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Bocholt

Deckel für Deckel zum Erfolg

Bocholt - Deckel für Deckel zum Erfolg
Hans-Dierter Kohnen, Beate Schwingenheuer, Anne Capar und Wolfgang Matenaer (von links) schrauben Deckel für Deckel von Getränkeflaschen ab und sammeln den kostbaren Wertstoff für die Aktion "Deckel gegen Polio". © Edgar Rabe (drei Fotos)

Hierzulande, und besonders in Westfalen, sagt man gerne: "Auf jeden Pott passt 'n Deckel." Beim RC Bocholt geht's eher um den Deckel als um den Pott. Seit 2017 setzt der Rotary Club das Projekt "Deckel gegen Polio" um. Mit großem Engagement und bemerkenswertem Erfolg im Kampf gegen die Kinderlähmung

Edgar Rabe01.12.2025

Jahr für Jahr sammeln die Bocholter Rotarierinnen und Rotarier Kunststoff-Deckel von Getränkeflaschen. Seit Beginn der Aktion sind bereits gut 60 Tonnen wertvolles, wiederverwertbares Kunststoffmaterial zusammengekommen. Bei einem Durchschnittsgewicht von etwa zwei Gramm pro Verschluss sind das rechnerisch mehr als 30 Millionen Deckel. Nachgezählt hat beim RC Bocholt niemand, aber beim Erlös umso genauer hingeschaut. Auf diesen Erfolg kann der RC Bocholt mehr als stolz sein: Gut 30.000 Euro kamen so bisher zusammen. Und noch eine Rechnung: Dieser Betrag wurde verdreifacht durch die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung  – macht unterm Strich: mehr als 90.000 Euro. Und mit der nächsten Rechnung kommt der Kampf gegen die Kinderlähmung ins (Zahlen-)Spiel: "Aktuell bekommen wir 80 Euro-Cent pro Kilogramm Deckel von unserem Kunststoffverwerter. Wenn ich davon ausgehe, dass eine Schluckimpfung dauerhaft bei 20 Cent lag, so haben wir bislang bereits 450.000 Schluckimpfungen finanziert", rechnet Projekt-Initiator Sven Henckel vor.

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Kunde und Deckelspender Bernfried Teklote bringt den Deckelschraubern Manfred Egelwisse (Pastpräsident), Dr. Georg Kentrup und Präsident Joachim Schüling Warennachschub.

Gern gesehene Wiederholungstäter 

Rückschau auf den Welt-Polio-Tag Ende Oktober: Bocholts Rotarier gehen an drei Sammelstellen erneut auf Deckeljagd und tragen ihre Aktion in die Öffentlichkeit, um sie noch bekannter zu machen. Vor zwei großen Getränkemärkten schrauben Clubmitglieder unzählige Deckel von Flaschen, bevor diese im Pfandautomaten verschwinden. Auf dem Bocholter Marktplatz stehen große Big Bags, in die Bocholter ihre Kunststoffdeckel entsorgen und so für einen noch größeren Erfolg für "Deckel gegen Polio" sorgen können. 

"Nicht nur das Engagement unserer Clubmitglieder und deren Partner ist hervorzuheben. Es sind vor allem die vielen Bocholterinnen und Bocholter, die das ganze Jahr über Deckel sammeln, um sie uns dann zu bringen. Ohne das Engagement der Bürger wäre ein solcher Erfolg nicht zu erzielen. Deshalb hier ein großes Dankeschön an alle, die 'Deckel gegen Polio'  stützen", betont Henckel.

"Dass Polio überhaupt noch ein Thema ist, hätte ich nicht gedacht." Solche oder ähnliche Reaktionen von Kunden der Getränkemärkte hört Joachim Schüling am Poliotag des öfteren.  "Dieses Erstaunen zeigt, wie wichtig die Aufklärungsarbeit und diese Spendenaktion noch immer sind", unterstreicht der amtierende Präsident des Clubs – und dreht den nächsten Deckel von einer Wasserflasche.  

