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Entscheider

„Der Preisdruck ist enorm“

Entscheider - „Der Preisdruck ist enorm“
Bier, Mineralwasser und Getränkehandel sind mittlerweile gleichberechtigte Standbeine des aus einer Brauerei entstandenen Getränkekonzerns. © Lukas Beck

Wie alle produzierenden Unternehmen kämpfen auch Brauereien mit steigenden Kosten. Doris Krejcarek sieht für die Wiener Brauerei Ottakringer zumindest die Folgen der Corona-Lockdowns schon weitgehend überwunden.

01.02.2023

Langsam erholt sich der Umsatz, erzählt Doris Krejcarek, Vorstandsmitglied des Wiener Getränkekonzerns Ottakringer. Dabei ist es nicht einmal die Inflation, die die tiefsten Sorgenfalten erzeugt.

Frau Krejcarek, wie geht die Ottakringer Gruppe mit dem Thema Inflation um?

Natürlich sind wir sehr stark davon betroffen. Wir haben massive Preissteigerungen, aber noch mehr treffen uns die Verwerfungen auf den Beschaffungsmärkten aufgrund des Ukrainekrieges. Wir haben zum Glück dank langjähriger Geschäftsbeziehungen Lieferanten, die uns nicht im Stich lassen. Mehr als um die Preise geht es um die Verfügbarkeit. Wer da nicht gut aufgestellt ist und nicht lieferfähig ist, der wird schnell die Rechnung bekommen.

Wird man durch die Inflation in den Entscheidungen vorsichtiger?

Natürlich ist man jetzt vorsichtiger mit Investitionen. Wir haben ohnehin in den letzten drei Jahren viel gemacht, auch während Corona. Wir haben ein Hochregallager gebaut, Produktinnovationen durchgezogen, weil wir daran glauben. Auch Energie ist ein Thema: Wir haben in Fotovoltaik und Wärmerückgewinnung investiert und uns vom Gas unabhängig gemacht, wenn wirklich etwas passieren sollte. Jetzt können wir ein wenig durchatmen, schauen, wie sich das entwickelt.

Wie tragen die Konsumenten die daraus resultierenden Preiserhöhungen mit?

Also, die Entwicklung trifft ja alle. Ich glaube, dass die Diskussion mit dem Handel entscheidend wird. Das Konsumverhalten in der Gastronomie ist, zumindest hier in Wien, noch ungebrochen. Die Lokale sind voll, die Leute leisten sich auch etwas. Mal sehen, ob das bleibt. Vielleicht werden die Leute dann weniger oder billiger Urlaub machen. Aber wir haben bei unseren Getränkeprodukten in der Gastronomie dieses Thema noch nicht. Die Frage ist, wie sich der Tourismus entwickelt.

Also in der Gastronomie ist die Schmerzgrenze noch nicht erreicht?

Ich glaube, dass die Schmerzgrenze mit der Qualität zusammenhängt. Die Gastronomie muss dem Konsumenten ein Erlebnis bieten, da muss der Gastronom sich was einfallen lassen. Wir hören von unseren Gastronomen, dass das Geschäft zurzeit extrem brummt.

Sind im Handel die Konsumenten sensibler bei Preiserhöhungen?

Ja, da läuft der Preisvergleich immer zwischen den Marken. Unsere Marktanteile sind stabil, sogar leicht steigend, aber der Preisdruck ist enorm. Beim Bier gibt es im Handel immer irgendwo Aktionen, das zieht Kunden an, und da muss man mitspielen. Da braucht man eine Mischung aus Handel und Gastronomie.

Ist das beim Mineralwasser anders?

Auch hier wird der Preisdruck immer intensiver. Da geht es zunehmend darum, wie man das Wasser verkauft. Der Trend geht zu Mehrwegflaschen, was ja sinnvoll ist, aber es ist auch aufwendiger. Wir mussten sehr viel umstellen. Wir haben in eine Mehrwegglasanlage investiert, und wir haben als Erste in Österreich auch PET-Mehrweg. Das muss man sich natürlich finanziell leisten und in der Kalkulation unterbringen können. Aber es ist ökologisch sinnvoll, und wir haben uns zum Ziel gesetzt, wir wollen da mitspielen. Wir werden diese Mehrwegoffensive mitgehen.

Sind die Folgen der Pandemie schon überwunden?

Teilweise. Wir machen als Getränkegruppe 50 Prozent unseres Umsatzes mit der Gastronomie. Die Lockdowns in der Pandemie haben viele Schließtage in der Gastronomie gebracht, und somit ist natürlich unser Umsatz eingebrochen. Ein Teil des Geschäfts hat sich in den Handel verlagert, die Leute wollten ja zu Hause auch etwas trinken, aber das war nicht zu kompensieren. Nach dem Einschnitt von 2020 hat sich das 2021 ein wenig stabilisiert, obwohl es da sogar noch mehr Lockdown-Tage gab. Wir haben die Zeit genutzt und Umstrukturierungen und Investitionen vorgezogen, die schon angestanden sind. Das hilft uns jetzt. Wir haben auch schon wieder einen Anstieg beim Personal.

Ottakringer ist ein Familienunternehmen, eine Familiengruppe. Sie steht in Konkurrenz zu ganz großen Konzernen. Ist das mehr ein Vorteil oder ein Nachteil?

Also für mich ist es ein Vorteil. Man kann als Familiengruppe sehr direkt entscheiden und einfach schneller sein, auch mutiger. Aber es braucht klare Spielregeln. Unsere Eigentümer sind vier Familien. Die haben sich zusammengesetzt und die Leitlinien, ihre Vision, definiert. Zum Beispiel nachhaltiges Wirtschaften. Auf dieser Basis können wir arbeiten.

