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Köln

Neue Heimat: Dömchen

Köln - Neue Heimat: Dömchen
Angekommen: Navid (oben) und Asgar in ihrem neuen Jugendzimmer in Köln. © Marcus Simaitis

Zwei jugendliche Flüchtlinge aus Afghanistan haben geschafft, wovon andere Geflohene träumen: Sie haben eine deutsche Pflegefamilie gefunden. Ein Kölner Paar wagt das Experiment.

01.09.2016

Ruhe. Endlich Ruhe. Und Frieden. Ein Mann führt seinen Labrador aus, eine Frau steigt in einen VW-Golf. Sonst ist niemand zu sehen. Alle zehn Minuten fährt ein Bus der Linie 146 vorbei. Dann ist es wieder still. In dem weißen Eckhaus, schräg gegenüber dem katholischen Krieler Dömchen im bürgerlichen Köln-Lindenthal, hat Navid ein neues Zuhause gefunden – und eine neue Familie. „Mein 20-jähriger Sohn ist ausgezogen“, sagt Rotarierin Lisa Gerlach. Jetzt hat sie ein neues Kind, ein Pflegekind: Navid, der eigentlich kein Kind mehr  ist. Der Junge ist gerade 18 geworden.

Überraschung aus der Küche: Lisa Gerlach und Babak Tubis (rechts) staunen, was ihre Pflegekinder Asgar und Navid  angerichtet haben

Überraschung aus der Küche: Lisa Gerlach und Babak Tubis (rechts) staunen, was ihre Pflegekinder Asgar und Navid  angerichtet haben © Bild: Marcus Simaitis

Im Frühjahr ist Navid bei Gerlach eingezogen, nach Wochen der Flucht aus Afghanistan durch den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien und Österreich. „Bisher verlief die Zeit mit ihm problemlos“, sagt Gerlach. „Das hat mich am meisten überrascht.“ Nach den Überfällen in der Kölner Silvesternacht hatte sie kurz an ihrem Plan gezweifelt, jugendliche Flüchtlinge aus einem muslimisch geprägten Land aufzunehmen, Wohnzimmer, Küche und Bad mit ihnen zu teilen. Doch sie gibt nicht auf, nicht einmal nach dem Überfall eines 17-jährigen Afghanen auf Passagiere eines bayerischen Regionalzugs im Juli. Auch er war ohne Eltern, andere Verwandte und Bekannte geflohen und wohnte in einer Pflegefamilie.

von den Taliban bedroht
Das Kölner Jugendamt vermittelt seit November 2015 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge an Pflegefamilien, 39 Kinder und Jugendliche hat es bisher so untergebracht, 39 von 1026, die in seiner Obhut stehen. Insgesamt leben in Deutschland fast 70.000 minderjährige Flüchtlinge in der Obhut der Jugendämter, davon geht der Deutsche Städte- und Gemeindebund aus. Die meisten kommen aus Afghanistan, so wie Navid.

Sein Vater hatte ihn gedrängt, das Land zu verlassen. Navid war der Jüngste von drei Brüdern. Den Taliban war er aufgefallen, als er bei einer Aufführung in seiner Schule Lieder gesungen hatte. Die selbsternannten Gotteskrieger bedrohten die Familie, forderten Geld oder die Herausgabe des jüngsten Sohnes. Kein ungewöhnliches Vorgehen der Terrorgruppen dort, um aufzurüsten, auch durch Zwangsrekrutierungen. So erzählt es Navid. Wie viel sein Vater für die Flucht bezahlt hat, welche Helfer er angeheuert hat, das möchte der Junge nicht sagen; auch seinen Nachnamen möchte er nicht veröffentlicht sehen.

Navids grüner Daumen: Im Garten hinter dem Haus kümmert er sich um die Kräuter und paukt dabei die deutschen Namen

Navids grüner Daumen: Im Garten hinter dem Haus kümmert er sich um die Kräuter und paukt dabei die deutschen Namen © Marcus Simaitis

Bei der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland wäre seine Flucht fast gescheitert. Viele Frauen und Kinder drängten sich in dem kleinen Boot, das ihn ans rettende Ufer der Europäischen Union bringen sollte. Plötzlich, auf hoher See, rasten maskierte Männer in einem Schnellboot auf sie zu, bedrohten sie und stahlen den Treibstoff. Stundenlang trieb das Flüchtlingsboot in der Ägäis, war den Wellen ausgeliefert, bis sich ein Schiff näherte und es abschleppte – zurück an die türkische Küste.

