Das Leben Friedrich des Grossen
Aufgeklärte Herrschaft
JOHANNES KUNISCH
Das Leben Friedrichs des Großen verlief nach einer eigentümlich stringenten Dramaturgie. Die Jugendgeschichte des Kronprinzen unter der grausamen Fuchtel des Vaters, des Soldatenkönigs, ist vielfach und bis in die Einzelheiten geschildert worden. Sie gipfelt im Fluchtversuch des Achtzehnjährigen während einer Reise des Vaters an befreundete Fürstenhöfe in Süd-und Westdeutschland. Auf diesen Akt offener Rebellion folgte die Verhaftung und ein hochnotpeinliches Kriegsgerichtsverfahren in Küstrin, in dessen Verlauf der Mitverschworene Gardeleutnant Hans Hermann von Katte vor den Augen des Kronprinzen hingerichtet wurde. Es folgte nach Monaten demütigender Haft eine Versöhnung zwischen Vater und Sohn, die aber erkauft werden musste mit der vom Vater erzwungenen Heirat mit Elisabeth Christine aus dem Hause Braunschweig-Bevern. Die Verbindung blieb ohne innere Zuwendung und – was für Staat und Dynastie wichtiger war – kinderlos. Immerhin erlebte Friedrich nun wenige glückliche Jahre auf Schloss Rheinsberg im Kreise gleichgesinnter und hochgestimmter Freunde, zu denen damals übrigens auch heftig umworbene Damen zählten. In diese Jahre fallen auch die gelehrten Studien und die zahlreichen poetischen Versuche, die dem Thronfolger den Zugang zum Kreis der französischen „philosophes“ und der „hommes des belle lettre“ eröffnen sollten, die er so bedingungslos verehrte.
DER JUNGE KÖNIG
Das abrupte Ende dieses ersten Lebensabschnitts bedeutete der Tod des Vaters am 31. Juni 1740. Wenige Monate danach starb auch Kaiser Karl VI. (20. Oktober 1740), der seine zahlreichen Länder und Territorien einer nur in den österreichischen Kernlanden erbberechtigten Tochter überlassen hatte. Die Folge waren mächtepolitische Turbulenzen, die der neue Preußenkönig schon frühzeitig zu nutzen entschlossen war. So entstand der in jugendlichem Profilierungsstreben gefasste Plan, sich Schlesiens vor anderen, viel näher erbberechtigten Rivalen wie etwa dem Hause Wettin zu bemächtigen. Daraus entstanden im Rahmen des ganz Europa erfassenden Österreichischen Erbfolgekriegs die ersten beiden Kriege um Schlesien, an deren Ende die internationale Garantie für die preußische Besitzergreifung des Landes stand. Bereits in diesen frühen Waffengängen trat der König durch sein unverkennbares Talent als Feldherr und seine unfassbare Geistesgegenwart in Erscheinung, und nicht zuletzt seine Präsenz im Felde ließ die preußische Armee längere Zeit als unbesiegbar erscheinen.
Der 1748 geschlossene Friede von Aachen stellte nur ein Interim auf dem von Österreich beschrittenen Weg einer Revision der Schlesien-Frage dar. Spätestens in den fünfziger Jahren begannen die diplomatischen Bemühungen um eine Neuordnung der Bündnisse, die dann 1756 unter Federführung des österreichischen Staatskanzlers Anton Wenzel Graf, später Fürst Kaunitz zum „renversement des alliances“ führte. Der folgende Siebenjährige Krieg (1756-1763) brachte Preußen – mehrfach selbst verschuldet – an den Rand einer Niederlage. Aber auch dieses Kräftemessen endete mit der Bestätigung des Status Quo, dem „Mirakel des Hauses Brandenburg“. In diesem Kriege gab es eine Reihe dramatischer Höhepunkte, die für die Militärgeschichte von größter Bedeutung geworden sind. So gelang es Friedrich, mit spektakulären Siegen über die Franzosen bei Rossbach (1757) und die Österreicher bei Leuthen (1757) die Aufmerksamkeit ganz Europas auf sich zu ziehen. Umso verheeren.der waren allerdings seine Niederlagen gegen die Österreicher bei Kolin (1757) und vor allem die von Kunersdorf (1759) gegen eine Koalitionsarmee aus Russen und Österreichern, die das Ende der Hohenzollernmonarchie zu besiegeln schien.
