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"Wenn Du einen Bären zum Tanzen aufforderst ..."

 - "Wenn Du einen Bären zum Tanzen aufforderst ..."
© Pixabay

Ein Blick auf das Verhältnis Österreich-Russland

Oliver Rathkolb23.09.2022

"..., bist nicht Du es, der entscheidet, wann der Tanz beendet ist, sondern der Bär." Dem russischen Sprichwort zum Trotz waren gute Beziehungen zu dem "lupenreinen Demokraten" (Gerhard Schröder) Wladimir Putin auch nach der russischen Invasion der Krim im Jahr 2014 noch lange en vogue. Nicht nur in Deutschland, auch in Österreich hatten der Moskauer Autokrat und seine Entourage leichtes Spiel. Dabei hatte sich Wien während des Kalten Krieges gegenüber den Avancen der Kommunisten bis in die siebziger Jahre unversöhnlich gezeigt. Doch dann nahmen die wirtschaftlichen Interessen überhand.

Das kleine Land Österreich verdankt seine frühe staatliche Wiedergeburt nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches der Kampfkraft und den vielen Opfern der sowjetischen Armee sowie den Plänen des totalitären Diktators Josef Stalin. Der Gewaltherrscher hatte schon Ende 1941 für sich entschieden, die ehemalige Republik aus dem Deutschen Reich herauszuschneiden, ohne sie direkt in den künftigen kommunistischen Einflussbereich zu integrieren. Österreichs Unabhängigkeit sollte nicht nur das Nachkriegs-Deutschland schwächen. Zugleich erhoffte sich Stalin, ein Land in unmittelbarer Nachbarschaft der Peripherie der sowjetischen direkten Einflusszone könne als Verhandlungsmasse im Spiel mit den Westmächten dienen.

Trotz der aktiven Kollaboration vieler Österreicher mit dem nationalsozialistischen Terrorregime konnte schon am 7. April 1945 der alte Sozialdemokrat Karl Renner wie einst 1918/19 als provisorischer Staatskanzler mit dem Segen Stalins gegen die ursprünglichen lnteressen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Frankreichs eine Provisorische Staatsregierung etablieren. Bereits im November 1945 wurde in Österreich die Wahl zum Nationalrat abgehalten.

Gleichwohl ist es die Sowjetunion, die die außen-, aber auch innenpolitische Ausrichtung der Zweiten Republik mitbestimmt. So erkannte Bundeskanzler Julius Raab (ÖVP) nach vielen Jahren kompromissloser Westintegrationspolitik und Teilnahme am Marshall-Plan, dass der Tod Stalins im Jahr 1953 die einmalige Chance bot, das Ende der alliierten Präsenz in Österreich einzuleiten. Der geopolitische Schlüssel für eine internationale Lösung lag freilich noch immer in Moskau. Aber mit der Klärung der Deutschland-Frage durch den Beitritt der Bundesrepublik zur NATO im Mai 1955 war das letzte Hindernis für einen Staatsvertrag mit Österreich gefallen. Die von der Sowjetunion erstrebte Schwächung Deutschlands war durch scheinbar permanente Teilung fixiert.

Fälschlicherweise wird die Zusicherung der militärischen Neutralität Österreichs heute oft auf ein sowjetisches Diktat zurückgeführt. Tatsächlich hatte bereits Anfang 1954 der amerikanische Präsident und Republikaner Dwight D. Eisenhower entschieden, dass eine Neutralität Österreichs nach dem Vorbild der Schweiz eine notwendige Bedingung für den Abschluss eines Staatsvertrages der vier Alliierten darstellte. Erst 1955 entdeckte Stalins Nachfolger Nikita Chruschtschow wieder die Neutralität als eine zentrale Verhandlungsoption, nachdem sie sich als Lockmittel für die Bundesrepublik Deutschland nicht bewährt hatte.

