Hoffmeisters Empfehlungen
Genius loci
Ein Hotel, zwei Städte, zehn CDs, die vom Zauber ganz besonderer Orte zeugen.
Der Geist eines Ortes zeitigt Spuren. Er vermag Abscheu und Sehnsucht ebenso zu generieren, wie er als Flucht-, Inspirations- oder Schutzpunkt taugt. Die Erfahrung auratischer Wucht geht einher mit dem Wunsch nach steter Wiederkehr. Ob Metropole, Berghütte mit Aussicht, Kathedrale, Marktplatz, Buchhandlung, Konzertsaal oder die Bank am Fjord: Im Genius loci korrespondieren Rätsel und Magie.
Der Markgräfler Kurort Badenweiler an den Ausläufern des Südschwarzwaldes steht für das Beste vieler Welten: Umgeben von Weinbergen mit opulenten Ausblicken auf Rheinebene und Vogesen besticht das Kleinod nicht nur durch mediterranes Klima, pittoreske Burgruine, gepflegte Therme und dichtes Kulturangebot, sondern präsentiert ebenso hochkarätige Hotellerie und erlesene Kulinarik. In bester Ortslage oberhalb des weitläufigen Kurparks gelegen vermochte das Romantik Hotel zur Sonne mit 35 stilsicher und atmosphärisch gestalteten Zimmern, zumal einer Küche, die regionale und sorrentinische Einflüsse kombiniert, über Jahrzehnte zu einem der führenden Hotspots südlich gestimmter Gastlichkeit zu avancieren.
Die Musikgeschichte Neapels zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert markiert fraglos Gipfelpunkte des europäischen Kulturkanons. Getragen von stilistischem Raffinement, eminenter Farbigkeit, Form- und betörendem Klangsinn, versammelt das vielgestaltige Repertoire unterschiedliche Gattungen und Genres zwischen Sakral- und Kunstmusik, Oper, Straßenund Volksmusik. Dem weiten musikalischen Spektrum insbesondere des 18. Jahrhunderts trägt vorliegende 10-CD-Box mit bemerkenswerten Einspielungen renommierter Alte-Musik-Ensembles und -Solisten Rechnung. Referenz – nicht zuletzt wegen der konsequenten Berücksichtigung unbekannter Werke.
Weimar bietet Besuchern wie Einheimischen, Historikern, Kulturwissenschaftlern, Musikbegeisterten, Literaten oder Flaneuren eine Fülle von Perspektiven und mentalen Ankerpunkten. Namen wie Goethe, Schiller, Liszt und Bauhaus drängen sich im Zusammenhang mit der thüringischen Stadt ebenso auf wie Anna-Amalia-Bibliothek, Belvedere oder Buchenwald. Im Spannungsfeld wechselnder Geschichte(n) ist das Erinnerungsbuch des hochdekorierten Musikwissenschaftlers, Dirigenten und Autors Peter Gülke verortet. Der gebürtige Weimarer verließ 1983 die DDR und kehrte 1990 in eine, wie er schreibt, „andere“ Stadt, zurück. Kurzweilig, eloquent und entschieden persönlich nähert sich Gülke der aufgeladenen Stadthistorie und eigenen Erfahrungen zwischen ausgedehnten Parkgängen, Musiksozialisation, Ettersberg-Besuchen, nationalsozialistischem und stalinistischem Erbe, Geistesgeschichte und ästhetischer Erkenntnis. Als Zeitzeuge und Intellektueller reflektiert, skizziert und kommentiert Gülke Größe, Verwerfungen und Indifferenz einer Stadt, zu der er bis heute ein zwiespältiges Verhältnis pflegt.
Die im 17. Jahrhundert entstandene, in ihrer Pracht fast verschwenderisch konzipierte „Galerie Doree“ im Hotel de Toulouse in Paris bietet das angemessene wie sinnstiftende Ambiente für ein Konzert des französischen Ensembles Le Concert de la Loge, das neben Werken französischer Barockmeister auch Musik von Händel, Haydn, Mozart und David versammelt.
Die Filmdokumentation nach einer Idee des Geigers Julien Chauvin synchronisiert in suggestiver Manier barocke Gemäldekunst und Konzerterleben.
- Hotel, Romantik Hotel zur Sonne, Moltkestraße 4-5, 79410 Badenweiler, zur-sonne.de
- CD-Box Napoli, At the Crossroads between Popular and Art Music, Arcana, A 201 (10 CDs)
- Peter Gülke, Mein Weimar, Insel, 172 S., 20 Euro
- Blue ray, Galerie Doree – Le Concert du Tricentenaire, Julien Chauvin – Le Concert de la Loge, Quatuor Cambini, Jodie Devos, Justin Taylor, Thomas Dunford, Atsushi Sakai, Tami Krausz, Bel Air Classiques, EDV 1681
Martin Hoffmeister publiziert regelmäßig in nationalen und internationalen Magazinen und Zeitungen. Als Redakteur im Kulturressort des MDR-Hörfunk beobachtet er die Musik- und Literaturszene seit mittlerweile drei Jahrzehnten. Im Rotary Magazin empfiehlt er Neuerscheinungen aus dem Kulturleben und Fundstücke von seinen Reisen.
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