PHILOSOPH AUF DEM THRON
Das Erstaunliche an diesem König ist nun, dass er einer teilweise erdrücken.den Übermacht seiner Gegner standgehalten und in eigentümlichem Starrsinn an dem Ziel festgehalten hat, Schlesien nicht mehr preiszugeben. Wir kennen seine Motive nicht im Einzelnen. Aber offenkundig ist, dass hier ein elementarer, offenbar unbeirrbarer Durchsetzungswille am Werke war, der sich schließlich gegen alle Bedenken und Beschwörungen durchzusetzen vermochte. Jedenfalls liegt hier eines jener Elemente, die zu seinem Nachruhm und zu seiner Heroisierung beigetragen haben. Preußen ist ja neuerdings zu einem „Kulturstaat“ ausgerufen worden – ein tat.sächlich zu würdigender Aspekt seiner Staatsidentität, zu der Friedrich durch seine Bauten und Sammlungen selbst einen erheblichen Beitrag geleistet hat. Aber das schon in seinem „Antimachiavell“ – einem Herrschaftsentwurf der Kronprinzenzeit – hervortretende machtpolitische Kalkül müssen in seinem Denken und Handeln an jenem Platz gesehen werden, den er ihm selbst zugewiesen hat.
Nach diesem kräftezehrenden Kriegsgeschehen beginnt im Grunde die Ära des „Alten Fritz“. Sie hat sich nicht zuletzt durch die Illustrationen Daniel Chodowieckis und Adolph von
Menzels im allgemeinen Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit eingeprägt und ist zu einem wesentlichen Bestandteil des „Mythos Friedrich“ geworden. Dabei ist diese Nachkriegszeit geprägt von einer ruhelosen Wiederaufbauarbeit des Königs und einiger seiner überaus effizienten Mitarbeiter. Auch seine außenpolitische Präsenz im Vorfeld einer Regelung der polnischen Frage und im Konflikt um die bayerische Erbfolge scheint ungebrochen geblieben zu sein.
Nach dem Tode vieler seiner alten Weggefährten – vor allem im Bereich der Armee (aber 1778 war auch sein langjähriger Briefpartner Voltaire gestorben) – wurde es einsam um den nun ganz auf sein Refugium in Potsdam orientierten Monarchen. Er nahm nur noch an den wenigen jährlichen Familienfesten im Berliner Schloss teil, bei denen er auch seine Gemahlin wiederzusehen pflegte, die im Übrigen fern der höfischen Szenarien der Residenz mit einem eigenen Hofstaat in Niederschönhausen lebte. Er wirkte auf seine Umgebung mürrisch, verschlossen und unnahbar. Allerdings hatte er immer wieder Begegnungen mit europäischen Zelebritäten wie dem Prinzen de Ligne, dem Grafen Mirabeau oder dem Schweitzer Arzt und Schriftsteller Johann Georg Zimmermann, in deren Gegenwart er den Charme früherer Jahre unverändert bewahrt zu haben schien.
Die Lebensstufen des Königs sind also deutlich zu erkennen, sie werfen jeweils sehr verschiedene Probleme auf. Während dem Kronprinzen im Konflikt mit dem bedingungslose Unterwerfung fordernden Vater Anteilnahme und Sympathie – übrigens schon von den Zeitgenossen – zuteilgeworden sind und der Musenhof von Rheinsberg in der Aura epikureischer Heiterkeit und ungetrübter Lebensfreude erschien, wurde mit dem Herrschaftsantritt, dem Schlesien-Abenteuer und der gleichzeigen Ver.
öffentlichung des „Antimachiavell“ eine Diskrepanz im Denken und Handeln des Königs sichtbar, die sein Erscheinungsbild nachhaltig getrübt hat. Auch die zweifellos bewundernswerte Selbstbehauptung des „roi connétable“ im Siebenjährigen Krieg ist schon von den Zeitgenossen ebenso heroisiert wie mit Abscheu betrachtet worden. Erst mit dem „Alten Fritz“ verklärte sich noch einmal das Bild des Preußenkönigs, das als Mythos des weisen und gütigen Staatdieners und unermüdlich sorgenden Landesvaters bis weit ins 20. Jahrhundert wirkte.