hundert stunden arbeit fürs amt
Drei Tage später stieg er erneut in ein Boot und erreichte nach fünf Stunden Griechenland. Über Umwege landete er schließlich in Köln. Hier kam er in einer Wohngruppe mit Leidensgenossen unter, wo ihn Psychologen und Sozialarbeiter betreuten. Sie fragte er, ob er nicht zu einer deutschen Familie ziehen könne, schon um schneller Deutsch zu lernen. Doch bis zum Krieler Dömchen in Köln-Lindenthal  war es noch ein weiter Weg.
„Hundert Stunden Arbeit habe ich erbracht, bis Navid bei mir wohnen durfte“, erzählt Gerlach.

Ein Gesundheitszeugnis musste sie vorlegen, ein Führungszeugnis besorgen, Gespräche führen und ein siebenseitiges Formular ausfüllen. Das Jugendamt wollte nicht nur wissen, wie viel sie verdient, wie hoch ihr Vermögen ist, ob sie verschuldet ist, wie viele Kinder in der Nachbarschaft wohnen und wie sie sich die Erziehung des Pflegeflüchtlings vorstellt. Mitarbeiter der Behörde inspizierten auch ihr Einfamilienhaus. Dabei ist Gerlach in Köln durchaus bekannt. Die Betriebswirtin sitzt im Rat der Stadt, weiß, welches Amt und welchen Mitarbeiter man für welches Anliegen ansprechen muss. Aussuchen durfte sie sich Navid trotzdem nicht.

diskriminiert von landsleuten
Das Jugendamt hatte Navid, damals noch 17 Jahre alt, als idealen Kandidaten ausgewählt, nachdem es dessen Wünsche mit denen Gerlachs abgeglichen hatte. „Ich hatte um einen Jugendlichen gebeten, der schon etwas selbstständiger war“, erzählt Gerlach. Mitte Februar hatte das Jugendamt beide zum ersten Beschnuppern in ein Café eingeladen, da sprach Navid schon ein wenig Deutsch, Englisch kann er allerdings nicht. Eine Woche später übernachtete Navid zum ersten Mal in Lindenthal – für eine Nacht. Später durfte er für ein Wochenende bei Gerlach probewohnen. Und nach jedem Schritt sprach das Jugendamt mit dem Jungen und mit Gerlach. Am Ende stimmten alle Betroffenen überein: „Das passt.“

Gerlach stellte einen Teetisch in das Jugendzimmer, legte ein Backgammon-Brett ins Regal und kleine Teppiche auf den Boden. „Die hätten auch als Gebetsteppiche dienen können“, erklärt Gerlach. Zur ersten gemeinsamen Mahlzeit servierte sie ein Nationalgericht aus Navids Heimat: Kebab mit Shirazi-Salat und Tadiq-Reis. Vom ersten Tag an sollte sich Navid in Lindenthal zu Hause fühlen. Nicht nur Einrichtung und Essen waren ihm zumindest ein Stückchen Heimat. Noch wichtiger: In dem Haus wohnt Gerlach gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Babak Tubis, und der kann sich in der Sprache unterhalten, die auch Navid sofort versteht: Farsi.

Tubis ist zwar in Bochum geboren und aufgewachsen, aber seine Eltern stammen aus dem Iran. Auch seine Großmutter lebt längst in Deutschland, eine ehemalige Schulleiterin aus Teheran. „Einige Mal unterhielten wir uns alle bis spät in die Nacht“, erinnert sich Gerlach. Alle – das schließt auch Asgar mit ein, ihren zweiten Pflegeflüchtling. „Wir hatten um zwei Jugendliche gebeten, die gemeinsam einziehen sollten, um sich gegenseitig zu stützen“, erklärt sie.

Lernen übers Internet:<br />Lisa Gerlach hilft Asgar (Mitte) und Navid

Lernen übers Internet: Lisa Gerlach hilft Asgar (Mitte) und Navid ©Marcus Simaitis 

Sie bereut ihren Schritt nicht. Ihre Zwischenbilanz nach rund einem halben Jahr: „Es fühlt sich an, als hätten wir schon immer zusammengelebt.“ Das Jugendamt coacht sie weiterhin und organisiert Treffen mit anderen Familien, die Pflegeflüchtlinge betreuen. Auch Asgar, der Junge mit dem zutiefst nordischen Vornamen, freut sich, entkam er doch einem besonders harten Schicksal.

