten bei der Gewinnung neuer Mitglieder? Wenn ja, dann läge ein wesentliches Problem bei den Mitgliedern der Clubs selbst. Diese wären nicht bereit, hätten keine Zeit oder schlössen sich aus, wenn es darum ginge, neue Mitglieder zu gewinnen.


Was könnten die Gründe für diese Zurückhaltung sein? Nicht jedem ist die Gabe des Handels, des Verkaufens oder Anpreisens eines Produktes gegeben. Einerseits und andererseits, um welches Produkt geht es überhaupt, welche Ware wollen wir überhaupt an die Frau oder den Mann bringen? Versuchen wir es doch mal, in ein oder zwei, vielleicht auch in drei Sätzen zusammenzufassen. Da sind zunächst die wöchentlichen Meetings mit gemeinsamen Essen und dem Angebot, in entspannter Atmosphäre über Vorträge mit unterschiedlichsten Themen außerhalb der allgemein zugänglichen Medien Hintergrundberichte zu erhalten.

 

Der Clubsekretär kann einen komprimierten Jahresausdruck der Meetings anfertigen. Es folgen die mannigfachen gemeindienstlichen Aktivitäten des Clubs. Der Gemeindienstbeauftragte kann problemlos die Engagements des Clubs der zurückliegenden fünf Jahre und dergestalt eine repräsentative Zusammenfassung anfertigen. Blieben noch die großen Aufgaben von RI. Zu diesem Bereich gibt es viele Hilfestellungen, unser Rotary Magazin, die Website des Distrikts, von RI sowie rotary.de. Wenn nicht jeder, so doch der Clubmeister kann eine Übersicht erstellen. Drei kleine Ausarbeitungen, dazu die uns allen zur Verfügung stehenden Broschüren und Hilfsmittel, was könnte uns noch an einer intensiven Mitgliederwerbung hindern? Wenn wir mit diesen wenigen Unterstützungen ein rotarisches Produkt anbieten können, zudem noch eigenes rotarisches Engagement an den Tag legen, dann wird es uns nicht schwerfallen, auch in Zukunft beständig neue Mitglieder für die Idee von Paul Harris, für Rotary zu gewinnen.