MOTIVE FÜR DEN NACHRUHM
Auch die vielfältigen Gebiete kulturellen und wissenschaftlichen Mäzenatentums, auf denen sich Friedrich schon als Kronprinz und dann als König bis ins hohe Alter betätigt hat, sind in zahlreichen Publikationen gewürdigt worden. Allerdings haben ihm seine literarischen Vorlieben den Vorwurf eingetragen, ein ausschließlich auf die französische Klassik fixierter Eklektiker und Traditionalist gewesen zu sein. Auch hat man eingewandt, er habe im Bereich Musik und Architektur weder Originelles noch Zukunftweisendes geschätzt und gefördert. Einer solchen Sicht kann prinzipiell nicht widersprochen werden. Allerdings sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass sich solche Urteile auf Bereiche beziehen, denen sich Friedrich eher als Dilettant und vor allem zu seiner Zerstreuung gewidmet hat.
Der einzigartige Rang jedoch, der Friedrich dem Großen unter den Herrschern des 18. Jahrhunderts im Allgemeinen und den der Preußenkönige im Besonderen gebührt, liegt auf einem anderen Gebiet: Kein anderer hat sich so intensiv und grundsätzlich wie er mit dem Wesen und den Grundprinzipien einer dem Zeitalter aufgeklärter Rationalität verpflichteten Fürstenherrschaft auseinandergesetzt. Dabei ist sicherlich nicht zu übersehen, dass es immer wieder zwischen seiner in intensiven Quellstudien erarbeiteten Herrschaftsauffassung und seinem rigorosen, auf elementare Weise machtorientierten Handeln als Staatsmann und Feldherr tiefe Brüche gegeben hat.
Unverkennbar ist gleichwohl, dass sich Friedrich in seinen Schriften mit großer Beharrlichkeit Rechenschaft darüber abzulegen versucht hat, welche Verantwortung ein unumschränkt regierender Fürst zu übernehmen hat, und wie sehr er bestrebt war, im Sinne eines aufgeklärten Pragmatismus Schlussfolgerungen sowohl aus der Geschichte als auch aus der eigenen Erfahrung zu ziehen. Über persönliche Impulse hinaus vermochte er die grundlegenden Reformanstöße seiner Zeit in Bereichen wie der Staatslehre, des Justizwesens oder der Kriegswissenschaft wie kein anderer zu erfassen und sie praktisch umzusetzen. Und darin liegt nicht nur et.was Neues, sondern wirkliche Größe und der unbestreitbare Rang dieses Herrschers. .
DER JUNGE KÖNIG
Das abrupte Ende dieses ersten Lebensabschnitts bedeutete der Tod des Vaters am 31. Juni 1740. Wenige Monate danach starb auch Kaiser Karl VI. (20. Oktober 1740), der seine zahlreichen Länder und Territorien einer nur in den österreichischen Kernlanden erbberechtigten Tochter überlassen hatte. Die Folge waren mächtepolitische Turbulenzen, die der neue Preußenkönig schon frühzeitig zu nutzen entschlossen war. So entstand der in jugendlichem Profilierungsstreben gefasste Plan, sich Schlesiens vor anderen, viel näher erbberechtigten Rivalen wie etwa dem Hause Wettin zu bemächtigen. Daraus entstanden im Rahmen des ganz Europa erfassenden Österreichischen Erbfolgekriegs die ersten beiden Kriege um Schlesien, an deren Ende die internationale Garantie für die preußische Besitzergreifung des Landes stand. Bereits in diesen frühen Waffengängen trat der König durch sein unverkennbares Talent als Feldherr und seine unfassbare Geistesgegenwart in Erscheinung, und nicht zuletzt seine Präsenz im Felde ließ die preußische Armee längere Zeit als unbesiegbar erscheinen.