Die internationalen Konzerne können allerdings mit großer Marketingmacht auftreten. Wie kann man sich da als Familienunternehmen behaupten?

Das ist wirklich schwer. Es ist eine Übermacht, die den Markt dominiert. Wir sind auch eine Spezialitätenbrauerei und versuchen, auch Nischen zu besetzen. Es gibt eine Initiative von einem unserer Eigentümer, eine Plattform der Privatbrauereien Österreichs. Darin sind die Stiegl Brauerei in Salzburg und wir die größeren, und dann gibt es noch viele andere. Die Konsumenten müssen verstehen, dass die Privatbrauereien keine leichte Stellung haben, und das versuchen wir auch entsprechend zu kommunizieren. Auf unseren Bieren ist auch eine Plakette. Vielen Konsumenten ist ja gar nicht bewusst, was woher kommt. Wer weiß schon, wenn er im Geschäft ein Wieselburger Bier kauft, dass das zum Heineken-Konzern gehört? Wir müssen mit Spezialitäten punkten, mit Qualität und der Herkunft. Wir sind in Wien zu Hause, da sind wir eine erlebbare Marke.

Sie sind seit 2017 im Vorstand, seit Kurzem gemeinsam mit Markus Raunig. Wie gestaltet sich das, wenn man zu zweit ein Unternehmen zu führen hat?

Für mich ist das eine sinnvolle Konstellation. Immer vorausgesetzt, man hat einen tollen Kollegen an seiner Seite, und das habe ich.

Das heißt, es hängt vom zwischenmenschlichen Funktionieren ab?

Ja. Ein Zweierteam braucht eine klare Aufgabenteilung, dazu gleichzeitig ein extrem gutes Verständnis und wechselseitige Abstimmung. Ich bin zuständig für den Finanzbereich, Controlling, Stammdaten und für die Technik, und Markus betreut den Markt, Verkauf, Markenpflege, Innovationen und so weiter. Da gibt es natürlich Überschneidungen, und das machen wir dann gemeinsam.

Wenn vier Familien die Eigentümer sind, gibt es wohl auch gelegentlich vier verschiedene Interessenlagen. Ist das immer unter einen Hut zu bringen?

Die Familien haben sich auf eine Familiencharta verständigt. Das war eine unfassbar tolle Arbeit, die sagt, was man will und wofür man steht. Die große Linie. Im Business bewegen wir uns jetzt innerhalb dieses groben Rasters. Das erleichtert vieles, und man kann nur jedem Familienunternehmen so etwas wünschen, vor allem, wenn es in eine nächste Generation geht. Der Aufsichtsrat begleitet uns dabei, überwacht, kontrolliert, aber er berät uns auch. Da sind Personen drin, die das Unternehmen in unterschiedlichen Funktionen einmal geleitet haben. Auch diese Erfahrung hilft.

Sie sind Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Kindern. Wurden Sie oft gefragt, wie die Balance zwischen Beruf und Familie zu schaffen ist?

Sicher öfter, als man einen Mann fragt, wie er das mit Kindergarten und Schule zusammengebracht hat. Für mich ist das jetzt kein Thema mehr. Ich habe aber Veranstaltungen erlebt, wo Frauen zusammengesessen sind, die sich über so eine Frage schon sehr ärgern. Für mich war dabei das Familienunternehmen ein Vorteil. Ich war die jüngste Prokuristin in diesem Unternehmen und wurde bald danach schwanger. Da gab es dann ein offenes Gespräch, in welcher Konstellation kann ich wieder zurückkommen, und das ging auch. Hier ist Gleichberechtigung völlig normal. Ich musste als Frau nicht darum kämpfen, schon alleine, weil es von den Eigentümern auch immer so gelebt wurde. Es war die Leistung, die gezählt hat, das Engagement, und sicher auch die Loyalität zum Familienunternehmen.

Wie kompatibel ist dieser Job mit dem Engagement bei Rotary, zumal Sie ja dort auch eine Vorstandsfunktion haben?

Ich bin Schatzmeisterin, und es war ja naheliegend, mir das anzubieten. Wenn man etwas gern und aus Überzeugung macht, dann ist es keine Belastung. Ich habe zwar keine 100-Prozent-Präsenz, aber unser Club ist unkompliziert, wir unterstützen uns und stemmen es irgendwie gemeinsam.

Ihr Pate ist Engelbert Wenckheim, der ja zugleich auch Miteigentümer im Konzern ist. Erzeugt das einen zusätzlichen Druck, oder war das eher ein Vertrauensbeweis?

Am Anfang natürlich beides. Der Druck bestand darin, wenn ich ihm hätte sagen müssen, dass mir Rotary nicht gefällt. Aber er hat mir und uns allen Rotary sehr nahegebracht. Da war ich sehr erleichtert, weil das alles supersinnvoll ist. Aber mit dem Unternehmen gibt es da keine Überschneidungen. Das hat nichts, gar nichts miteinander zu tun.

Das Gespräch führte Hubert Nowak.


Zur Person:

Doris Krejcarek, RC Wien-Thalia, wurde 1968 in Wien geboren, ist verheiratet, hat eine Tochter und einen Sohn. Seit 1988 ist sie bei Ottakringer, seit 1996 Prokuristin. 2017 wurde Krejcarek Vorständin und verantwortet die Bereiche Rechnungswesen, Einkauf, Controlling, Revision und Technik.

ottakringerkonzern.com