Seit den Gesprächen einer Regierungsdelegation in Moskau im April 1955 verfügten österreichische Politiker in der Folge über spezielle Kommunikationskanäle zur sowjetischen Nomenklatura. Sie sollten sich nicht nur in den Verhandlungen über die Verringerung der Reparationszahlungen durch die Lieferung von Erdöl bewähren. Selbst während der Kuba-Raketenkrise 1962, der heißesten und wohl gefährlichsten Phase der Nachkriegsjahre, fungierte der damalige sozialdemokratische österreichische Außenmister Bruno Kreisky als glaubhafter Überbringer eines sowjetischen Vorschlags. Als "Kreisky-Proposal" führte dieser zur Entschärfung dieses Konflikts im Situation Room des demokratischen US-Präsidenten John F. Kennedys im Westflügel des Weißen Haus: Abzug der amerikanischen Jupiter-Raketen in der Türkei gegen die teilweise schon scharf gemachten sowjetischen SS-4- und SS-5-Trägerraketen auf Kuba.

Damals war die Welt nur noch wenige Stunden von einem Atomkrieg entfernt. Und wenn die amerikanische Luftaufklärung nicht so schlampig gearbeitet, sondern realisiert hätte, dass einige der Raketen bereits mit Atomsprengköpfen bestückt waren, wäre Kennedy wohl dem Drängen der US-Militärs auf einen Befehl zum Angriff auf Kuba nachgekommen.

Auch in den frühen 1970er Jahren spielten die neutralen und die damals blockfreien Staaten eine wichtige Rolle vor allem vor und während der Verbandlungen über die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit Europa (KSZE). Dem österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky war aber immer bewusst, dass dieser wichtige Schritt auf dem Weg einer Entspannung zwischen Ost und West gleichzeitig von einem kompromisslosen Bekenntnis zur ideologischen Konfrontation mit dem kommunistischen totalitären sowjetischen Regime begleitet werden müsse: Friedliche Koexistenz war in den 1960er und 1970er Jahren keine Einbahnstraße Richtung Moskau, sondern für viele Politiker ein unaufgebbarer Teil einer friedlichen Gesamtstrategie zur Erosion des Kommunismus.

Bruno Kreisky nutztze sogar die Unterzeichnung der KSZE-Akte im Jahr 1975 in Helsinki, um im Unterschied zu den meisten anderen Staatsmännern ganz klar die Fortsetzung der ideologischen Konfrontation zwischen westlicher Demokratie und Kommunismus zu fordern. Ausführlich legte der SPÖ-Politiker die ideologische Frontstellung mit den Worten offen, die "Koexistenz – unter der wir die heute mögliche Form friedlicher Beziehungen verstehen – (könne) nicht als für den ideologischen Bereich gültig angesehen werden". Der österreichische Bundeskanzler hat an diesen Formulierungen bis kurz vor seinem Auftritt im Kreis der Staats- und Regierungschefs eigenhändig gearbeitet. Diplomaten im sowjetischen Außenministerium meinten danach halb scherzhaft, Kreisky habe "dem Kommunismus den Krieg erklärt". Gegenüber der Tschechoslowakei, aus der Kreiskys Ahnen stammten, ging er noch härter vor. Der Sozialdemokrat intervenierte immer zugunsten des Dissidenten Václav Havel und sorgte in Wien persönlich für geflüchtete oder ausgebürgerte Anhänger der Charta-77-Bewegung. Entsprechend angespannt blieben die bilateralen Beziehungen.

Der Wendepunkt der sozialdemokratischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland und Österreich, die ideologische Konfrontationsbereitschaft zurückzustellen, fiel in die Zeit der Massenproteste der polnischen katholischen Gewerkschaftsbewegung Solidarność. Kreisky forderte die streikenden Arbeiter unverblümt auf, in die Bergwerke zurückzukehren und Kohle für die verstaatlichten Stahlbetriebe in Österreich zu schürfen. Über die Frage der Unterstützung für Solidarność kam es sogar zu einer der wenigen öffentlichen Auseinandersetzungen zwischen Kreisky und dem Wiener Erzbischof Kardinal Franz König.