Der 1748 geschlossene Friede von Aachen stellte nur ein Interim auf dem von Österreich beschrittenen Weg einer Revision der Schlesien-Frage dar. Spätestens in den fünfziger Jahren begannen die diplomatischen Bemühungen um eine Neuordnung der Bündnisse, die dann 1756 unter Federführung des österreichischen Staatskanzlers Anton Wenzel Graf, später Fürst Kaunitz zum „renversement des alliances“ führte. Der folgende Siebenjährige Krieg (1756-1763) brachte Preußen – mehrfach selbst verschuldet – an den Rand einer Niederlage. Aber auch dieses Kräftemessen endete mit der Bestätigung des Status Quo, dem „Mirakel des Hauses Brandenburg“. In diesem Kriege gab es eine Reihe dramatischer Höhepunkte, die für die Militärgeschichte von größter Bedeutung geworden sind. So gelang es Friedrich, mit spektakulären Siegen über die Franzosen bei Rossbach (1757) und die Österreicher bei Leuthen (1757) die Aufmerksamkeit ganz Europas auf sich zu ziehen. Umso verheeren.der waren allerdings seine Niederlagen gegen die Österreicher bei Kolin (1757) und vor allem die von Kunersdorf (1759) gegen eine Koalitionsarmee aus Russen und Österreichern, die das Ende der Hohenzollernmonarchie zu besiegeln schien.
PHILOSOPH AUF DEM THRON
Das Erstaunliche an diesem König ist nun, dass er einer teilweise erdrücken.den Übermacht seiner Gegner standgehalten und in eigentümlichem Starrsinn an dem Ziel festgehalten hat, Schlesien nicht mehr preiszugeben. Wir kennen seine Motive nicht im Einzelnen. Aber offenkundig ist, dass hier ein elementarer, offenbar unbeirrbarer Durchsetzungswille am Werke war, der sich schließlich gegen alle Bedenken und Beschwörungen durchzusetzen vermochte. Jedenfalls liegt hier eines jener Elemente, die zu seinem Nachruhm und zu seiner Heroisierung beigetragen haben. Preußen ist ja neuerdings zu einem „Kulturstaat“ ausgerufen worden – ein tat.sächlich zu würdigender Aspekt seiner Staatsidentität, zu der Friedrich durch seine Bauten und Sammlungen selbst einen erheblichen Beitrag geleistet hat. Aber das schon in seinem „Antimachiavell“ – einem Herrschaftsentwurf der Kronprinzenzeit – hervortretende machtpolitische Kalkül müssen in seinem Denken und Handeln an jenem Platz gesehen werden, den er ihm selbst zugewiesen hat.
Nach diesem kräftezehrenden Kriegsgeschehen beginnt im Grunde die Ära des „Alten Fritz“. Sie hat sich nicht zuletzt durch die Illustrationen Daniel Chodowieckis und Adolph von
Menzels im allgemeinen Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit eingeprägt und ist zu einem wesentlichen Bestandteil des „Mythos Friedrich“ geworden. Dabei ist diese Nachkriegszeit geprägt von einer ruhelosen Wiederaufbauarbeit des Königs und einiger seiner überaus effizienten Mitarbeiter. Auch seine außenpolitische Präsenz im Vorfeld einer Regelung der polnischen Frage und im Konflikt um die bayerische Erbfolge scheint ungebrochen geblieben zu sein.
Nach dem Tode vieler seiner alten Weggefährten – vor allem im Bereich der Armee (aber 1778 war auch sein langjähriger Briefpartner Voltaire gestorben) – wurde es einsam um den nun ganz auf sein Refugium in Potsdam orientierten Monarchen. Er nahm nur noch an den wenigen jährlichen Familienfesten im Berliner Schloss teil, bei denen er auch seine Gemahlin wiederzusehen pflegte, die im Übrigen fern der höfischen Szenarien der Residenz mit einem eigenen Hofstaat in Niederschönhausen lebte. Er wirkte auf seine Umgebung mürrisch, verschlossen und unnahbar. Allerdings hatte er immer wieder Begegnungen mit europäischen Zelebritäten wie dem Prinzen de Ligne, dem Grafen Mirabeau oder dem Schweitzer Arzt und Schriftsteller Johann Georg Zimmermann, in deren Gegenwart er den Charme früherer Jahre unverändert bewahrt zu haben schien.
