"Das Beste von Rotary"

Noch ehe die Convention in Calgary beginnt, feiert sich der Jugenddienst für sein 50-jähriges Bestehen und das bisher Geleistete. In der Welt von heute sei der Jugendaustausch wichtiger denn je.
Die "Blue Sky City", wie Calgary sich nennt, ist zur grey sky city geworden. Die Wolken hängen tief und es regnet wie aus Eimern. Das Einzige, was strahlt, sind die Jugenddienst-Verantwortlichen, die sich zur Pre-Convention treffen, um ein großes Jubiläum zu feiern: Der Rotary-Jugenddienst ist seit 50 Jahren fester Bestandteil des Programms von Rotary International. Die Zahlen dahinter sind eindrucksvoll, aber schnell erzählt: Mehr als 100.000 Schüler hätten in dieser Zeit am Austauschprogramm in über 200 Ländern teilgenommen, sagt Ellina Kushnir, RI-Direktorin für internationale Programme und Service. Im Jahr 2023/24 ermöglichten es die Rotary Clubs weltweit 7500 jungen Menschen, ein anderes Land und dessen Kultur kennenzulernen.
Doch viel eindrucksvoller als die Zahlen, sind die Geschichten dahinter. Eine davon erzählt Kristin Hayden, ehemalige Rotary-Austauschschülerin, Ashoka-Fellow und heute Unternehmerin. Auf dem Höhepunkt der Apartheid ging sie 1986 nach Südafrika und verließ ihre Komfortzone, um etwas Neues kennenzulernen. Mit Begeisterung in den Augen erinnert sie sich, wie sie mit jungen Menschen aus unterschiedlichsten Ländern zusammenkam. Sie schrieb wöchentlich Briefe an ihre Eltern in den USA, die diese auf einer Schreibmaschine abtippten, kopierten und damit die ganze Familie und Freunde versorgten. Ihre Berichte hätten die Sichtweise der Leser auf Südafrika nachhaltig verändert.
Fünf Jahre später ging sie nach Moskau – keine zwei Jahre nach dem Mauerfall und kurz vor dem Zerfall der Sowjetunion. Heute sagt sie: "Dass kommunistische Sowjetstaaten einen demokratischen Weg einschlagen können, ist möglich. Dass Nelson Mandela nach 27 Jahren im Gefängnis freikommt und Präsident wird, ebenfalls. Und wir vom Rotary-Jugendaustausch haben zu diesen Wundern der Geschichte und Völkerverständigung beigetragen". Der Jugendaustausch hätte ihren Blick nicht nur geöffnet, sondern ihre Perspektive nachhaltig verändert: Rotary ist unser größtes, unser wichtigstes Instrument zur Völkerverständigung und bei unserer Friedensarbeit".

Eine noch bewegendere Geschichte ist zweifellos die von Christina Hassan. Die heute 35-jährige Juristin war vor 20 Jahren zum Rotary-Jugendaustausch in Arnstadt, Thüringen. Eingeladen hatte sie als Jugenddienst-Chair eine gewisse Christine Büring, ab Juli RI-Direktorin für Deutschland, Liechtenstein und die Schweiz. Nach ihrem "wundervollen Jahr in Deutschland" ging sie zurück nach Kanada, schloss die Schule ab, spielte Eishockey und begann zu studieren – bis sie an Krebs erkrankte. Zuspruch, Unterstützung und neuen Lebensmut fand sie bei Rotary – und sie besiegte den Krebs. Sie war so dankbar für ihr zurückgewonnenes Leben, dass sie sich dazu entschloss, eine Zeit lang nach Uganda zu gehen, um dabei zu helfen, die hohe Müttersterblichkeitsrate zu senken. Doch so viel sie auch half, so viel sie auch arbeitete, sie sah Mütter und Babys in den Tod gehen. Zurück in Kanada fand sie erneut Zuspruch und neue Kraft bei Rotary. Bald nach ihrem Umzug nach Calgary wurde sie Rotarierin und ist heute als Governorin des Distriktes 5360 stolze Gastgeberin der International Convention. Darüber hinaus ist Christina Hassan Honorarkonsulin Deutschlands in Calgary und hatte erst vor Kurzem das Vergnügen, Bundeskanzler Friedrich Merz zum G8-Gipfel zu begrüßen.
Hier steht sie auf der Bühne mit Tränen in den Augen, dankt Christine Büring und den versammelten Jugenddienst-Chairs, und betont einmal mehr die gewaltige Kraft, die vom Jugendaustausch ausgeht: "Wenn ein Schüler in ein anderes Land geht, berührt das nicht nur ihn und seine Gastfamilie, sondern wirkt positiv auf viele andere Menschen. Wir sprechen hier nicht über Dinge oder Bäume, sondern über junge Menschen. Diese jungen Menschen sind Botschafter des Friedens, und wir brauchen sie mehr denn je."
Christine Büring erhielt vom Jugenddienst eine ganz besondere Ehrung...
Stimmen zum Jugenddienst:

Luiz Gustavo Kuster Prado, Jugenddienst-Chair in Brasilien:
"Ich war 1984 als Austauschschüler in den USA. Darum weiß ich: Dieses Programm lässt Teenager wachsen. Nicht nur sie profitieren davon, sondern auch ihre Familien und die Gemeinden, in denen sie sich aufhalten. Das ist nicht vergleichbar mit einem zweiwöchigen Urlaub, denn man taucht wirklich tief ein in eine andere Kultur. Ich habe bis heute Kontakt zu meiner Gastfamilie und Freunden von damals."

Harriette Verwey, Jugenddienst-Chair in den Niederlanden:
"Eine wunderbare Möglichkeit für junge Menschen, andere Länder und Kulturen kennenzulernen. Und was man kennt, wird man nicht bekämpfen. Insofern ist der Jugendaustausch ein starkes Instrument zur Friedensförderung."

Ellina Kushnir, RI-Direktorin für internationale Programme und Service:
"Wir wissen, dass wir mit dem Jugenddienst in den letzten 50 Jahren mehr als 100.000 jungen Menschen ein Austauschjahr ermöglicht haben. Aber viele Hunderttausend haben davon profitiert. Bis heute haben mehr als 200 Nationen daran teilgenommen."

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