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Hoffmeisters Fundstücke

Aufstrebendes Litauen

Hoffmeisters Fundstücke - Aufstrebendes Litauen
© Jessine Hein/llustratoren

Das kleine Land hat viel zu bieten – glänzende Städte und magische Natur, ein Sinfonieorchester mit ausdrucksstarken Klangtableaus und eine sich zu entdecken lohnende Küche.

Martin Hoffmeister01.07.2021

Kultur, Geschichte, unberührte Natur, magische Landschaften: Litauen vermag einzunehmen mit vielgesichtigen touristischen Angeboten, inspirierenden Kontrasten und einem spezifischen Amalgam östlicher und westlicher Prägungen, historischem Glanz und pulsierender Urbanität. Insbesondere die grüne Metropole Vilnius, deren Altstadt 1994 zum Unesco-Weltkulturerbe avancierte, verkörpert – State of the Art – den Geist einer Nation, mit der zu rechnen sein wird.

Zu den ersten künstlerischen Adressen der Stadt zählt fraglos das Litauische Nationale Sinfonieorchester. Seit seiner Gründung im Jahr 1940 bereiste das Ensemble die führenden Konzertsäle des Kontinents und arbeitete mit Klassik-Granden wie Neeme Järvi, Kurt Masur, Krzysztof Penderecki oder Mstislaw Rostropowitsch zusammen. Die aktuelle CD („Lamentate“) des Orchesters versammelt Schlüsselwerke des estnischen Komponisten Arvo Pärt wie Lamentate, Fratres oder Für Alina. Flankiert von eindrücklichen Solisten wie Onute Grazinyte und Edward King entfalten Dirigent Modestas Pitrenas und seine Musiker ausdrucksstarke, zwischen Intimität und Intensität oszillierende Klangtableaus, deren fragil-luzider Kern eher dem Himmlischen zuneigt als irdischer Verwerfung.

2021, baltische Küche, simon Bajada, litauen, DK Verlag
©  DK Verlag

Kulinarisch gehören Litauen, Estland und Lettland noch immer zu den eher unerschlossenen Regionen Europas. Entsprechend überschaubar präsentiert sich die Auswahl kuratierter Publikationen zum Thema. Vorliegender Band des Reise- und Food-Journalisten Simon Bajada nimmt sinnfälliger Weise die baltische Küche als Ganzes in den Blick, denn jenseits weniger originärer Rezepte der jeweiligen Länderküchen entwickelte sich über die Jahrhunderte eine stattliche Reihe gemeinsamer Gerichte-Klassiker. Zu begreifen ist die solitäre kulinarische Mixtur nicht zuletzt vor dem Hintergrund der wechselnden kulturellen Einflüsse und der spezifischen Klima-, Boden- und Wasser-Verhältnisse der Region. Wie viel Varianz eine Küche zulässt, die sich ausschließlich aus heimischen Zutaten, Gewächsen, Tier- und Fischbeständen rekrutiert, faltet der stilvoll bebilderte Band exemplarisch auf: Allein das weite Spektrum litauischer Delikatessen zwischen Hechtklößchen in Dillbrühe, Kartoffelklößen mit Frischkäsefüllung (Cepelinai), Eichelkaffee mit Karamellaromen oder Honigkuchen mit brauner Buttercreme vermittelt prägnante Eindrücke eines authentischen Küchenkosmos, der kraftvoll-geradlinige Gaumenfreuden und subtil abgeschmeckte Food-Preziosen apart zu kombinieren vermag.

2021, litauen, hotel narutis
© PR

Die Aura der Vilniuser Altstadt mit ihren zahllosen Architektur-Monumenten, mit ihren Kirchen, Schlössern, Museen, Theatern, Parks, Plätzen und Palästen wirkt nach. Die Gegenwart von mehr als 600 Jahren Baugeschichte auf wenigen Hundert Metern lässt den Besucher eintauchen in unentdeckte Wahrnehmungsdimensionen. Die Fünf-Sterne-Residenz „Narutis Hotel“ an der Haupttangente des historischen Viertels hat sich in Räumlichkeiten aus dem 15. und 16. Jahrhundert eingerichtet. In nur wenigen Schritten sind einige der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt erreichbar. Wer die Edelherberge betritt, fühlt sich unmittelbar eingenommen vom kultiviert gestalteten Ambiente, das, farblich dezent arrangiert, hochwertige Fauteuils, Wandtäfelungen, erlesene Stoffe, Gemälde, Spiegelelemente und fein abgetönte Beleuchtung zu einem repräsentativen, aber niemals überladenen Ganzen fügt. Ebenso die individuell inszenierten, großzügigen Zimmer lassen auf angenehme Weise eher an die elegante Grandezza gehobener englischer Landhotels erinnern als an ein Stadt-Resort. Der Reise wert!

2021, baltic times, zeitschrift, litauen
Die "Baltic Times"

(Detail-)Informationen zu aktuellen Entwicklungen in den baltischen Staaten stehen nicht eben im Fokus mitteleuropäischer Mainstream-Medien. Wer beruflich oder privat auf Nachrichten aus der aufstrebenden Region Ostmitteleuropas angewiesen ist, hält sich in der Regel an die 1996 gegründete Baltic Times. In englischer Sprache offeriert das Blatt neben einem konsistenten Nachrichtenteil Analysen, Kommentare und kuratierte Veranstaltungshinweise.


  • Lithuanian National Symphony Orchestra, Arvo Pärt – Lamentate, Onute Grazinyte, Modestas Pitrenas, Accentus Music, CD
  • Simon Bajada, Die baltische Küche. Eine kulinarische Reise durch Estland, Lettland und Litauen, DK Verlag, 224 S., über 100 Abb., 24,95 Euro, Buch
  • Narutis Hotel, Vilnius, Pilies g. 24, LT-01123 Vilnius, narutis.com
  • Baltic Times, baltictimes.com
Martin Hoffmeister

Martin Hoffmeister publiziert regelmäßig in nationalen und internationalen Magazinen und Zeitungen. Als Redakteur im Kulturressort des MDR-Hörfunk beobachtet er die Musik- und Literaturszene seit mittlerweile drei Jahrzehnten. Im Rotary Magazin empfiehlt er Neuerscheinungen aus dem Kulturleben und Fundstücke von seinen Reisen.

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