Porträt
Unsere Frau in Berlin
Anne von Fallois (RC Berlin-Spree) kümmert sich als neue Polio Advocacy Adviser für Rotary International um die Kontakte zu Parlament und Ministerien.
Zur Person
Anne von Fallois (RC Berlin-Spree), wurde 1969 in Gronau an der niederländischen Grenze geboren. Das rotarische Elternhaus und ihre Heimatregion mit vielfältigen Grenzbeziehungen – politischen, konfessionellen, wirtschaftsstrukturellen – haben ihr Weltbild nachhaltig geprägt: „Über Grenzen hinausgehen“ steht als Leitmotiv über einer eindrucksvollen Karriere. Den langen Atem dafür holt sie sich beim Langstreckenlauf.
Trotz aller Spendenerfolge von Rotary und seinen Partnern – der globale Kampf gegen die Kinderlähmung verschlingt Summen, die nur die Regierungen der wohlhabenden Länder aufbringen können. Deshalb stellt in der strategischen Planung von Rotary International schon seit vielen Jahren die „Advocacy“ einen eigenständigen Bereich dar. Hinter dem englischen Begriff steckt das, was wir als Lobbyarbeit bezeichnen: die Kontaktpflege zu Abgeordneten, Ministerien und Verbänden, um die Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen zu lenken.
Seit Mai ist Anne von Fallois die neue Polio Advocacy Adviser in Berlin. Die Politikwissenschaftlerin ist hauptberuflich als Director Executive Search – vulgo Headhunter – im Berliner Büro von Kienbaum tätig, hat aber den größten Teil ihres beruflichen Lebens nahe am parlamentarischen Bereich zugebracht. „Ich habe in Bonn schon als Studentin für eine Bundestagsabgeordnete gearbeitet“, schaut sie zurück. „Nach dem Examen bot sich die Chance, als Referentin in die Landesvertretung von Mecklenburg-Vorpommern einzutreten.“
Karriere im Schloss Bellevue
Schon bald jedoch wurde es richtig spannend, als nämlich der Chef dieser Landesvertretung 1994 zum Leiter des Bundespräsidialamtes berufen wurde und die damals 25-Jährige der neuen „First Lady“ Christiane Herzog als Persönliche Referentin empfahl. Von der kleinen Bonner Welt ging es unversehens auf die große Bühne, mit Reisen rund um den Globus. Die charismatische Präsidentengattin bleibt vor allem mit dem Einsatz
für Betroffene der Mukoviszidose in Erinnerung. Im Vorstand der Christiane-Herzog-Stiftung trägt von Fallois noch heute das Vermächtnis der ehemaligen Chefin weiter.
Ihr Aufstieg setzte sich bei den Nachfolgern der Herzogs fort, zunächst als Referatsleiterin, später als Leiterin der Abteilung Inland. Horst Köhler vor allem hat sie gefördert. „Ein sanfter Modernisierer, der sich sehr für seine Mitarbeiter interessiert hat. Als junge berufstätige Mutter mit inzwischen zwei Töchtern gehörte ich zu den Frauen, die Karriere, Familie und Kinder miteinander verbinden wollten und dafür noch wenig Unterstützung hatten.“
Nach einem zwischenzeitlichen Abstecher zur Konrad-Adenauer-Stiftung verließ sie in der Amtszeit von Joachim Gauck das Schloss Bellevue, um sich beruflich noch einmal neu zu orientieren. Im Berliner Büro der weltweit tätigen Personal- und Unternehmensberatung Kienbaum gelang ihr der Sprung in die Wirtschaft: „Ich kümmere mich mit meinem Team darum, für unsere Kunden die richtigen Führungskräfte für Vorstand beziehungsweise Geschäftsführung zu finden, für öffentliche Einrichtungen und Unternehmen, Stiftungen, Verbände und NGOs.“ Das über die Jahre geknüpfte Netzwerk im politischen Berlin bleibt eine wertvolle Ressource.
Parlamentarischer Beirat „Polio“
Und genau deshalb hakte sich Rotary International ein, als es im Frühjahr darum ging, die Nachfolge für Past-Gov. Hildegard Dressino zu organisieren. Die Rotarierin aus Worms hatte den Kontakt zum politischen Betrieb geknüpft und manchen Erfolg erzielt.
So ist es ihr zu verdanken, dass die Kinderlähmung heute regelmäßig Thema im Bundestag ist, für das ein parlamentarischer Beirat eingerichtet wurde. Die Vertreter von Rotary International, Weltgesundheitsorganisation und UNICEF treffen dort direkt auf die Entscheider im politischen Betrieb.
„Deutschland ist für die Polio-Kampagne von enormer Bedeutung“, betont Anne von Fallois. „Die Bundesregierung ist einer der führenden Geldgeber für dieses Projekt, das ja nicht nur eine Krankheit besiegen, sondern auch die nationalen Gesundheitssysteme in den ärmsten Ländern der Welt nachhaltig verbessern soll.“
Bis 2023 gilt es, die Wahrnehmung in Parteien und Exekutive wachzuhalten für dieses Jahrhundertprojekt. Als ersten Erfolg ihrer Arbeit kann sie die Bereitstellung von 35 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt vermelden, die 2020 in die Kampagne fließen. „Wichtig dabei ist auch, dass es uns gelungen ist, den Finanzierungsmechanismus im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung so zu ändern, dass die Freigabe weiterer Mittel nicht mehr von einem Antrag eines betroffenen Landes abhängt.“ Sie rechnet mit weiteren Zuwendungen in dieser Höhe in den folgenden Jahren.
Rotary und die Bürgergesellschaft
Rotary ist für Anne von Fallois „eine Herzensangelegenheit“, auch das neue Amt passt ideal zu ihrem Verständnis des Serviceclubs: „Rotarier zeigen, dass die Bürgergesellschaft sich engagiert und dass sie ihren Einfluss auf die relevanten Kräfte nutzt, die solche globalen Herausforderungen zum Erfolg führen. Das lohnt den Einsatz allemal.“
Matthias Schütt ist selbständiger Journalist und Lektor. Von 1994 bis 2008 war er Mitglied der Redaktion des Rotary Magazins, die letzten sieben Jahre als verantwortlicher Redakteur. Seither ist er rotarischer Korrespondent des Rotary Magazins und seit 2006 außerdem Distriktberichterstatter für den Distrikt 1940.
Weitere Artikel des Autors
10/2024
Weinbau-Kulturerbe in Gefahr
9/2024
Heiter bis wolkig
10/2023
Ombudsmann für Geflüchtete
9/2023
Das Team hinter dem Team
8/2023
30.000 Tulpen für ein Ziel
8/2023
In Kürze
7/2023
Passport-Club startet erfolgreich
6/2023
Trinkwasser für die Ukraine
6/2023
In Kürze
6/2023
Blutspender dringend gesucht
Mehr zum Autor