Dieser Bruch mit der überkommenen Politik während des Kalten Krieges – friedliche Kooperation ja, Ende der intensiven ideologischen Konfrontation nein – hing in Österreich aber nicht nur mit den beiden Ölkrisen der 1970er-Jahre zusammen: Kohle und später auch Erdöl sowie Gas aus dem Ostblock sollte als Ersatz für das Rohöl aus dem Nahen Osten dienen. Um die Folgen der Wirtschaftskrise vor allem für den damals noch hohen Anteil verstaatlichter Betriebe und Banken nach der Erhöhung der Preise für OPEC-Öl aufzufangen, versuchte die österreichische Regierung zudem, die Wirtschaftsbeziehungen mit dem kommunistischen Ostblock zu intensivieren.

Der Vorrang der Interessen der (Staats-)Wirtschaft vor den ideologischen Grundlinien zur Verteidigung der parlamentarischen Demokratie und der Menschenrechte zieht sich wie ein roter Faden auch durch die Zeit nach dem Ende des Kalten Krieges 1989/1991. Anders als nach dem Zweiten Weltkrieg gab es jedoch keinen Marshallplan für eine Transformation der Wirtschaft, diesmal der staatssozialistischen ökonomischen Systeme. Während die Gesellschaft der Russischen Föderation in den 1990er-Jahren in eine wirtschaftliche Existenzkrise schlitterte, blühte im "goldenen Osten" der Raubtierkapitalismus.

Während der Marshallplan für Westeuropa von 1947 an auch auf die Stärkung der parlamentarischen Demokratie gerichtet war und die europäische Einigung förderte, fehlten derartige Konzepte nach 1989 und 1991 für die ehemals kommunistischen Staaten und auch für die Sowjetunion. Zwar wurde immer wieder auch in Brüssel von einem gemeinsamen europäischen Plan geredet, aber letzten Endes dominierten private beziehungsweise nationale ökonomische Interessen. Nur in wenigen Fällen wurde die extrem schwierige soziale und wirtschaftliche Situation der Gesellschaften nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft wirklich berücksichtigt.

Bald nach dem Untergang der Sowjetunion überließ der russische Staats- und Parteichef Boris Jelzin in Zuge der Privatisierung die Staatsunternehmen einer kleinen Schicht von Glücksrittern, ehemaligen kommunistischen Jugendfunktionären und Beamten. Die Verarmung weiter Teile der Bevölkerung war die Folge. Bettler und Arbeitsuchende waren in den frühen 1990er-Jahren vielerorts Teil des Stadtbildes. Im Westen kümmerte diese desaströse Entwicklung niemanden.

Spätestens im Jahr 2009 hätten alle Alarmglocken schrillen müssen. Jelzins Nachfolger Wladimir Putin ließ im Streit über Abrechnungen von Gastransfers mit der Ukraine die Lieferung von Erdgas nach Österreich für vierzehn Tage stoppen. Obwohl die Leitung durch die Ukraine auch als technisch unsicher galt, ändert dies nichts an der Energiepolitik der Regierungen. Im Gegenteil: Weil das Gas aus Russland billig war, wurde die Abhängigkeit noch vergrößert. 2009 bezog Österreich etwa die Hälfte seines Gases aus Russland. Im Juli 2022 waren es sogar  87 Prozent.

Schon 2015 hatte ein westlicher Geheimdienst vor einem möglichen neuen deutschen Chef der teilstaatlichen Österreichischen Mineralölverwaltung (ÖMV) gewarnt – vergebens. Die prorussische Lobby um den damaligen Außenminister und künftigen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) war stärker und drückte seinen Wunschkandidaten durch. Kafkaesk, aber letztlich zutreffend ist eine E-Mail eines ÖMV-Vorstands aus jener Zeit: "St. Petersburg hat Rainer S. nominiert: Er/Du/René (Anm. Benko) und ich im Kreis um Seb. (Anm. Kurz) und großer Chef passt das?"

Rainer Seele, der bereits bei der BASF-Tochter Wintershall auf die russische Karte gesetzt hatte, machte die Diversifizierungsstrategie seines Vorgängers Gerhard Roiss zunichte. Roiss, der am Ende einer Intrige zum Opfer fiel, hatte auf Erdgas aus Norwegen gesetzt und 2012 eine gigantische Gasreserve im Schwarzen Meer vor Rumänien gesichert. Dieses Projekt soll nun im kommenden Jahr verwirklicht werden – es geht um bis zu 200 Milliarden Kubikmeter Erdgas.

