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Austauschjahr in der Türkei

Stiftung Mercator vergibt bundesweit Stipendien

15.06.2015

Ein Jahr im Ausland – das reizt viele Schülerinnen und Schüler. Ein Jahr in der Türkei leben und dort zur Schule gehen? Liegt es an den weit verbreiteten Vorurteilen, dass sich das nur wenige zutrauen? Dabei gibt es in dem Land, das so dicht an Europa liegt, so viel Neues und Aufregendes zu entdecken und zu erleben. Das kann Franziska Maxeiner aus Düsseldorf jetzt bestätigen.

Wenig Kopftücher und kein Döner

Sie ging im vergangenen Jahr mit einer eher diffusen Vorstellung von Land und Leuten als Austauschschülerin in die Türkei: „Meine Vorurteile war ich schnell los – es laufen viel weniger Frauen mit Kopftüchern durch die Straßen und den uns bekannten Döner habe ich dort nicht ein einziges Mal gesehen, geschweige denn gegessen“, berichtet die junge Düsseldorferin bei der alljährlich stattfindenden Stipendienfeier der Stiftung Mercator am 10. Juni in Essen. Für Franziska begannen die ersten Überlegungen für ein Austauschjahr vor längerer Zeit in der Düsseldorfer Straßenbahn: „Dort saß eine Gruppe türkischstämmiger Frauen, die sich in ihrer Muttersprache unterhielten und ich dachte mir, es wäre schön, wenn du das verstehen könntest. Was lag also näher, als sich nach Möglichkeiten eines Schüleraustauschjahres im Zielland Türkei zu erkundigen.“ Sie entdeckte das „Deutsch-Türkische-Mercator-Schülerstipendium“, ein Angebot der Essener Stiftung Mercator, die jedes Jahr im Rahmen ihrer Förderungsziele eine Reihe von Stipendiaten finanziell unterstützt.

Stipendium bis zu 4.000,- Euro

Von diesen Förderungszielen und den Programmen für Internationale Verständigung profitieren seit dem Jahr 2012 auch die Schülerinnen und Schüler, die sich bei Rotary in Deutschland um einen Platz im Austauschjahr bewerben und die sich für das Gastland Türkei entscheiden. „Die Stiftung Mercator fördert Teilnehmer dieses binationalen Austauschs mit einem Betrag bis maximal 4.000,- Euro“, erklärt Claudia Sprakel vom Rotary Distrikt 1900, der als eine Art Leitdistrikt für diese Kooperation fungiert und die bundesweite Vergabe der Stipendien für den Verein Rotary Jugenddienst Deutschland organisiert. „Wer bei seiner Rotary-Bewerbung das Land Türkei als Gastland angibt, kann sich gleichzeitig um eines der jährlich fünf Stipendien für deutsche Austauschschüler bewerben. Die Vergabe des Stipendiums ist letztlich abhängig vom Familieneinkommen, aber die Chancen, dort berücksichtigt zu werden, sind zurzeit gut.“

Sprache, Schulregeln und Erwachsenwerden

Frederik aus Hagen ist 16 Jahre alt und startete im Sommer 2015 sein Austauschjahr in der Türkei. Er wurde vom Rotary Club Hagen-Lenne vermittelt und profitiert dadurch, dass seine Wahl auf die Türkei fiel, nun zusätzlich vom Stipendium der Mercator-Stiftung. Bei der Stipendienfeier traf er Bercis Ertöz aus Izmir. Die 17-Jährige lebte bis Ende Juni 2015 als Gastschülerin im Familienumfeld des Rotary Clubs Bad Oeynhausen-Minden. Sie war in der Türkei auf einer deutschen Schule und brachte gute sprachliche Voraussetzungen für ein Jahr in Deutschland mit: „Jetzt gehe ich auf eine amerikanische Privatschule und das Jahr in Deutschland hat mir geholfen, die Sprache auf hohem Niveau zu halten. Mir gefällt Deutschland sehr gut, weil ich hier keine Schuluniform tragen muss, sondern mich aktuell modisch kleiden und schminken kann“, beschrieb die türkische Austauschschülerin, was den Ausschlag für ihre Wahl gegeben hat, ein Jahr in Deutschland zu verbringen. Das Austauschjahr sei natürlich viel mehr als nur Sprache und Schulregeln, aber für Schülerinnen und Schüler sei das nun einmal der Fokus des täglichen (Er-)Lebens auf dem Weg ins Erwachsensein.

Sensible Entwicklungsphase

Erwachsenwerden ist ohne Zweifel einer der willkommenen Nebeneffekte der rotarischen Austauschprogramme: Ohne die eigenen Eltern funktioniert das nämlich häufig leichter, weil sich Persönlichkeiten in der Distanz einfacher und besser entwickeln können, ohne dass „familiäre Hindernisse“ dem im Wege stehen. „Bei Rotary sind die meisten Gasteltern selbst auch leibliche Eltern von Jugendlichen, die im ähnlichen Alter sind wie das Gastkind“, betont Claudia Sprakel den niederschwelligen Ansatz und Zugang, der das Erwachsenwerden und das Leben in den anfangs fremden Gast-Familien enorm vereinfacht. Mit einem Gastkind gehe man in dieser sensiblen Entwicklungsphase oft anders um, als mit dem eigenen Nachwuchs. Die Gasteltern profitierten hier von den gut 16 Jahren mehr oder weniger harter Erziehungsarbeit der leiblichen Eltern, die das vorbildlich geleistet hätten, denn anderenfalls würden die Kinder ja nicht das Vertrauen und die innere Einstellung mitbringen, ein Jahr im Ausland leben zu können. „Das Jahr im Ausland und in der Gastfamilie ist ein life-changing-year, ein Jahr, das alles gründlich verändern wird“, weiß Claudia Sprakel als Mutter und als Beauftragte für den Jugenddienst im Rotary Distrikt 1900.

Vertrauen in Partner

„Die Stiftung Mercator vertraut seinen Partnern hier sehr, weil die eine langjährige Erfahrung in der Durchführung erfolgreicher Austauschprogramme haben“, lobte Stiftungs-Bereichsleiterin Dr. Anne Duncker. „Aktuell fördern wir 50 Austauschschüler in unseren Austauschprogrammen, davon zurzeit leider nur vier aus dem Umfeld von Rotary International“, bedauerte die Verantwortliche für Internationale Verständigung die verhaltene Resonanz auf das Stipendienangebot. Dabei werde der Mut zur Teilnahme an den Jugendaustauschprogrammen reich belohnt – nicht nur für die Jugendlichen sei das eine Bereicherung und nachhaltige Prägung für das weitere Leben. Die Austauschschüler seien mutige Pioniere, die interkulturelles Lernen mit dem Eintauchen in eine bis dahin fremde Gesellschaft verbinden und sich dabei selbst neu definieren. Um das mit Nachhaltigkeit zu unterstützen, arbeiten Rotary in Deutschland und die Stiftung Mercator in Essen Hand in Hand.

Weitere Informationen: Claudia Sprakel (RC Dortmund-Romberg), Chair New Generation, Rotary Distrikt 1900, Telefon (02302) 2055207 oder Email: outbounds@sprakel.net

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