Der 17-Jährige ist Afghane, hat aber  nie in Afghanistan gelebt. Schon seine Großeltern sind mit seinen Eltern vor den damaligen Kriegswirren in den Iran geflohen. Heute leben fast vier Millionen afghanische Flüchtlinge dort, viele schon in dritter Generation und als Bürger zweiter Klasse. Auch Asgar litt darunter. Er besaß nie einen afghanischen Pass, bekam aber auch nie einen iranischen. Der Junge ist wie viele seiner Landsleute im Iran staatenlos. Sie leben weitgehend rechtlos und verdingen  sich als Tagelöhner. Jährlich müssen sie ihre Duldung verlängern, gegen eine Gebühr, die rund zwei Monatslöhnen entspricht. Zudem wurde Asgar doppelt diskriminiert – nicht nur als Afghane von Iranern, sondern auch von Afghanen, weil er der Volksgruppe Hazara angehört, einer ethnischen und religiösen  Minderheit unter den Afghanen. Nach einer Messerattacke auf ihn bereiteten seine Eltern seine Flucht nach Deutschland vor.

keine schnelle rückkehr
Inzwischen besuchen Asgar und Navid das Berufskolleg in Köln. In seiner Heimat hatte Navid neun Jahre lang die Schule besucht, Asgar nur sechs. Jetzt lernen sie in einer einjährigen internationalen Förderklasse Deutsch, Allgemeinwissen und erste berufliche Grundkenntnisse.  Die folgenden Klassen führen hin zu unterschiedlichen Schulabschlüssen - auch zum Abitur. Nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung „verfügt ein großer Teil der Flüchtlinge nicht über formale Zertifikate für ihre berufliche Qualifikation, aber durchaus über reichhaltige berufliche Erfahrung“. Asgar und Navid haben sich noch nicht entschieden, wie und was sie weitermachen wollen. „Zuerst mal den Realschulabschluss“, sagt Navid, „dann Abitur.“ Und dann? Navid zuckt mit den Schultern. Nur was so schnell nicht ansteht, ist ihnen klar: die Rückkehr in ihre Heimat. Beide sind derzeit rechtlich geduldet, Navid hat zudem Asyl beantragt. Auch Asgar strebt Asyl an, aber erst, wenn er 18 ist.

kontakt in die Heimat

Mit ihren Eltern sind sie regelmäßig verbunden – übers Internet. Einmal in der Woche  kontaktiert Navid so Mutter und Vater. Kein leichtes Unterfangen, denn nur in der nächsten Stadt können die Eltern sich ins Internet einklinken. Für sie fast eine Tagesreise. Darum muss Navid bei jedem Kontakt schon den Termin fürs nächste Mal absprechen – und pünktlich sein. „Die deutschen Tugenden beherrscht er schon“, sagt Gerlach. Navid erzählt dann so rosig von seinem Leben in Deutschland, dass auch einer seiner Brüder gerne käme. „Aber“, sagt Navid, „dafür reicht das Geld der Familie nicht mehr.“

Bei seinem letzten Kontakt mit seinem Vater und seiner Mutter erzählte Navid ihnen: „Da habe ich mit meinen Eltern neulich …“ und meinte damit Lisa Gerlach und Babak Tubis. Gibt es ein schöneres Kompliment für die Pflegeeltern?


Weitere Projekte

Praktika mit Perspektive
Als einer der größten Arbeitgeber im Unterallgäu hilft das Unternehmen Salamander Industrie-Produkte mit Chef Götz Schmiedeknecht (RC Bad Wörishofen) auch bei der nachhaltigen Integration der Flüchtlinge.

©Salamander Industrie-Produkte PR

Die Einbindung von Asylbewerbern bei Salamander kommt nicht nur den Neuankömmlingen zugute, sondern auch der eigenen Belegschaft, die sich neuen Kulturen öffnen und ihr soziales Engagement unter Beweis stellen kann. Das im Mai 2016 eingeführte Projekt „Salamander – Learn and Work“ verfolgt das Ziel, Asylbewerber in die Arbeitswelt zu integrieren sowie in die Gesellschaft. Mithilfe von Schnupperpraktika ermöglicht Salamander den Menschen einen ersten Einblick in ihr potenzielles betriebliches Umfeld mit der Chance auf ein Langzeitpraktikum sowie eine künftige Festanstellung. Alle teilnehmenden Asylbewerber erhalten einen festen Ansprechpartner, der ihnen über die ersten sprachlichen und sozialen Barrieren hinweghelfen soll. Seit Mai 2016 hat Salamander bereits vier Asylbewerber aus Nigeria, Mali, Syrien und Afghanistan für ein sechsmonatiges Praktikum eingestellt. Die Motivation wie auch das Lernverhalten der Praktikanten entwickelten sich sehr positiv, weshalb weitere Praktikumsplätze geplant sind.
www.sip-windows.com


