Bröckedde
Die Festschrift
Bröckedde liegt im Herzen Deutschlands – dort, wo Rhein und Donau in den schönen Bröckeddesee münden. Hier trifft sich im Bröckedder Hof der RC Bröckedde zum Meeting – jeden Mittwoch um 13 Uhr im Salon Hindenburg.
Es nahte das 60-jährige Jubiläum des RC Bröckedde und Präsident Pröpcke verkündete: „Diesmal muss es gelingen!“
Kassierer Knödler fragte: „Was denn?“
„Dass wir zum Jubiläum eine schöne Festschrift herausgeben.“
Damit war der Club schon zum 50. Jubiläum gescheitert. Pröpcke erinnerte sich: „Damals kam man immerhin bis zur Erstellung eines Inhaltsverzeichnisses.“
„Ohne vernünftige Planung wird das wieder nix“, meinte Knödler.
Überlegen lächelte Pröpcke: „Dafür haben wir den neuen Freund Brömmelstedt. Er war schon Projektmanager für den Flughafen Berlin-Brandenburg.“
Knödler wiegte den Kopf: „Na ja.“
„Wir planen ja keine Festschrift mit Brandschutz.“
Bald berichtete Brömmelstedt von planmäßigen Fortschritten. Die Festschrift würde ein herrliches Monument werden, von glanzvollen Vorträgen, sozialen Großtaten und eindrucksvollen Präsidenten künden. Rasch schwoll das Werk zu einem veritablen 600-Seiten-Buch an.
Nach und nach knirschte es jedoch. Frau Pröpcke missfiel ein Foto, auf dem sie sich unvorteilhaft abgelichtet sah, Freund Zipfelwies wollte seinen Vortrag von 1975 „Warum wir ab 1985 kein Öl mehr haben“ nachträglich umschreiben. Und was sollte mit dem rotarischen Jahr 1993/94 geschehen, als Kummernuß-Worringen Präsident gewesen war? Der Herr hatte 1994 Rotary überstürzt verlassen, über die Gründe wurde im Club nur geflüstert. Der Streit darüber lähmte den RC Bröckedde.
Zudem war das Budget für das 600-Seiten-Buch erschöpft. Doch Freund Dr. Rübelin, Chef einer florierenden Zahnklinik, stellte einen Zuschuss in Aussicht, falls er werben dürfe. Unter dem Motto „vorher – nachher“ platzierte er ein verwüstetes Gebiss und strahlend weiße Implantate nebeneinander. Das Altgebiss wollte Dr. Rübelin auf der Titelseite des Buchs haben, die weißen Implantate auf der Rückseite.
„Das geht natürlich nicht. Was tun?“, fragte Pröpcke Freund Brömmelstedt.
Der war ganz gelassen: „Wir verschieben das Erscheinen auf das 70-jährige Jubiläum.“
„Nein, nicht schon wieder!“
„Na gut, dann nehmen wir Plan B.“
„Und der wäre?“
„Wir verzichten auf Kummernuß-Worringen und die Gebisse. Feiern wir das Jubiläum in einem knackigen Acht-Seiten-Flyer.“
Pröpcke dankte erleichtert: „Damit liegen wir im Trend. Dicke Bücher liest heutzutage
ohnehin keiner mehr.“
Kassierer Knödler fragte: „Was denn?“
„Dass wir zum Jubiläum eine schöne Festschrift herausgeben.“
Damit war der Club schon zum 50. Jubiläum gescheitert. Pröpcke erinnerte sich: „Damals kam man immerhin bis zur Erstellung eines Inhaltsverzeichnisses.“
„Ohne vernünftige Planung wird das wieder nix“, meinte Knödler.
Überlegen lächelte Pröpcke: „Dafür haben wir den neuen Freund Brömmelstedt. Er war schon Projektmanager für den Flughafen Berlin-Brandenburg.“
Knödler wiegte den Kopf: „Na ja.“
„Wir planen ja keine Festschrift mit Brandschutz.“
Bald berichtete Brömmelstedt von planmäßigen Fortschritten. Die Festschrift würde ein herrliches Monument werden, von glanzvollen Vorträgen, sozialen Großtaten und eindrucksvollen Präsidenten künden. Rasch schwoll das Werk zu einem veritablen 600-Seiten-Buch an.
Nach und nach knirschte es jedoch. Frau Pröpcke missfiel ein Foto, auf dem sie sich unvorteilhaft abgelichtet sah, Freund Zipfelwies wollte seinen Vortrag von 1975 „Warum wir ab 1985 kein Öl mehr haben“ nachträglich umschreiben. Und was sollte mit dem rotarischen Jahr 1993/94 geschehen, als Kummernuß-Worringen Präsident gewesen war? Der Herr hatte 1994 Rotary überstürzt verlassen, über die Gründe wurde im Club nur geflüstert. Der Streit darüber lähmte den RC Bröckedde.
Zudem war das Budget für das 600-Seiten-Buch erschöpft. Doch Freund Dr. Rübelin, Chef einer florierenden Zahnklinik, stellte einen Zuschuss in Aussicht, falls er werben dürfe. Unter dem Motto „vorher – nachher“ platzierte er ein verwüstetes Gebiss und strahlend weiße Implantate nebeneinander. Das Altgebiss wollte Dr. Rübelin auf der Titelseite des Buchs haben, die weißen Implantate auf der Rückseite.
„Das geht natürlich nicht. Was tun?“, fragte Pröpcke Freund Brömmelstedt.
Der war ganz gelassen: „Wir verschieben das Erscheinen auf das 70-jährige Jubiläum.“
„Nein, nicht schon wieder!“
„Na gut, dann nehmen wir Plan B.“
„Und der wäre?“
„Wir verzichten auf Kummernuß-Worringen und die Gebisse. Feiern wir das Jubiläum in einem knackigen Acht-Seiten-Flyer.“
Pröpcke dankte erleichtert: „Damit liegen wir im Trend. Dicke Bücher liest heutzutage
ohnehin keiner mehr.“
Alexander Hoffmann (RC Frankfurt/Main-Römer) ist korrespondierendes Mitglied des RC Bröckedde. Nach langen Jahren als politischer Redakteur bei namhaften Tageszeitungen (zuletzt "Süddeutsche Zeitung") ist Hoffmann heute als Unternehmensberater tätig. Daneben zahlreiche Sachbuchveröffentlichungen zu den Themen Zeitgeschichte und Medizin sowie satirische Beiträge für den Rundfunk. Dem satirischen Düsseldorf-Roman "Der Wolkenschieber" folgten 2019 der Krimi "Hopfen, Malz & Blut" und 2020 der Krimi "Phantom im Wiehengebirge". 2021 erschienen der Krimi "Bommfördes Erbe" und der Roman "Brillanter Abgang". 2022 folgte der Wirtschaftskrimi "Mainopoly". 2023 erschienen der Krimi "Tödliche Eisernte" und die Katzennovelle "Der Chef bin ich".
Copyright: privat www.hoffmannschreibt.de
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