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Standpunkt

Schluss mit dem Gemecker

Standpunkt - Schluss mit dem Gemecker
Jan Mittelstaedt © LGM

Zu wenig Infos, zu viele Infos, mangelhafte Polio-PR – Kritik an RI-Kommunikation hört man öfter, dabei würden kleine Blicke über den Tellerrand schon sehr weiterhelfen.

Jan Mittelstaedt01.07.2023

Nun ist sie vorüber, die Rotary International Convention 2023 in Melbourne. Diejenigen, die dort waren, berichten begeistert von der überwältigenden Vielfalt und der inspirierenden Internationalität Rotarys. Wer diesen Zauber unserer Organisation einmal live erlebt hat, sieht Rotary mit anderen Augen. In Hamburg durften wir das 2019 aus nächster Nähe erleben, und dort waren wir deutschsprachigen Rotarierinnen und Rotarier auch in großer Zahl präsent. In Melbourne waren es gerade einmal rund 80 Anmeldungen aus Deutschland, der Schweiz, Liechtenstein und Österreich zusammen. Das ist etwa ein Promille der Mitglieder. Sicher, so eine Reise um die halbe Welt ist teuer und aufwendig. Aber nur ein Teilnehmer pro 1000 Mitglieder erscheint dann doch ziemlich wenig.

Dieses zumindest statistisch wahrnehmbare Desinteresse passt so gar nicht zur Anspruchshaltung, die ich manchmal vonseiten einiger Mitglieder erlebe. Immer wieder mal höre ich Stimmen, die sich darüber beschweren, Rotary sei zu träge, es würde nicht genügend informiert, man höre so gar nichts von anderen Clubs, dem Distrikt oder davon, was auf nationaler und internationaler Ebene so laufe. Und überhaupt müsse Rotary International endlich dafür sorgen, dass die Leistungen im Kampf gegen die Kinderlähmung auch mit Rotary in Verbindung gebracht würden und nicht nur mit der WHO.

Erst informieren, dann kritisieren

Es sind nicht viele, die so reden, aber leider sind sie oft laut. Ich möchte diesen Freunden manchmal zurufen: Bitte informiert euch doch erst einmal, bevor ihr etwas kritisiert! (In der Überschrift habe ich das lediglich zur Steigerung der Aufmerksamkeit etwas „plakativer“ formuliert – so würde ich normalerweise nicht reden.) Denn die Bereitschaft, sich einmal anzuschauen, was die vielen engagierten Macherinnen und Macher bei Rotary auf den Weg bringen, ist erschreckend gering. Jahr für Jahr bereiten die zukünftigen Governor Trainingsveranstaltungen und Distriktkonferenzen vor, die meist nur spärlich besucht werden. Auf internationaler Ebene geht es den Organisationsteams des jährlich stattfindenden Rotary Institute nicht anders. Viele Rotarier haben von dieser inspirierenden Veranstaltung noch nicht einmal etwas gehört.

Und auch bei der Nutzung der online verfügbaren Informationsangebote ist noch viel Luft nach oben. Nur rund ein Drittel der deutschsprachigen Rotary-Mitglieder sind bei „Mein Rotary“ unter der offiziellen Webseite von Rotary International, rotary.org, registriert. Den anderen zwei Dritteln entgehen damit etliche spannende Angebote, allen voran das exzellente „Lern-Center“, in dem deutschsprachige Kurse rund um die rotarische Welt angeboten werden. Diese Kurse sind didaktisch hervorragend aufgebaut und unterhaltsam gestaltet. Es gibt zahlreiche Blogs, Newsletter und Social-MediaProfile von Rotary, aus den Distrikten, den Clubs und von anderen rotarischen Absendern – alle mit viel Liebe aufbereitet und sehr informativ. Die Infos sind da, aber sie werden nicht ausreichend genutzt. Das absurdeste Argument, das ich in diesem Zusammenhang gehört habe: „Das sind mir zu viele Informationen, deshalb schaue ich mir das gar nicht erst an.“ Bleibt noch die Kritik der nicht ausreichenden Wahrnehmung von Rotary beim Kampf gegen die Kinderlähmung. Warum, höre ich immer wieder, sind es fast immer nur die Weltgesundheitsorganisation und die Gates Foundation, die in den Medien sind, wenn über dieses größte Gesundheitsprojekt der Menschheit gesprochen wird? Warum tut Rotary nichts dagegen? Auf diese Frage antworte ich immer mit einer Gegenfrage: „Wer ist denn bei euch im Club der oder die Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit?“ Noch nie habe ich bisher die richtige Antwort auf diese Frage gehört: wir alle. Denn wenn wir unsere Geschichten nicht erzählen, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn niemand weiß, was wir alles Gutes tun. Rotary International kommuniziert bereits viel und professionell, aber wir müssen auch mitmachen.

Mein Appell an alle rotarischen Freundinnen und Freunde: Werfen Sie mal einen Blick über den Tellerrand Ihres Clubs und auch Ihres Distrikts. Die nächsten Gelegenheiten dazu bieten sich vom 15. bis 17. September dieses Jahres beim Rotary Institute in Rom und natürlich vom 25. bis 29. Mai 2024 bei der Rotary International Convention in Singapur. In meiner Funktion als Mitglied des Convention-Komitees durfte ich vergangenen Sommer für drei Tage vor Ort an den Planungen teilhaben und dabei auch die Veranstaltungsorte besichtigen. Ich kann Ihnen schon heute sagen: Die Convention in Singapur wird einfach toll. Eine aufregende Stadt, exzellente Locations und ein bemerkenswertes Programm erwarten uns. Sehen wir uns dort? Ich würde mich sehr darüber freuen.

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