Das strategische Ziel von Roiss war, "ein Drittel aus Rumänien, ein Drittel aus Norwegen, rund zehn Prozent aus Österreich und das verbleibende Viertel aus Russland" zu beziehen. Übrigens: Seele wurde gekündigt und als Vorstand von der Hauptversammlung für 2021 erst im zweiten Anlauf entlastet. Da half auch der "Orden der Freundschaft" nichts mehr, den ihm Putin 2018 verliehen hatte. Zumindest in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss wird jetzt klar, dass die Russlandlobby gerade im Umfeld des ÖVP-Kanzlers ungemein aktiv war. Strategische Diversifizierung der ÖMV war nicht angesagt. Zu verlockend war nicht nur der günstige russische Einkaufspreis, sondern auch die Aussicht auf gewinnbringende Positionen in russischen staatsnahen Unternehmen.

Fast vier Monate nach der Invasion der Krim im Jahr 2014 wurde Putin beispielsweise von der österreichischen Wirtschaftskammer eingeladen – ein Staatsbesuch macht sich ja nach dieser massiven Verletzung des Völkerrechts so gut. Im Zentrum der Interessen und der in herzlicher Atmosphäre geführten Gespräche standen russische Investitionen in Österreich sowie der russische Markt. Die brutale Verfolgung Oppositioneller wurde ebenso verdrängt wie die Zerschlagung unabhängiger Medienstrukturen oder die Ermordung von Journalistinnen und Journalisten.

Besonders skurril war die Diskussion zwischen dem damaligen Wirtschaftskammerpräsidenten Leitl und Präsident Putin. Der rief Leitl nach einem Hinweis auf die lange Amtszeit und auf drei Treffen mit Putin "Diktatur" zu. Dann aber – nach einigen Schrecksekunden – auf Deutsch abmilderte "gute Diktatur". Auf diese Weise wurde ein demokratisch gewählter Kammerfunktionär von einem Diktator zum antidemokratischen Kumpel stilisiert und lächerlich gemacht. Noch absurder war Leitls Hinweis, dass 1914 ein Teil der Ukraine bei "Österreich" war, das heißt, Teil der Habsburgermonarchie. Auch hier drehte Putin schnell die Situation zu seinem Vorteil und forderte konkrete Vorschläge nach dem Hinweis: "Was soll das heißen?" Befürchtete er österreichische Gebietsansprüche, die seinen eigenen zuvorkommen könnten?

Österreichische, größtenteils großzügig staatlich finanzierte Kulturunternehmungen profitierten ebenfalls von den besonders engen Beziehungen der politischen Führung des Landes mit der russischen Führung. Die rechtspopulistische FPÖ hatte vor ihrer Beteiligung an der von der ÖVP geführten Bundesregierung im Jahr 2016 sogar für fünf Jahre einen Kooperationsvertrag mit Putins Partei "Einiges Russland" abgeschlossen. Da war es nur logisch, dass die parteilose Außenministerin Karin Kneissl, die in der ÖVP/FPÖ-Koalition von der FPÖ benannt worden war, das zentrale politisch-kulturelle Dialogforum, den Sotschi-Dialog, mit Außenminister Sergej Lawrow in Moskau 2019 formell vereinbarte. Gemeinsam mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen sollte sie es dann auch eröffnen. Das Forum wurde zu einem ganz wichtigen Ort, um weitere Verbindungen mit russischen Unternehmen und Oligarchen im Bereich des Kultursponsorings anzubahnen.

Spätestens mit der Invasion auf der Krim im Jahr 2014 hätte klar sein müssen, dass die politische Rechnung, dass wirtschaftliche Verflechtungen und Kulturproduktionen Staaten trotz unterschiedlicher ideologischer Grundausrichtung verbinden und Kriege verhindern, nicht mehr aufgeht. Ganz im Gegenteil, das russische Regime nützte den Geldregen, um die eigentlichen brutalen machtpolitischen Interessen zu vernebeln. Viele Kulturverantwortliche in Österreich, Deutschland und Europa spielten dieses Spiel dankbar mit. Bis heute sind selbstkritische Einlassungen selten, obwohl niemand gezwungen wurde, nach der Invasion der Krim Subventionen von russischen Staatsfirmen oder kremlnahen Oligarchen anzunehmen. Zumindest Bundespräsident Van der Bellen fand bei der Eröffnung der Bregenzer Festspiele im Sommer selbstkritische Worte und bedauerte es, wie er sich von Putin habe täuschen lassen.

