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RC Freital: Eine Weisseiche für Evanston

Wie Illinois nach Sachsen kommt

RC Freital: Eine Weisseiche für Evanston - Wie Illinois nach Sachsen kommt
Die erste Attraktion am Eingang: Ein Mammutbaum. Die Bäume können gigantische Ausmaße erreichen. Der momentan größte, lebende Mammutbaum ist 83,80 Meter hoch und hat einen Stammdurchmesser von acht Metern. Er steht im Sequoia-Nationalpark in den USA. © Ulrike Löw (alle Fotos)

Die Freunde des RC Freital laufen in wenigen Stunden von den Appalachen über die Rocky Mountains zu den Großen Seen. Wie das gelingt? - Mit "The Magic of Rotary"!

Ulrike Löw30.05.2025

Ich weiß, die Überschrift ist eine Provokation. Ein paar lächerliche Stunden für Nordamerika. Die Wahrheit ist: Allein das bewaldete Gebirge der Appalachen erstreckt sich über eine Länge von 2400 Kilometern von den Long Range Mountains an der Westküste der Insel Neufundland (Kanada) bis in den Norden des US-Bundesstaates Alabama. Die Rockies ziehen sich als Gebirgskette über 3100 Kilometer. Und die Gegend der Großen Seen umfasst die Bundesstaaten Michigan, Ohio, Indiana, Illionois, Wisconsin, Minnesota, Iowa und Missouri. Die Region zwischen der Ostküste und der unendlichen Prärie gilt als eine der amerikanischsten der Vereinigten Staaten.

Um all dies vor Ort anzusehen, bräuchten die Freundinnen und Freunde des RC Freital viele Flüge und das heißt heutzutage auch viele CO2-Sündentage. Und außerdem war es,  als Deutschland noch nicht wiedervereinigt war, gar nicht so ohne Weiteres möglich, in ein Flugzeug zu steigen.

Auch deshalb hat Andreas Roloff vor einigen Jahrzehnten die Idee entwickelt, in Sachsen ein spezielles Nordamerika-Quartier mit den Appalachen, den Rocky Mountains und den Großen Seen zu gestalten. Um die typischen Baumarten zu pflanzen, wurde das Saatgut von den Originalstandorten besorgt. Und um dieses Projekt unter den komplizierten Bedingungen der "Nachwendezeit" finanziell zu sichern, wurde ein spezieller Förderverein gegründet, über den 1998 das Ackerland erworben wurde. Die Baumpflanzungen wurden über "Baumpatenschaften" mit Spenden realisiert.

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In der gedachten Stadt Evanston im US-Staat Illinois, dem Hauptsitz von Rotary International, haben die Freunde des RC Freital eine für diese Gegend typische Weisseiche gepflanzt. Sie ist mit einem roten Band markiert.

Nur eine Besonderheit: Der RC Freital pflanzte in diesem Nordamerika-Quartier in der gedachten Stadt Evanston im US-Staat Illinois, dem Hauptsitz von Rotary International, eine für diese Gegend typische Weisseiche. "Allein die Büffel auf unserer Prärie haben wir weggelassen", witzelt Andreas Roloff.

Aber von Anfang an: Man muss den Forstbotantischen Garten Tharandt ein Juwel nennen – die Freunde des RC Freital pflanzen hier seit Jahren Bäume, zum Tag des Baumes am 24. April waren es Patenbäume, manchmal bekommt auch ein neu geborenes Enkelkind einen Baum gestiftet. Auch eine speziell gefertigte Holzbank hat der Club bereits gespendet und die Clubfreunde führen häufig Gäste sowie Mitglieder des Internationalen Jugendcamps in den Garten.

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Die Appalachen sind ein Mittelgebirge, das im Osten Nordamerikas parallel zur Atlantikküste verläuft.

"Es ist vor allem den interessanten Vorträgen von Professor Andreas Roloff zu verdanken, dass sich unser Club immer wieder für die Bäume und den Wald begeistert", sagt Otto Wienhaus (RC Freital). Er und Andreas Roloff sind quasi Kollegen, beide hatten den Lehrstuhl für Forstbotanik an der TU Dresden inne, der Forstgarten befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft. Gegründet  im Jahr 1811 ist er der älteste seiner Art auf der Welt und hat eine der größten Sammlungen winterharter Gehölze Europas. Das Terrain ist 34 Hektar groß, mehr als 3.200 verschiedene Baum- und Straucharten aus allen Kontinenten sind hier zu sehen, von Weisseichen bis zu Rhododendren sind in diesem Naturgarten rund 15.000 Pflanzen zu bestaunen.

Roloff erweiterte in den vergangenen Jahrzehnten den Forstgarten um mehr als 15 Hektar für besagtes Nordamerika-Quartier. Er holte mit seinen Studenten Saatgut aus Nordamerika und wurde irgendwo in der Region das Straßenplaster herausgerissen, war er vor Ort, um die Steine zu holen. So entstanden Wege, die den Eindruck erwecken, als sei der Garten schier ein Jahrhundert alt. Mit sehr vielen Spenden– von Firmen und Privatpersonen – wurde das Projekt finanziert.

Mittlerweile lockt der Indian Summer in Sachsen täglich mehrere Tausend Besucher in die Region um Freital und der Forstbotanische Garten ist fast Opfer seines eigenen Erfolgs geworden: Etwa 100.000 Besucher in der Saison 2024 benötigen auch Parkplätze – und so führt der rotarische Spaziergang durch den Garten zu einer Diskussion, wie das Problem gelöst werden könnte. Die Knackpunkte: Flächen und Geld. Ideen sind willkommen!

Gleichwohl ist der Besuch sehr zu empfehlen – es muss ja nicht im farbenfrohen Herbst sein. Zu sehen gibt es auch auch sonst sehr viel: In diesem Frühjahr 2025 wurden bereits 250 neue Bäumchen gepflanzt. Denn freilich wird hier, im Fachgebiet der Forstbotanik, auch geforscht. Über 3000 Versuchsbäume und 4000 Pflanzen gedeihen in der zugehörigen Baumschule. Es geht um die Frage, welche Arten den Folgen des Klimawandels trotzen können.

Schließlich sind heimische Pflanzen durch Hitze und Trockenheit, dazu Starkregen, immer mehr Stress ausgesetzt und müssen gerade in Parkanlagen und an Straßen durch robustere Sorten ersetzt werden.

Am Eingang beziehungsweise Ausgang ein Baum, der einem Wunder gleicht: Ein Mammutbaum, der gigantische Ausmaße erreichen kann. Der momentan größte, lebende Mammutbaum ist 83, 80 Meter hoch und hat einen Stammdurchmesser von acht Metern, er steht im Sequoia-Nationalpark, sein Alter wird auf 2500 bis 3000 Jahre geschätzt. Mit dem Jungspund-Baum im Forstgarten Tharand also nicht vergleichbar.

Und jetzt frage ich Sie: Ist all das, die Idee im Zeitraffer durch Nordamerika und das Alter des Mammutbaums, nicht irgendwie Magie?