Hilfe für traumatisierte Flüchtlingskinder

Der RC Berlin-Luftbrücke unterstützt seit Langem das Elisabethstift in Berlin, das verhaltensgestörte Kinder aus schwierigsten sozialen Verhältnissen betreut und psychologisch behandelt, bis sie ein weitgehend normales Leben führen können. Im Jahr 2013/14 konnte der Club dem Stift einen District Grant über 12.000 Euro zuführen.

©Elisabethstift PR 

Mit Anstieg der Flüchtlingswelle 2015 bat der Berliner Senat das Elisabethstift, auch traumatisierte unbegleitete Flüchtlingskinder zu betreuen. Zur Unterstützung dieser Arbeit beschloss der RC Berlin-Luftbrücke Anfang 2016, einen Global Grant (GG) bei der Rotary Foundation zu beantragen. Beteiligt sind daran die Partnerclubs RC Milano-Nord und RC Warszawa-City.

Das Budget umfasst 154.000 Dollar, davon kommen 62.000 Dollar vom RC Berlin-Luftbrücke, 22.000 Dollar von den Partnerclubs und 70.000 Dollar von Rotary, davon drei District Designated Funds (DDF) der Distrikte 1940, 2041 und 2230 und vom World Fund (als maximal mögliche Größe 56.000 Dollar). Im Mai 2016 genehmigte die Rotary Foundation das Projekt. Mit dem Geld aus diesem GG kann das Stift Weiterbildungsmaßnahmen und zusätzliche Einstellungen finanzieren, und zwar von Trauma-Ärzten, Trauma-Pädagogen, Erziehern und Dolmetschern. Nur durch eine intensive und konsequente Behandlung der traumatisierten Flüchtlingskinder bestehtdie Chance, sie zu mündigen und selbstständigen Mitbürgern zu machen und sie in den europäischen Kulturkreis zu integrieren. Das Projekt ist auf zwei Jahre ausgelegt. Ein Team der Clubmitglieder begleitet es und überwacht die Effizienz.

www.elisabethstift-berlin.de


Koalition der Helfenden
Angesichts der vielen Flüchtlinge haben Werner zu Jeddeloh (RC Westerstede) und Lions-Freund Bernd Weber (LC Oldenburg Lappan) beschlossen, ihre Ressourcen zu bündeln. Ein Projekt zur Integration Geflüchteter in den

©Mike Maaz 

Arbeitsmarkt war die Idee, die von den Präsidenten aller Serviceclubs in der Region unterstützt wurde. Viele ehrenamtliche Helfer hatten zuvor wegen einer Unterstützung von Sprachkursen angefragt, die bereits durch die Clubs gefördert wurden. Der Wunsch, nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip vorzugehen, sondern nachhaltig und im Netzwerk abgestimmt zu fördern, führte zu dieser ungewöhnlichen, Serviceclub-übergreifenden Koalition. Organisiert haben sie sich dafür im gemeinnützigen Verein pro:connect – Integration durch Bildung und Arbeit. Die Geschäftsstelle befindet sich in Oldenburg in direkter Nähe des Bahnhofs, der Buszentrale, der Agentur für Arbeit und des Jobcenters.

pro:connect organisierte und bezahlte bis heute schon mehr als 120 Sprachkurse, insbesondere immer dann, wenn öffentliche Stellen nicht oder noch nicht fördern konnten, die Förderung aber in Abstimmung mit pro:connect für wünschenswert hielten, um die Integration in den Arbeitsmarkt zu beschleunigen. Insgesamt konnte der Verein seit Oktober 30 Praktikumsplätze, 14 Ausbildungsstellen und sechs Arbeitsplätze besetzen. „Diese Menschen sind in unserem Land angekommen und leben hier. Wenn sie frühzeitig in Arbeit kommen“, sagt zu Jeddeloh, „reduzieren sie unser Demografieproblem und erhöhen unsere soziale Sicherheit.“
www.proconnect-ev.de


Mentoren für Flüchtlinge
Der RC Pfaffenhofen startete Ende Juli das Mentorenprojekt „Berufliche Integration junger Zuwanderer“. Es soll Flüchtlinge auf den Arbeitsmarkt vorbereiten, indem sie erfolgreich eine Berufsausbildung oder ein Studium

beenden. Dabei helfen die Rotarier gemeinsam mit Mentoren der Pfaffenhofener Berufsschule. Mithilfe des Mentorings sollen längerfristige persönliche Kontakte geknüpft werden.

