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Standpunkt

Rotary braucht eine Lobby

Standpunkt - Rotary braucht eine Lobby
Friedel H. Eggelmeyer, RC Nienburg-Neustadt, PDG 1800, Mitglied des Beirats von Rotary Deutschland Gemeindienst e.V. (RDG) und des Stiftungsrats der Stiftung DER ROTARIER. © privat

Plädoyer für eine Deutschland-Geschäftsstelle

01.04.2019

Rotary in Deutschland – was ist das? Knapp 56.000 Rotarier/innen, organisiert in etwa 1050 Clubs und 15 Distrikten. So weit, so gut – bekannt und überschaubar. Aber das ist nur die halbe Wahrheit.
1951 erschien in Deutschland und Österreich erstmals die Mitgliederzeitschrift „Der Rotarier“. Name und Herausgeber haben sich zwischenzeitlich geändert. Das heutige Rotary Magazin wird von der Rotary Verlags GmbH in Hamburg herausgegeben. Ebenfalls 1951 wurde, aus steuerlichen Gründen, der „Verein der Freunde Rotarys“ gegründet, heute Rotary Deutschland Gemeindienst e.V. (RDG). 1955 kam der Deutsche Governorrat (DGR) hinzu, sein Zweck sollte der informelle Meinungsaustausch sein. Entwickelt hat sich daraus ein Gremium mit über 50 Sitzungsteilnehmern. Darüber hinaus gibt es den Rotary Jugenddienst Deutschland e. V., die Stiftung DER ROTARIER (Eigentümer der Rotary Verlags GmbH) und die Deutsche Rotarische Stiftung.
Jedes Organ ist wichtig und für die Rotary Clubs von Vorteil. Aber: Rotary in Deutschland muss sich zukunftsorientiert aufstellen. In Anlehnung an ein Zitat des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger bezüglich nicht geregelter Zuständigkeiten innerhalb der EU, drängt sich die Frage auf: „Wen rufe ich an, wenn ich Rotary Deutschland sprechen will?“ Es fehlt uns eine professionell koordinierende und zugleich leitende Zentrale, vielleicht analog zu Evanston und zum RI-Generalsekretär. Es fehlt die „Geschäftsstelle Rotary Deutschland“!
Welche Aufgaben sollte sie haben? Wie strukturiert sein und wo aufgestellt werden? Wer sollte sie leiten? Diese Details müssten von einer Projektgruppe erarbeitet werden. Wünschenswerte Eckpunkte: Die Leitung der Geschäftsstelle hat ein angestellten Generalsekretär und ist zentrale „Anlaufadresse“ für Rotary in Deutschland. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Sekretär des DGR wäre ratsam; einige seiner Aufgaben könnten übernommenen werden. Die Geschäftsstelle müsste die Zusammenarbeit der rotarischen Organe koordinieren und eventuelle Doppelstrukturen beseitigen. Schließlich sollte sie einen eher kleinen Personalkörper haben und auf jeden Fall in Berlin angesiedelt werden.
Warum Berlin? Ende letzten Jahres nahm ich an einer Sitzung des Parlamentarischen Beirats für Bevölkerung und Entwicklung im Deutschen Bundestag teil. Dieses informelle Gremium befasst sich mit den Themen „Internationale Entwicklung, Gesundheit, Armut und Menschenrechte“. Interessant ist, dass der Beirat auf Initiative der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) gegründet wurde, einer im Vergleich zu Rotary Deutschland eher kleinen NGO mit einem Stiftungskapital von 2,2 Millionen Euro. Sehr geschickt hat die DSW die Sekretariatsaufgaben des Beirats übernommen. So verwundert es nicht, dass Spenden und öffentliche Zuwendungen von privaten Stiftungen, dem Bund (BMZ) und der EU mehr als doppelt so hoch sind wie bei Rotary. Besser kann nicht lobbyiert werden. Hier hat Rotary Deutschland eindeutig Nachholbedarf. Zweites Argument für den Standort Berlin: Knapp 60 Bundestagsabgeordnete sind Rotarier/innen. Unter ihnen drei Kabinettsmittglieder, zwei Angehörige des Bundestagspräsidiums, sieben Fraktionsvorstandsmitglieder, zwei Staatsminister/innen und sieben Parlamentarische Staatssekretäre/innen. Betreiben wir Rotarier/innen legitimen Lobbyismus im Sinne unserer Schwerpunkte? Gegenwärtig eher nicht! Deshalb ist es angeraten, möglichst schnell, bereits im Vorgriff auf die Einrichtung der Geschäftsstelle, eine/n „Beauftragte/n für Parlaments- und Regierungsbeziehungen“ zu benennen.

Keep Rotary simple
Zusätzlich müsste in den Sitzungswochen des Parlaments ein Redaktionsmitglied des Rotary Magazins„angedockt“ werden. Berlin ist die deutsche Nachrichtenbörse, hier spielt die Musik. In Berlin können vielfältige Netzwerke aufgebaut und gepflegt werden, im besten rotarischen Sinn und zur Förderung unserer weltweiten vorbildlichen Projekte. Eine weitere Aufgabe der Geschäftsstelle müsste in der Rationalisierung bzw. Umstellung des finanztechnischen Bereichs liegen. Der umfassende Service von RDG und des Rotary Verlags sowie die Arbeit des Governorrats sind nicht kostenlos zu haben. Die Rotarier/innen zahlen dafür pro Jahr 65,30 Euro. Hinzu kommt ein Betrag von gut 10 Euro für die IT-Leistungen (RO.CAS, RO.Cloud, RO.App), der über die Distriktbeiträge beglichen wird. Anstelle dieser unübersichtlichen Einzelzahlungen sollte ein Jahresmitgliedsbeitrag an die Geschäftsstelle Rotary Deutschland entrichtet werden. Für die 80 Euro, also 6,70 Euro pro Monat (!), würden alle Rotarier/innen alle oben genannten und äußerst umfangreichen Leistungen in Anspruch nehmen können. Bürokratieabbau und Rationalisierung würden diesen ausgesprochen günstigen Servicepreis möglich machen.
Last but not least, diese Geschäftsstelle könnte ebenfalls die „Zentrale“ für Rotaract/Interact sowie InnerWheel werden und Koordinierungs- wie Unterstützungsleistungen für den Rotary Jugenddienst Deutschland, die verschiedenen Action Groups und die Beauftragten des Deutschen Governorrats erbringen.
Keep Rotary Simple – besser werden kann so einfach sein!
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