Grünes Band
Von Mooren und Muscheln
"Hey, wir kaufen uns ein Moor": Die Idee, am Grünen Band ein Grundstück zu erwerben, wächst – und wird immer konkreter.
Noch in den 1950er Jahren waren die Bäche rund um die historische Huschermühle im Dreiländereck Bayern-Sachsen-Tschechien voll mit Muscheln, sagt Wolfgang Degelmann, Geschäftsführer des Bundes Naturschutz Hof. Waschkörbeweise hätten die Menschen die Flussperlmuscheln damals noch aus den Bächen geholt, sie an Gänse verfüttert oder sich auf die Suche nach ihren edlen Perlen gemacht, erzählt er.
Es ist der Sonntag nach dem Starkregen, des Hochwassers und der Evakuierungen in Bayern. Eine Gruppe Rotarier ist zur Huschermühle ins oberfränkische Rednitzlosau gereist, um vor Ort über das "Moor-Projekt" zu sprechen.
Ein Moor ist eines der effizientesten Hilfsmittel der Natur gegen Überschwemmungen. Torfmoore können Wasser aufnehmen wie ein Schwamm, ihre Saugfähigkeit ist fünfmal stärker als die von Wiesen. Durch die Speicherung verzögert sich die Wasserabgabe in die Bäche und Flüsse.
Noch um 1900 war vor allem Südbayern von Mooren durchzogen. Heute sind 95 Prozent davon verschwunden. Die Moore wurden trockengelegt – entweder für den Torfabbau oder für die Gewinnung von Flächen für Landwirtschaft, Industrie oder Besiedelung. Heute kämpft unter anderem der Bund Naturschutz für den Erhalt der Moore und der Muscheln.
Wer heute in die idyllischen Bäche schaut, sieht vor allem Steine. Und dort, wo früher Moore waren, besiedelt der Borkenkäfer den Fichtenwald. Es ist ein seltsamer Zufall, dass Rotarier ausgerechnet, während in Regensburg Menschen evakuiert werden, über die Wiedervernässung von Wäldern sprechen und zur Exkursion zur Mühle aufgebrochen sind – und gleichzeitig zeigt dieses Unwetter wieder, wie wichtig das Distriktprojekt ist.
Die Huschermühle, eine alte Getreidemühle aus dem 17. Jahrhundert, wurde im Jahr 2018 im Rahmen eines EU-Projektes in Zusammenarbeit mit der Agentur für Naturschutz und Landschaftspflege vom Bund Naturschutz in Bayern e.V. gekauft. Für Schulklassen in der Gegend ist die Mühle zum "Bildungszentrum Lebensraum Wasser" geworden – und im Governorjahr 2023/24 von Sabina Gärtner-Nitsche zum "Hotspot" im Distrikt 1880.
Heute wird dort eine Flussperlmuschel-Aufzuchtstation betrieben, die kleinen Muscheln werden hier mit einem unglaublichen Aufwand wieder aufgepäppelt, um das Bestehen der Art zu sichern. Neben der Jungmuschelzucht gibt es hier Becken für Bachforellen, die Wirtsfische der Flussperlmuschel.
Regnitzlosau im Landkreis Hof liegt am "Grünen Band" und Sabina Gärtner-Nitsche will die Clubs, auch über ihre Amtszeit hinaus, für Projekte entlang des Grünen Bandes begeistern.
Bereits zur Einstimmung auf das rotarische Jahr 2023/24 hatten sich hier im Sommer 2023 die Assistant District Governors getroffen, im Oktober 2023 wurde hier der Teufelsabbiss, die Futterpflanze der Raupen des Goldenen Scheckenfalters, geerntet. Aus den Samen werden Setzlinge gezogen, die im Sommer 2024 in der nächsten Hands-on-Aktion ausgebracht werden sollen. So kann auch der Bestand des Schmetterlings gesichert werden.
Und genau hier werden die Rotarierinnen und Rotarier vor Ort einmal mehr sehen, wie erfolgreich gemeinsames Engagement sein kann: Denn schon bald wird der Distrikt 1880 hier stolz auf ein rotarisches Moor blicken – ein Projekt, das nur aufgrund der Zusammenarbeit mit Wolfgang Degelmann und dem Bund Naturschutz gelingen konnte.
Tatsächlich ist es hier, am Grünen Band, schon seit vielen Jahren üblich, Flächen anzukaufen – auf diese Weise gelingt es Naturschützern, Flora und Fauna zu erhalten. Wolfgang Degelmann ist einer der Experten, der vor Ort mit Eigentümern über Grundstücksflächen verhandelt.
Zu Sabina Gärtner-Nitsche und Wolfgang Degelmann gesellte sich eine Idee von Ralf Hardenberg (RC Nürnberg-Connect). Sein Vorschlag: Aus der Initiative Grünes Band und der Idee Klimaneutralität im Distrikt 1880 soll ein "Doppel-Wumms für Natur und Klima" werden.
Rotarisches Clubleben und das Engagement von Rotarierinnen und Rotariern hat Auswirkungen auf das Klima: Ralf Hardenberg rechnete vor, dass sich der CO2-Fußabdruck eines Rotary Clubs auf etwa zehn Tonnen Kohlendioxid im Jahr beläuft. Und genau hier setzt das Projekt "Unser Rotary Moor im Distrikt 1880" an. Das neue Moor im Rehauer Staatsforst bei Hof kann die Emissionen künftig kompensieren.
Noch ist die Fläche für das geplante Moor ein mit Kanälen und Drainagen trockengelegter Fichtenwald, der nicht gut gedeiht. In rotarischen Hands-on-Aktionen soll der Forst "entfichtet", sollen Drainagen verschlossen und Gräben verfüllt werden – dann kann sich das Moor mit seiner Flora und Fauna regenerieren.
Zahlreiche Mitglieder von Rotaract, Rotex, Rotary und Inner Wheel, ihre Familien und Freunde stehen bereit, um anzupacken. Mitglieder der Staatsphilharmonie Nürnberg und der Hofer Symphoniker, die eine Klimaneutralität ihrer Arbeit anstreben, sind ebenfalls dabei. Im Herbst 2024 ist ein "Moorkonzert" geplant.
Wie es weitergeht? Rotary startet damit im Distrikt 1880, wünscht sich aber eine distriktübergreifende Zusammenarbeit: Ziel sind "Unsere Rotary-Moore in Deutschland".
Schon jetzt werden Spenden auf der Plattform "Better Place" transparent gesammelt und fließen auf das Konto des Rotary Deutschland Gemeindienst e.V. in das Projekt "P2440 (Grünes Band) im D1880". Alle Spenden werden direkt für den Erwerb und die Pflege des "Rotary-Moors" im Rehauer Staatsforst eingesetzt.
Ulrike Löw (RC Nürnberg-Reichswald) ist seit 20 Jahren als Journalistin tätig. Ihr Schwerpunkt liegt bei rechtlichen Themen: Aktuelle Rechtsnews interessieren sie ebenso wie juristische Hintergründe, regelmäßig sitzt sie in Gerichtssälen und berichtet über Strafprozesse. Ab August 2021 ist sie Berichterstatterin des Distrikts 1880.
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