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Inclusion/Inklusion – eine Begriffsklärung

Newsletter DEI - Inclusion/Inklusion – eine Begriffsklärung
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Im Juni-Newsletter des DEI-Verantwortlichen geht es um Begrifflichkeiten und ihre Bedeutung.

20.06.2023

Geschätzte rotarische Mit-Menschen,

die erste entsetzte Reaktion am Tisch in meinem eigenen Club und die vielen Gespräche – auch zuletzt auf der Distriktkonferenz – veranlassen mich, eine Begriffsklärung von Inclusion (mit c!) zu versuchen.

Ja, im deutschsprachigen Raum und so auch bei uns in Österreich ist Inklusion (mit k!) sinn- und sachverwandt mit Integration. Im Wesentlichen geht es bei dieser Begriffsverwendung um die Inklusion beziehungsweise  Integration von all jenen Menschen, die Betroffene und Beteiligte im Disability-Diskurs [1] sind. Ich verwende bewußt das englische Disability, da dort dieser Begriff unumstritten ist, die deutschen Ausdrücke hingegegen allesamt von verschiedenen Gruppen als stigmatisierend empfunden werden – und ich nicht in das Minenfeld und Sperrfeuer der Identitätspolitik geraten will. Integration wird bei uns auch gerne im Zusammenhang mit Menschen mit Migrationshintergrund beziehungsweise Asylsuchenden und -gewährten verwendet.

Wie viel weiter ist die Inclusion (mit c!) wie sie international und so auch im Rahmen von DEI verstanden wird! Inclusion ist am leichtesten am Gegensatz erklärbar: alles exclusive, also alles, das Menschen aus vielfältigsten Gründen an der Teilnahme und auch der Mitgliedschaft ausschließt, ist eben eines nicht: inclusive!

Auf Rotary Clubs angewandt: Nur Frauen oder nur Männer ist exclusive; nur über 40-Jährige oder nur unter 50- Jährige ist exclusive; nur bestimmte Berufsgruppen ist exclusive.

Rotary Clubs sollen aber – nicht nur gemäß mehrerer Passagen des aktuellen Verfahrenshandbuches – in ihren Mitgliedern ein Abbild der Gesellschaft sein, in der der einzelne Club lokalisiert ist. Mir ist nun in Österreich keine Gegend bekannt, die ausschließlich von Männer oder Frauen bewohnt wird, ja nicht einmal der aktuelle Frauenanteil in unserem Distrikt ist irgendwo Abbild der Gesellschaft. Das gleiche gilt bei auch steigender und steigender Anzahl von Menschen mit Universitätsabschluss versus andere Berufsgruppen – und abgesehen von entsprechenden Einrichtungen ist wohl nirgends in Österreich der Anteil älterer Menschen mitsamt dem Durchsschnittsalter so hoch wie in vielen Clubs in unserem Distrikt.

Es geht um ein Bekenntnis zur Inclusion, und darum, diesen Weg zu beschreiten – mit ersten und vielen weiteren Schritten! Dass Rotary eine statusgetriebene Vereinigung sein soll, das war einmal! Heute und auch in weiterer Zukunft soll Rotary aus handelnden Menschen bestehen: also Menschen, die sich durch das charakterisieren, was sie tun und weniger durch das, was sie sind. Und als solche achten wir nicht auf Status, sondern auf unsere rotarische Tätigkeit in aller Diversität, Equity (Gleich-Gerechtigkeit) und Inclusion.

Wartet nicht, verharrt nicht, blockt nicht – mit Selbstwirksamkeit gelingen die schwersten Schritte!

Ihr/Euer D1920-DEI-Chair Georg "Schorsch" Scheurecker


[1] Der Begriff Disability, der mehr oder weniger die englische Entsprechung zu Behinderung ist, hat dort keinen
stigmatisierenden Charakter. Im angloamerikanischen Raum ist die bewusste Aneignung sogar stigmatisierender Begriffe durch Betroffene mittlerweile üblich. Und so sind die Disability Studies ein anerkannter Begiff, der auch im deutschen Raum Fuß gefaßt hat (in der Reihe "Zur Einführung" im Junius Verlag). Menschen, die selbst Betroffene sind, können noch einen Schritt weitergehen: nämlich sich selbstbewusst als Crip (also Krüppel) bezeichnen, auch dazu gibt es eine Crip Theory. Ähnliche Sprachgebräuche, die nur und wirklich nur den Betroffenen selbst zustehen, gibt es auch zum Beispiel bei Hautfarben (das N-Wort!), Herkunftsländern (auch bei uns vielfach geläufig) oder sexueller Orientierung.