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Unser Luther

Im Zeichen des Hammers

Unser Luther - Im Zeichen des Hammers
LUTHER! 95 SCHÄTZE – 95 MENSCHEN 13.05.2017–05.11.2017 Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt Lutherhaus/Augusteum in Lutherstadt Wittenberg © Bild: 3xhammer.de

Wie sich Wittenberg auf das Reformationsjubiläum 2017 vorbereitet

Stefan Rhein01.10.2016

Der Hammer provoziert – und will auch provozieren. Zumindest will er Aufmerksamkeit wecken. Gemeint ist der Hammer, der als Erkennungszeichen die Dachkampagne der drei Nationalen Sonderausstellungen prägt. 2017 finden unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten drei große Ausstellungen in Berlin, Wittenberg und auf der Wartburg statt, die einen großen Bogen von Luther bis hin zur internationalen Rezeption schlagen: „Der Luthereffekt“ im Martin-Gropius-Bau in Berlin, „Luther! 95 Schätze – 95 Menschen“ im Augusteum/Lutherhaus in Wittenberg, „Luther und die Deutschen“ auf der Wartburg in Eisenach.

Wie lässt sich nun aber die Komplexität der Reformation mit ihren zentralen Beiträgen zur Sprach-, Bildungs-, Freiheits-, Sozial- und natürlich auch Kirchengeschichte reduzieren und in ein Bild fassen? Ein Blick auf den Anfang kann helfen, denn auch der Reformator selbst sah in dem Jahr 1517 den Beginn des reformatorischen Geschehens. Für Luther war – belegbar durch zahlreiche Aussagen in Briefen und Tischreden - der Ablassstreit ganz ohne Zweifel ein biographischer wie auch historischer Wendepunkt, den der enge Mitarbeiter Luthers Georg Rörer noch zu Lebzeiten des Reformators mit folgendem handschriftlichen Eintrag erwähnt: „Am Vorabend vor Allerheiligen im Jahr 1517 wurden von Doctor Martin Luther Thesen über die Ablässe an die Türen der Wittenberger Kirchen angeschlagen.“ Zahlreiche Wissenschaftler halten trotz dieses vor wenigen Jahren bekannt gewordenen Eintrags an ihren Zweifeln am Thesenanschlag fest.

Wie dem auch sei, im Bild des Thesenanschlags bündelt sich Luthers Kampf gegen scholastische Theologie und kirchliche Dialogverweigerung, wird das Eintreten des Einzelnen gegen die Übermacht der Institution und der Tradition illustriert. Und mit Augenzwinkern wird dieses Bild auf einen Hammer konzentriert. Ganz unabhängig von der Frage, hat er oder hat er nicht genagelt, lohnt sich der Blick auf den 31. Oktober 1517. Denn just an diesem Tag unterschreibt der gebürtige Martin Luder erstmals einen Brief, und zwar den Brief an Kardinal Albrecht von Brandenburg, mit „Martin Luther“ und verkündet damit sein neues Selbstbewusstsein des Freien. Denn das „th“, das aus Luder Luther macht, hat er aus dem griechischen Wort „eleutherios“ (frei) genommen. Was auch immer am 31. Oktober 1517 genau passierte: Es ist die Geburtsstunde des Reformators Martin Luther!

Diesen Weg zum Reformator zeichnet die Wittenberger Ausstellung nach. Zu den 95 Schätzen, die das Leben des jungen Luther präsentieren, kommen 95 Menschen, die sich von ihm beeinflussen, provozieren, abstoßen, immer aber berühren ließen. Diese existenzielle Wirkungsgeschichte umfasst fromme Lutheraner wie Johann Sebastian Bach und den Schwedenkönig Gustav Adolf, aber auch Skeptiker wie Thomas Mann und Pier Paolo Pasolini und spürt auch den Bezügen etwa von Astrid Lindgren zu Luther nach. Wittenberg ist ohne Zweifel 2017 der zentrale Ort des Reformationsjubiläums, denn auch die Evangelische Kirche in Deutschland konzentriert ihre Aktivitäten auf die Stadt an der Elbe: mit dem Schlussgottesdienst des Kirchentags, der Weltausstellung der Reformation, den Konfi-Camps und vielen anderen Veranstaltungen.

Ein Jahr vor seinem Tod dichtete Luther Verse auf Wittenberg, die die bis heute andauernde Spannung von kleiner Stadt mit weltgeschichtlicher Bedeutung in Worte fassen: „Wittenberg, die kleine arme Stadt, / Einen großen Namen itzund hat.“ Luther hat durch sein Wirken die Leucorea maßgeblich geprägt und sie zur meist besuchten deutschen Hochschule im 16. Jahrhundert gemacht. Ein großer Bauboom war in den 1520er Jahren die Folge. Nicht sehr viel anders ist es in den Jahren der Lutherdekade 2008 bis 2017: Nach umfänglichen Sanierungen erstrahlen die Stadt- und die Schlosskirche, das Schloss, das Bugenhagenhaus, das Augusteum, das Melanchthonhaus, ja sogar der Bahnhof in neuem Glanz. Es ist reizvoll, Wittenberg zu entdecken, nicht als Geburtsstätte eines protestantischen Triumphalismus, sondern als Lebensort eines faszinierenden Menschen, der die Welt veränderte – mit oder ohne Hammer.