„Wir brauchen auch ein Treat Polio Now“

In Berichten aus dem Gazastreifen heißt es, dass dort erste Polio-Fälle aufgetreten seien. Inzwischen gibt es eine Einigung auf eine Feuerpause, um Impfungen zu ermöglichen. Wie groß ist das Risiko, dass sich die Infektionen ausbreiten?

Die Befürchtungen gibt es. Wenn jetzt Abriegelungsimpfungen organisiert werden können, ist das ein erster Schritt. Untersuchungen an Affen in einem Labor auf Hawaii zeigen, dass das Virus in der Lage ist, innerhalb von 20 Minuten sämtliche Zellen im Rückenmark anzugreifen und zu kontaminieren.

Neben den Impfungen liegt der Fokus vor allem auf der Behandlung von Erkrankten beziehungsweise der von Lähmungen Betroffenen. Eine direkte Maßnahme gegen das Virus gibt es weiterhin nicht?

Tatsächlich sind wir immer noch nicht so weit. Es gibt nur unterstützende Maßnahmen, die die Erkrankung eindämmen, indem körpereigene Abwehrkräfte stimuliert werden. Zum Glück bekommt nur jeder 1000. Infizierte bleibende Lähmungen. Manchmal treten diese auch erst Jahrzehnte später auf, zum Beispiel durch Überlastung. Dies bezeichnet man als Post-Polio-Syndrom. Jemanden, der Lähmungen hat, einfach in den Rollstuhl zu setzen, ist keine Lösung. Es gibt eine Vielzahl an Reha-Möglichkeiten und orthopädischen Behandlungen, die den Umgang mit Polio heute charakterisieren.

Welche denn?

Zum Beispiel technischorthopädische Versorgung mit Stützapparaten, krankengymnastische Versorgung und operative Verfahren wie etwa Muskelverpflanzungen. Manchmal schaffen wir es, dass an den Beinen Gelähmte wieder stehen oder sogar laufen können. Auch Versteifungsoperationen sind eine Möglichkeit, die zunehmende Verkrümmung der Wirbelsäule aufzuhalten.

Wie lautet Ihre Botschaft zum Welt-Polio-Tag?

Natürlich End Polio Now, aber genauso auch Treat Polio Now, denn: Es gibt noch genügend Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die das Post-Polio-Syndrom nach 30 Jahren bekommen und jetzt behandelt werden müssen. 

 

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