Auszeichnung
Ulrike Vogt erhält den Göttinger Friedenspreis 2022
Die Freude bei ihr ist verständlicherweise groß: Der Göttinger Friedenspreis 2022 geht unter anderem an die Rotarierin Ulrike Vogt.
Das gab die Jury Anfang November bekannt. Ulrike Vogt erhält die Auszeichnung gemeinsam mit ihrem Mann Thomas Vogt und dem Russen Andrey Korjakov. Vorherige Preisträger waren unter anderem Hans Küng, Egon Bahr und Konstantin Wecker. Wir haben nach Bekanntgabe der Preisträger mit Ulrike Vogt gesprochen.
Liebe Frau Vogt, Sie werden für das deutsch-russische Jugendprojekt "Musik für den Frieden – Музыка ради Mира" ausgezeichnet. Was dürfen wir uns genau darunter vorstellen?
Musik für den Frieden ist eine Initiative des von meinem Mann und mir geleiteten deutschen "Ensemble MIR" und dem russischen "Teatr Premier" aus Twer unter Leitung von Andrey Korjakov. Wir bereiten jeweils mit unseren Jugendensembles ein Bühnenprogramm mit Musik, Tanz und Theater in Deutschland und Russland vor. Das gemeinsame szenische Musikprojekt wird dann in beiden Ländern auf die Bühne gebracht. Im Mittelpunkt steht für uns die Erfahrung der interkulturellen Begegnung. In den Proben und den Konzerten erleben alle auf der Bühne und im Publikum, wie Musik und Tanz als universelle menschliche Sprache die Herzen unmittelbar verbindet. Beim letzten Projekt haben ungefähr 70 Jugendliche zwischen 15 und 22 Jahren mitgewirkt.
Welchen Einfluss hatte die Corona-Pandemie auf das Projekt und wie haben Sie reagiert?
Eigentlich sollten in Moskau und Berlin 2020 gemeinsame Konzerte der beiden Ensembles stattfinden. Durch Corona musste die Zusammenarbeit in den digitalen Raum verlegt werden. Das Video- und Audiomaterial haben wir über das Internet ausgetauscht und daraus die Musikvideos "Heal the world" und "Wolga trifft Rhein" produziert. Derzeit entsteht ein drittes Videoprojekt zum Umgang der Jugendlichen mit den Lastern der Erwachsenen. Alle Videos sind auf dem YouTube Kanal MUSIK FÜR DEN FRIEDEN zu finden. Sowohl die Deutsche Botschaft in Moskau als auch das Deutsch-Russische Forum Berlin haben "Heal the world" zum 75. Jahrestag des Kriegsendes auf ihren Kulturkanälen gepostet.
Seit wann gibt es das Projekt?
Im Jahr 2018 haben wir auf dem Online-Forum der "Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch" unsere Projektidee vorgestellt und darüber unseren Partner in Twer gefunden. 2019 fand der erste Besuch in Russland und der Gegenbesuch in Deutschland statt. Das Projekt "Musik für den Frieden" ist ein Folgeprojekt von jahrelanger musikalischer Jugend- und Friedensarbeit.
Wie zeitaufwendig ist das Projekt für Sie?
"Musik für den Frieden" ist uns eine Herzensangelegenheit. Die vielen Stunden, die wir dafür aufwenden, zählen wir nicht. Das Projekt erfüllt unser Leben mit Sinnhaftigkeit. Wir sind froh, dass viele engagierte Menschen mit uns zusammen die Friedensidee voranbringen.
Welche wichtigen Erfahrungen nehmen Jugendliche mit?
Durch die Sprache der Musik, die ohne Worte auskommt, erleben die Jugendlichen eine andere, unmittelbare Begegnung. Begeisterung und Freude fegen Vorurteile beiseite. Darüber hinaus kann jeder erfahren: Das völkerübergreifende Potential ist viel grösser als die Summe von singulärem Handeln. Darin liegt unserer Ansicht nach ein Kern zur Lösung vieler globaler Probleme.
Welche Erfahrungen haben Sie in all den Jahren gesammelt, speziell in Russland?
Wir haben sowohl bei offiziellen Anlässen als auch in den russischen Familien herzliche Gastfreundschaft erleben dürfen. Die verschiedenen Organisationskulturen – deutsche Gründlichkeit und russische Improvisation – haben spannenderweise letztlich immer zu guten Ergebnissen geführt.
Haben die zunehmenden Spannungen zwischen Deutschland und Russland auf politischer Ebene Einfluss auf ihr Engagement für Frieden und Völkerverständigung?
Natürlich schauen wir mit Sorge auf die sich zunehmend verschlechternden politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Daraus entstand der Impuls, aus der Zivilgesellschaft heraus einen Kontrastpunkt zu setzen. Wir sind der Ansicht, Friedensbereitschaft wird durch zwischenmenschliche Erfahrungen gefördert. Deshalb denken wir, dass interkulturelle Begegnungen der Jugend der beste Wegbereiter für eine friedliche Zukunft sind. "Musik für Frieden" soll zukünftig auch weitere Ensembles zu einer interkulturellen, grenzüberschreitenden Zusammenarbeit anregen. Unsere Vision: ein Deutsch-Russisches-Jugendwerk.
Wie ist die Resonanz bei Rotary auf Ihr Projekt?
Der Rotary Club Müllheim-Badenweiler unterstützt das Projekt seit 2018. Unser damaliger Präsident hat den Kontakt zum deutschsprachigen Rotary Club Moskau-Humboldt hergestellt, der in Moskau sehr hilfreich bei der Durchführung der Konzerte war. Derzeit werden wir unterstützt durch einen Governor-Grant im Distrikt 1930 von Governor Gerhard Wischmann, der damit unter anderem Jugendarbeit und die Behebung der Defizite durch die Corona-Lockdowns fördern möchte.
Ich selbst bin Mitglied in der Rotary Action Group for Peace – German Chapter. Mit deren Präsidentin Mura Rike Camman sind wir im Gespräch zur Planung eines Konzertes in Berlin.
Mehr Informationen zum Projekt gibt es hier: Musik für den Frieden
Copyright: Andreas Fischer
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