Distrikt 1810

Ästhetik der Heilung

von Monika Hörig |
| Lesezeit: 2 Minuten

Es ist ein anspruchsvolles Thema, das sich Veit Krenn, Mitglied im RC Schweich Römische Weinstraße und Pathologe, für seine künstlerische Arbeit vorgenommen hat: Er dokumentiert in Grafiken die Heilung eines früher diagnostizierten Tumorgewebes.

Dafür hat sich Krenn die Technik des "GewebeArtPrint (TissueArtPrint)" patentieren lassen, ein neu entwickeltes Druckverfahren, das über eine 3-D-Bearbeitung die Erstellung von Tiefdrucken zur künstlerischen Nutzung ermöglicht.

Die gänzlich anonymisierten, mikroskopisch-histologischen Schnittpräparate werden dabei durch den künstlerischen Akt aus dem Kontext der medizinischen Diagnostik herausgeholt und somit ästhetisiert. Zu sehen sind die Kunstwerke vom 28. September bis 12. Oktober im Stadttheater Aschaffenburg.

Veit Krenn: "Der positiven Nachricht über die gänzliche Heilung der ehemals Schrecken erzeugenden Diagnose wird somit ein Denkmal gesetzt, ja das Leben gefeiert. Die Zellen sind eine Transformation durchlaufen; ehemals gesunde Zellen wurden durch mutierte Zellteilung zu Tumorzellen. Wie in den in der Ausstellung gezeigten Fällen können neueste neoadjuvante Therapien (zumeist Chemotherapie, Tumorbestrahlung oder Hormontherapie vor der Operation) zur vollständigen Auslöschung des Tumors führen."

Die Bildende Kunst wie auch die Musik, die Kultur überhaupt werden nicht umsonst als "Balsam für die Seele" bezeichnet. Im Werk von Veit Krenn nimmt dieser "Balsam" Gestalt an – in Form der für sich stehenden, rein ästhetisch wahrnehmbaren Grafiken. Durch das Wissen um den Ausgangspunkt ihrer Entstehung gewinnen die Kunstwerke zusätzlich an Suggestionskraft und werden zu Botschaftern der Hoffnung. Diese Hoffnung lässt sich anfassen, "begreifen": die 3 D-Reliefs dürfen betastet werden.

Zum interdisziplinären Erlebnis wird die Ausstellung durch ein Theaterkonzert am 12. Oktober. Darin wird der in Aschaffenburg lebende Komponist Joachim F.W. Schneider die Kunst Veit Krenns zum Klingen bringen. Seine in diesem Kontext entstandene Komposition "Hymnus" wird an diesem Abend uraufgeführt.

Es thematisiert die Heilung, als Rückkehr zu körperlicher und seelischer Integrität, des Prozesses des Wieder-Ganz-Werdens und ist von der Ausstellung "Ästhetik der Heilung" inspiriert. Oder wie Joachim F.W. Schneider es formuliert: "Hymnus ist keine musikalische Darstellung von Heilung – sondern eine klangliche Annäherung an ihre Möglichkeit. Ein Ritual der Hoffnung, das gegen die Dunkelheiten der Welt einen anderen Ton setzt."

Zu den mit Heilung verbundenen Transformationen lassen sich in dem Werk Analogien in einer romantischen Sinfonie wie Antonín Dvořáks Achter entdecken. Und Sergei Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 2 lässt sich ohne Übertreibung als Station oder Zwischenergebnis eines Heilungsprozesses beschreiben.

Beide Werke werden an diesem Abend zu hören sein. Dirigent ist Thomas Jung, am Klavier ist Chi-Ho Han zu hören.

Ein im Wortsinn mannigfaltiges interdisziplinäres Projekt, dessen Realisierung die Rotary Clubs in Aschaffenburg unterstützt haben.

Monika Hörig

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