Vor dem Getränkemarkt Hüning schraubt auch Onur Capar Deckel für Deckel von Getränkeflaschen ab, die den Rotarierinnen und Rotariern palettenweise im Viertel-Stunden-Takt zur Verarbeitung mit dem Gabelstapler herangefahren werden.  Für  Onur Capar ist das "Deckel gegen Polio"-Projekt eine Premiere. Erst seit Juni ist er Mitglied im Club und begeistert von der Hands-on-Aktion. "Ich bin hier in bester Gesellschaft, und die Schrauberei ist weniger anstregend als gedacht", betont der Jung-Rotarier bei seinem Erst-Einsatz im Kampf gegen die Kinderlähmung. 

Schon oft hat sich Dr. Georg Kentrup an der Deckel-Abschraub-Aktion beteiligt. Auch er trägt – wie alle anderen – Handschuhe, weil das hundertfache Abschrauben der teils recht festsitzenden Deckel Haut und Hände belastet. Und der Kinderarzt weiß auch, "dass nur der Mensch und Schimpansen motorisch in der Lage sind, solche Deckel mit den Händen von Flaschen zu drehen".  Nach dem kurzen Ausflug in die Wissenschaft geht es auch bei ihm mit Handwerk weiter. Der nächste Kunde rollt sieben leere Wasserkisten auf die Rotarier zu. Die schnappen sich das Leergut, schrauben die Deckel ab und  werfen sie in den Sammelcontainer. Wertstoff für den Verwerter – "Umsatz" für die rotarischen Helfer – ein Gewinn für die Impfkampagne. 

Beste Werbung für Rotary

Für seine Aktion ist der RC Bocholt bereits mehrfach ausgezeichnet worden und hat Preisgelder kassiert. Der Distrirkt 1870 hatte auf der Distriktkonferenz 2024 in Düsseldorf eine Posterausstellung veranstaltet. Clubs konnten ihre Serviceaktivitäten darstellen. Der RC Bocholt beteiligte sich mit "Deckel gegen Polio" und belegte Platz zwei (2000 Euro Preisgeld, zu verwenden für einen guten Zweck). Die Jury bewertete dabei vor allem Kontinuität, Öffentlichkeitswirksamkeit, Originalität und Nachhaltigkeit eines Projekts.

Beim Polio-Symposion beim Welt-Polio-Tag 2024 in Oberhausen wurde das Bocholter Deckelsammel-Projekt als innovativstes und erfolgreichstes Polio-Projekt aus den Zonen 15 und 16 (Deutschland, Liechtenstein, Schweiz) ausgezeichnet.  Wenn die gesammelte Ware aus der jüngsten Aktion den Verwerter erreicht hat, steht auch das Ergebnis der 2025er-Sammlung fest. 

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Haben es sich zwischenzeitlich gemütlich gemacht neben den schon gut gefüllten Sammelsäcken bei der Aktion "Deckel gegen Polio": Marén Korhammer und Hans-Georg Möllmann vom RC Bocholt. © Stefanie Mohr

Mit  "Deckel gegen Polio" hat der Club neben dem großen finanziellen Erlös auch eine große Öffentlichkeitswirkung für rotarisches Wirken erzielt. In und um Bocholt ist "Deckel gegen Polio" schon lange zur Marke geworden. Nachahmung empfohlen!

 
Edgar Rabe
Edgar Rabe ist nach rund 35 Jahren Redakteurstätigkeit in Hörfunk und Print (Borkener Zeitung) nun im Ruhestand. Als gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann und knapp einem Jahrzehnt Einsatz als Sozialpädagoge verfügt er über einen großen beruflichen Erfahrungsschatz. Er ist im RC Lippe-Issel zu Hause und hat 2025 die Funktion des Distriktreporters in D1870 übernommen.
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