Die völkerrechtswidrige Aggression Russlands gegen die Krim war ebenso rasch vergessen wie die Pseudosanktionen der EU. Diese bestärkten Putin letztlich nur in seinem aggressiven Kurs, da sie völlig untauglich waren. Doch viele maßgebliche Politiker scherte dies nicht. So drückte Außenministerin Kneissl 2018 Putin bei einem offiziellen Treffen eine Einladung zu ihrer Hochzeit in die Hand – und der russische Präsident erkannte den Propagandawert der Hochzeitsbilder sofort. 90 Minuten inmitten eines idyllischen Ortes in der Steiermark reichten: Präsident Putin tanzte – ganz Kavalier der alten Schule – mit der Braut. Kneissl machte nicht nur vor dem russischen Staatschef einen tiefen Knicks, sondern wiegte sich auch zu den Klängen eines Kosakenchores. Das Hochzeitsgeschenk Putins – Saphirohrringe im Wert von 50.000 Euro – zog allerdings das österreichische Außenamt an sich. Ungeachtet heftiger Proteste Kneissls lagern sie noch immer in einem Tresor am Ballhausplatz. Die vormalige Außenministerin fühlt sich aber bis heute in ihrem Land verfolgt und lebt nach einem Gastspiel in Frankreich im Libanon, wenn sie nicht gerade an Wirtschaftskonferenzen in Sankt Petersburg teilnimmt.

Während Kneissl ihrer Heimat den Rücken kehrt, kann eine von Putins Töchtern nicht genug von Österreich kriegen: Katerina Tichonowa reiste nach 2015 mehrfach nach Wien und nach Kitzbühel, streng bewacht von russischen Bodyguards – angeblich aus der Moskauer Präsidentenwache. Diskret auch der Kitzbüheler Luxushotelier, der dazu keine Auskünfte erteilt. Die österreichischen Sicherheitsbehörden konnten hingegen glaubhaft versichern, keine Ahnung gehabt zu haben, welch illustre Gäste sich im Land aufhielten.

Trotz aller Vorbehalte ist es selbst im neuen blutigen Kalten Krieg 5.0 wichtig, seitens der EU-Entscheidungsträger den direkten Kontakt mit Moskau nicht abbrechen zu lassen und inmitten der Kritik an der menschenverachtenden Invasion in der Ukraine und den unhaltbaren Zuständen der Menschenrechte in Russland selbst weiter direkte Verhandlungen und das Gespräch zu suchen. Letztlich hat eine solche Linie mitgeholfen, den ursprünglichen Kalten Krieg zu beenden.

Die politischen Akteure der EU und der demokratisch gesinnten Welt sollten jedoch gleichzeitig wieder zur ursprünglichen Strategie der Politik der friedlichen Koexistenz und der Ostpolitik vor 1981 zurückkehren. Das Ziel muss sein, einerseits Konflikte abzubauen, Kriege zu verhindern oder zumindest zu beenden, aber andererseits die klare ideologische Auseinandersetzung mit der Forderung nach parlamentarischer Demokratie und Einhaltung der Menschenrechte zu verstärken und nicht zugunsten kurzlebiger Bilanzgewinne und der Reduktion öffentlicher Ausgaben aufzugeben.

Oliver Rathkolb
(RC Wien-Stephansplatz)

Oliver Rathkolb

Oliver Rathkolb, RC Wien-Stephansplatz, ist Univ.-Prof. am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien und Institutsvorstand sowie Mitglied des Senats der Universität Wien. Er ist Autor, Herausgeber und Mitherausgeber zahlreicher zeitgeschichtlicher Publikationen, zuletzt „Schirach. Eine Generation zwischen Goethe und Hitler“, sowie Mitglied der Forschungsgruppe Rotary-Geschichte.

memorial-rotary.de

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