©RC Pfaffenhofen PR

Die Unterstützer helfen den Zuwanderern etwa beim Spracherwerb,   beim Schreiben von Bewerbungen oder beim Gang zu  Ämtern. Die Flüchtlinge erfahren aber auch, wie sie ihre Fähigkeiten hierzulande einbringen und ihre berufliche Zukunft aufbauen können. In den Prozess eingebunden sind auch aktuelle und ehemalige Berufsschüler zwischen 16 bis 22 Jahren. „Wir sind alle der Meinung, Integration kann nur mit Bildung gelingen“, sagte RC-Präsident André Schneeweiß. Aufgabe der Rotary-Mentoren sei es auch, dafür zusorgen, dass es für die Schützlinge einen Ausbildungsplatz gebe. Rotarier Hans-Peter Sonnenborn, der das Projekt gemeinsam mit Rotarier Roland Sailer leitet,  bekräftigte, dass das Programm Zug um Zug erweitert werde. Derzeit würden in Pfaffenhofen sieben Flüchtlinge betreut. „Unser Ausbildungssystem ist sehr hochwertig“, sagte Sonnenborn. Beispielsweise sei es sehr anspruchsvoll für die Flüchtlinge, die Prüfungsfragen zu verstehen. „Allein über den Unterricht ist das nicht mehr leistbar.“ Deshalb, so Sonnenborn, sei außerschulische Hilfe äußerst wichtig.
www.rotary-paf.de


ZUSATZINFORMATION

Der Weg zur Pflegefamilie
Sympathie und guter Wille reichen nicht, wenn eine Familie unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufnehmen möchte. Die wichtigsten Voraussetzungen in einem kurzen Überblick:

Wer kann Pflegefamilie werden?
Familien, Lebenspartnerschaften sowie Einzelpersonen, die in ihrem Haushalt dem aufzunehmenden Jugendlichen ein Zimmer zur Verfügung stellen können und Zeit für ihn haben, wenn er nach der Schule, der Ausbildung oder der Arbeit nach Hause kommt. Zentrale Voraussetzung ist die Bereitschaft der potenziellen Pflegefamilie zur Kooperation mit den sozialen Diensten. Im Einzelfall entscheidet das örtliche Jugendamt, wer unter welchen Bedingungen geeignet ist.

Wo bewerben sich Interessenten?
Das örtliche Jugendamt informiert über die Ansprechpartner.

Wer entscheidet, welches Kind wohin kommt?
Kommt eine Familie als Pflegefamilie infrage, gleicht der Pflegekinderdienst der Jugendämter oder der beauftragten freien Träger deren Wünsche mit denen potenzieller Pflegeflüchtlinge ab und sucht dann den am besten geeigneten Jugendlichen aus für ein erstes Treffen. Danach entscheiden alle Beteiligten, ob sie den Kontakt intensivieren möchten. Es folgen weitere Gespräche, dann Probeübernachtungen. Die Aufnahme zur Pflege muss einvernehmlich erfolgen.

Wie lange dauert das Verfahren?
Meist zwei bis drei Monate nach Eingang der Unterlagen, das liegt aber in der Kompetenz der Jugendämter. Mindestens erforderlich sind: Gesundheitszeugnisse und Lebensberichte der Gasteltern, Hausbesuche des Jugendamtes, Auskunft über Einkommen, Führungszeugnis und Beratungsgespräche.

Werden die Gasteltern betreut?
Grundsätzlich haben die Pflegeeltern einen Rechtsanspruch auf Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt. Die konkreten Schritte können von Jugendamt zu Jugendamt unterschiedlich sein.

Welche finanzielle Hilfe gibt es?
Den Pflegeeltern stehen die üblichen Pflegegeldsätze zu: je Pflegekind insgesamt knapp 1000 Euro monatlich. Der Betrag kann je nach Bundesland leicht variieren.

Quellen: Jugendamt Düsseldorf, Bundesfamilienministerium