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Porträt

Wo aus dem ABC Kunst entsteht

Porträt - Wo aus dem ABC Kunst entsteht
Die Kunst des „Schönschreibens“ liegt Katharina Pieper im Blut. © Martin Baus

Die Kalligrafin Katharina Pieper verbindet Schriftkunst und Malerei. Ihre Werke werden weltweit ausgestellt. 2017 gründete sie ihr Zentrum für Kalligrafie.

Heinz Weinkauf01.04.2020

Wenn einem die künstlerische Begabung für Zeichnen und Malen in die Wiege gelegt wird und man dann noch in einem den Künsten zugetanen Elternhaus aufwächst, zeigt der Lebenswegweiser gern schon in die Richtung, in der es einmal weitergehen könnte. So jedenfalls war es bei Katharina Pieper, für die es sinnfällig in Richtung Kunst weiterging. Nach dem Abitur führte sie der Weg nämlich in die angewandte Kunst, als sie an der Fachhochschule Wiesbaden Kommunikationsdesign studierte. Fasziniert von der Schriftgestaltung entdeckte sie ihre Liebe zur Kalligrafie, die ihr zur Berufung wurde.

Verbindung von Schrift und Malerei

Gerade 25, eröffnete die 1962 in Saarlouis geborene Diplom-Designerin ihr erstes Atelier in der saarländischen Universitäts- und Industriestadt Homburg. Der Erfolg blieb nicht aus. „Mit einer künstlerisch gestalteten Schrift ist es möglich, Worten einen dem Inhalt entsprechenden Ausdruck zu geben“, erklärt Katharina Pieper, und also komme es darauf an, stets geeignete oder sogar neue Schriften für bestimmte Inhalte zu finden. Schriftkünstlerische Arbeit sei immer ein Prozess, der von Entwicklung und Experiment geprägt werde. Das gilt vor allem für das freie künstlerische Schaffen von Katharina Pieper, das der klassischen Schriftkunst die Malerei zugesellte. Schrift und Malerei verbinden sich dabei zu einer neuen eigenständigen Kunstform. Dabei gestaltet sie den Schreibuntergrund als Aquarell oder in Acryl, und darauf setzt sie dann ihre kunstvolle Schrift. Für Katharina Pieper ist die Kalligrafie „die ideale künstlerische Ausdrucksform, weil sie viele Aspekte von der Historie bis zur Moderne vereint und eine unendliche Freiheit zulässt“.

Weit über Europa hinaus erfreut sich die Schriftkünstlerin hohen Ansehens. In bis heute mehr als 240 Einzel- und Gruppenausstellungen in aller Welt waren ihre Arbeiten zu sehen. Diese finden sich auch in vielen renommierten Museen, Bibliotheken und Sammlungen, vom Klingspor Museum in Offenbach über die Akademie der Künste in Berlin bis nach Russland, in die Vereinigten Arabischen Emirate oder nach Indien.

Stiftung Schriftkultur

Ein lang gehegter Wunsch von Katharina Pieper erfüllte sich, als sie 2017 ihr Zentrum für Kalligrafie gründen konnte, das in Gedanken schon lange fertig war. Heute ist es fest etabliert, mit internationaler Ausstrahlung. Getragen wird es von der Stiftung Schriftkultur, von Katharina Pieper im Jahr zuvor als gemeinnütziger Verein ins Leben gerufen.

Ehrgeizige Pläne hat die Kalligrafin mit diesem Vorhaben verwirklicht. Den geeigneten Ort dafür fand sie im Seitenflügel eines hervorragend restaurierten und sanierten spätbarocken Landsitzes eines Pfalz-Zweibrücker Herzogs: Gut Königsbruch bei Homburg – der ideale Rahmen für Katharina Piepers Wunschprojekt. Mit Atelier, Galerie, Bibliothek, Archiv, Museum und Akademie ist es als Institution einzigartig,

Ohne Beispiel ist die Bibliothek mit in- und ausländischer Fachliteratur, mit Themen von der Handschrift bis zur Typografie – zusammengewachsen aus den Büchersammlungen von Katharina Pieper und deren früh gestorbenen Berufs- und Lebenspartner Jean Larcher (1947–2015), einem genialen französischen Schriftschöpfer und Schriftkünstler. Ihm ist auch das Archiv gewidmet. Es bewahrt das Erbe und die Erinnerung an die außergewöhnliche Kreativität dieses Ausnahme-Kalligrafen. Ein historischer Gewölbekeller ist Hülle und Schirm des Museums, eines Refugiums der uralten Geschichte von Handschrift und Kalligrafie.

„In der Akademie der Stiftung Schriftkultur wird das Schreiben großgeschrieben.“ Mit diesem Wortspiel wird auf deren Lehrveranstaltungen hingewiesen: Kurse, Workshops und Vorträge, das Erlernen der Kalligrafie vom Grundkurs bis zur Masterclass. Die Akademie ist ein Lieblings- kind von Katharina Pieper, hat sie doch gerade ein Jahr nach Abschluss ihres Studiums – 26 Jahre war sie damals – schon die ersten Lehraufträge für Schriftgestaltung erhalten. Früh an Hochschulen und Fachhochschulen hierzulande unterrichtend, folgten bald Einladungen als Dozentin und Workshop-Leiterin in viele Länder Europas, in die USA und nach Südafrika. Und dann gibt es noch die Edition Katharina Pieper, Hort ihres Wirkens als Autorin und Herausgeberin von Büchern und Katalogen.

Der Buchstabe als Ereignis

Nicht selten finden sich in der Stiftung Schriftkultur auf Gut Königsbruch Besucher ein, und sie kommen von überallher, dorthin, wo der Buchstabe zum Ereignis wird: Liebhaber und Kenner, Kunstfreunde und Künstler, Lernende und Könner, Studierende und Fragende, Bewundernde und Begeisterte.


Zur Person

Die international hoch angesehene Kalligrafin Katharina Pieper ist gegenwärtig Präsidentin des RC Homburg-Saarpfalz. Rotarisches Leben ist ihr von Kindheit an vertraut, auch der Vater war Rotarier. Ihr eigenes Lebensprinzip „Liebt leidenschaftlich eure Aufgabe. Es gibt keine bessere“ machte sie auch zum Motto ihres Clubjahres mit viel Kunstvermittlung.