Die Lebensstufen des Königs sind also deutlich zu erkennen, sie werfen jeweils sehr verschiedene Probleme auf. Während dem Kronprinzen im Konflikt mit dem bedingungslose Unterwerfung fordernden Vater Anteilnahme und Sympathie – übrigens schon von den Zeitgenossen – zuteilgeworden sind und der Musenhof von Rheinsberg in der Aura epikureischer Heiterkeit und ungetrübter Lebensfreude erschien, wurde mit dem Herrschaftsantritt, dem Schlesien-Abenteuer und der gleichzeigen Ver.
öffentlichung des „Antimachiavell“ eine Diskrepanz im Denken und Handeln des Königs sichtbar, die sein Erscheinungsbild nachhaltig getrübt hat. Auch die zweifellos bewundernswerte Selbstbehauptung des „roi connétable“ im Siebenjährigen Krieg ist schon von den Zeitgenossen ebenso heroisiert wie mit Abscheu betrachtet worden. Erst mit dem „Alten Fritz“ verklärte sich noch einmal das Bild des Preußenkönigs, das als Mythos des weisen und gütigen Staatdieners und unermüdlich sorgenden Landesvaters bis weit ins 20. Jahrhundert wirkte.
MOTIVE FÜR DEN NACHRUHM
Auch die vielfältigen Gebiete kulturellen und wissenschaftlichen Mäzenatentums, auf denen sich Friedrich schon als Kronprinz und dann als König bis ins hohe Alter betätigt hat, sind in zahlreichen Publikationen gewürdigt worden. Allerdings haben ihm seine literarischen Vorlieben den Vorwurf eingetragen, ein ausschließlich auf die französische Klassik fixierter Eklektiker und Traditionalist gewesen zu sein. Auch hat man eingewandt, er habe im Bereich Musik und Architektur weder Originelles noch Zukunftweisendes geschätzt und gefördert. Einer solchen Sicht kann prinzipiell nicht widersprochen werden. Allerdings sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass sich solche Urteile auf Bereiche beziehen, denen sich Friedrich eher als Dilettant und vor allem zu seiner Zerstreuung gewidmet hat.
Der einzigartige Rang jedoch, der Friedrich dem Großen unter den Herrschern des 18. Jahrhunderts im Allgemeinen und den der Preußenkönige im Besonderen gebührt, liegt auf einem anderen Gebiet: Kein anderer hat sich so intensiv und grundsätzlich wie er mit dem Wesen und den Grundprinzipien einer dem Zeitalter aufgeklärter Rationalität verpflichteten Fürstenherrschaft auseinandergesetzt. Dabei ist sicherlich nicht zu übersehen, dass es immer wieder zwischen seiner in intensiven Quellstudien erarbeiteten Herrschaftsauffassung und seinem rigorosen, auf elementare Weise machtorientierten Handeln als Staatsmann und Feldherr tiefe Brüche gegeben hat.
Unverkennbar ist gleichwohl, dass sich Friedrich in seinen Schriften mit großer Beharrlichkeit Rechenschaft darüber abzulegen versucht hat, welche Verantwortung ein unumschränkt regierender Fürst zu übernehmen hat, und wie sehr er bestrebt war, im Sinne eines aufgeklärten Pragmatismus Schlussfolgerungen sowohl aus der Geschichte als auch aus der eigenen Erfahrung zu ziehen. Über persönliche Impulse hinaus vermochte er die grundlegenden Reformanstöße seiner Zeit in Bereichen wie der Staatslehre, des Justizwesens oder der Kriegswissenschaft wie kein anderer zu erfassen und sie praktisch umzusetzen. Und darin liegt nicht nur et.was Neues, sondern wirkliche Größe und der unbestreitbare Rang dieses Herrschers. .
Prof. Dr. Johannes Kunisch war Professor für Neuere Geschichte an den Universitäten Frankfurt am Main und Köln. Außerdem war er von 1988 bis 2005 Vorsitzender der Preußischen Historischen Kommission in Berlin und Autor der Biographie „Friedrich der Große. Der König und seine Zeit“ (C.H. Beck, Sonderausgabe 2011). Er ist im Jahr 2015 gestorben.