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Engagement gegen Antisemitismus

Enste: "Ein Weckruf für unsere Gesellschaft"

Engagement gegen Antisemitismus - Enste: "Ein Weckruf für unsere Gesellschaft"
Past-Governor Franz Rainer Enste engagiert sich als Niedersächsischer Landesbeauftragter gegen Antisemitismus. © Manfred Zimmermann (Archiv)

Past-Governor Franz Rainer Enste engagiert sich im Kampf gegen Antisemitismus. Anlässlich des ersten Jahrestages des Anschlags auf die Synagoge in Halle bezeichnete er die rechtsextremistische Tat als "Weckruf für unsere Gesellschaft".

Ralf Leineweber11.10.2020

Als wäre er mit seinem Amt als Governor des rotarischen Jahres 2019/20 im Distrikt 1800 nicht ausgelastet gewesen, hatte Franz Rainer Enste (RC Langenhagen-Wedemark) im Herbst des Jahres 2019 eine weitere ehrenamtliche Aufgabe übernommen. Nach dem rechtsextremistischen Anschlag auf die Synagoge von Halle wurde er zum ersten Beauftragten des Landes Niedersachsen gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens berufen. "Dieser entsetzliche Terroranschlag war ein Weckruf für unsere Gesellschaft", sagt Enste ein Jahr später. "Er setzte das Warnsignal dafür, dass dem Antisemitismus in diesem Lande in breitem gesellschaftlichen Konsens Einhalt geboten werden muss."

Am 9. Oktober 2019 hatte ein schwer bewaffneter Rechtsextremist versucht, in der Synagoge von Halle ein Massaker anzurichten. Als ihm dies misslang, tötete er eine Passantin und einen Imbissbesucher und verletzte mehrere Menschen teilweise sehr schwer. Derzeit läuft der Strafprozess am Oberlandesgericht Naumburg. 

"Judentum ist ein bedeutender Teil Deutschlands"

"Es gilt nach der Tat von Halle alles zu tun, damit die Mitglieder der jüdischen Gemeinschaften in Deutschland sich sicher und geborgen fühlen", so Enste. "Das Judentum war und ist ein bedeutender Teil Deutschlands. Das gute Miteinander der Religionen ist für unsere Gesellschaft elementar. Jüdisch-deutsche Geschichte hat zur Blüte einer gemeinsamen Kultur geführt, zu einer Blüte, die öfter als einmal durch aggressiven Antisemitismus mutwillig zertreten wurde. Der Zivilisationsbruch im Terror der NS-Rassenideologie hat entsetzlicherweise fast zu ihrer Auslöschung geführt."

Rotarische Initiative ermöglicht Stipendienprojekt 

Dass es nach 1945 einen Neubeginn für jüdisches Leben gab und in den vergangenen 20 Jahren die jüdischen Gemeinden deutlich gewachsen sind, sei Grund zu großer Freude, so der Landesbeauftragte. Während seines Governorjahres hatte er sich dafür eingesetzt, dass die Clubs des Distriktes ein vom Rotary Club Dessau initiiertes Projekt unterstützen, um Stipendien für israelische Studenten zu finanzieren und diesen die Möglichkeit zu geben, die gemeinsame Geschichte und gemeinsame Wurzeln zu erforschen. Dabei waren dank des Engagements von mehr als 30 Clubs insgesamt 30.000 Euro zusammengekommen. 

"Dass es wieder ein selbstbewusstes und vielfältiges deutsches Judentum gibt, ist eine Tatsache, die nicht hoch genug gewürdigt werden kann. Dass in jüdischen Kindergärten und Schulen Bildung für jüdische und für nicht-jüdische Kinder angeboten wird, davon profitiert die nachwachsende Generation. Dass in den jüdischen Gemeinden hohe soziale Verantwortung gelebt und der Dialog zu anderen Religionsgemeinschaften gepflegt wird, hilft besonders in Zeiten der Corona-Pandemie und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. All das belegt das hohe Vertrauen der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in die deutsche Demokratie und in unsere offene und vielfältige Gesellschaft. Dieses Vertrauen darf nicht enttäuscht werden."

"Hass und Intoleranz Einhalt gebieten"

Dazu bedürfe es nicht zuletzt kluger Konzepte der Sicherheitsbehörden: "Zudem bedarf es auch der Bereitstellung von Mitteln, um Planungen für mehr Sicherheit in Gebäuden und Einrichtungen der jüdischen Gemeinden schnell zu realisieren. Nach dem Anschlag in Halle gilt es zudem, das laufende Strafverfahren gegen den Attentäter aufmerksam zu verfolgen. Es gilt, die Rechtsprechung zu analysieren und daraus konkrete Lehren zu ziehen.
Dazu gehört auch, das Online-Sensorium zu verbessern, um rechtzeitig Täter aufzuspüren, die sich – obwohl vermeintlich völlig unauffällig – für Formen der Selbstradikalisierung anfällig zeigen, vor allem in problematischen Chat-Rooms und in den Abgründen des Darknet." Notwendig sei es, die praktischen Erfahrungen mit dem neu novellierten "Netzwerkdurchsetzungs-Gesetz" auszuwerten und erforderlichenfalls gesetzgeberisch weiter "nachzulegen". "In keinem Fall dürfen wir dem Ungeist und der Menschenverachtung die Deutungshoheit im Netz und im virtuellen Raum überlassen. Unsere freie und den Menschenrechten verpflichtete Gesellschaft muss dem Hass, der Intoleranz und dem Ressentiment Einhalt gebieten“, betonte Franz Rainer Enste.