Gans nah dran

Weihnachtszeit ist Gänsezeit. Wem bei dem Gedanken das Wasser im Munde zusammenläuft, möchte bestimmt wissen, woher der Braten kommt
Sie sind nicht zu sehen. Nur ihr Schnattern ist zu hören. Flügelschlagend kommen sie aus dem Nebel: der weiße Stolz des Gänsezüchters Lorenz Eskildsen. Unweit von Schloss Hubertusburg liegt in den lieblich geschwungenen Hügeln Sachsens der Ort Wermsdorf. Dort befindet sich einer seiner zwei Höfe, wo er seit 35 Jahren lebt und arbeitet. Mit seinem norddeutschen Zungenschlag bezeichnet sich der fast zwei Meter große Eskildsen als „bekennender Neu-Sachse“.
Lieber Zucht als Michael Jackson
Die Wiedervereinigung habe ihm Chancen geboten, sagt er. „Unternehmerkinder, so wie ich, haben die ergriffen.“ Denn die Geflügelzucht kannte er vom elterlichen Hof in Dithmarschen in Schleswig-Holstein. Die DDR sei züchterisch ganz weit vorn gewesen, erinnert er sich, mit einem eigenen Lehrstuhl an der Leipziger Karl-Marx-Universität. „Was für die anderen meiner Generation Michael Jackson war, war in der Zeit für mich dieses Wissen“, verrät er mit einem Lächeln.
Als ihm der Kauf der beiden Staatsbetriebe in Wermsdorf und Königswartha angeboten wurde, sei für den damals 25-Jährigen eine ideale Symbiose entstanden: das Fachwissen der DDR und das Marketingwissen, das Eskildsen mitbrachte.
„In Sachsen habe ich mich verliebt“, denkt er zurück. Er gründete eine Familie. Seine Kinder leben dort.
Auch Niederlagen eingesteckt
Aber der wirtschaftliche Erfolg kam nicht von allein. Eskildsen hat das wissenschaftlich fundierte Zuchtprogramm weitergeführt und ist international tätig: Fast die Hälfte aller Zuchtgänse in Ungarn und England kommen aus seinem Stall. Jährlich schlüpft jedes zweite deutsche Gänseküken auf einem seiner Höfe. Von diesen 600.000 sogenannten Gösseln verkauft er 40 Prozent. Seine Gänse werden auf der Weide groß. „Ich habe aber auch brutal derbe Niederlagen einstecken müssen“, berichtet der Familienunternehmer. Die Vogelgrippe im Jahr 2006 habe ihm viele schlaflose Nächte beschert. In Summe habe aber das Gute überwogen.

„Die Gans hat in Deutschland ihren Platz“, freut sich Eskildsen. Allerdings sind 80 Prozent der Gänse, die hier verzehrt werden, im Ausland gemästet worden. „In Frankreich und Ungarn werden Stopflebern produziert, Teilstücke daraus kommen zu Billigpreisen nach Deutschland“, sagt er. Für eine entsprechende Kennzeichnung setzt sich Eskildsen ein. Sein Unternehmen hat eine beachtliche Fertigungstiefe, auch Bettdecken oder Delikatessen entstehen in Eigenfertigung. Die „SaxenGans“ gibt es in der Hofküche zu kaufen. „Hier habe ich meinen Traum verwirklicht“, sagt er.
Rotarisches Martinsgansessen
Rotary spiele für ihn immer eine Rolle und gebe ihm das Gefühl, zu einer Familie zu gehören, bekennt der Unternehmer. Durch seine internationale Tätigkeit nimmt er auch an rotarischen Veranstaltungen im Ausland teil. Seit Kindesbeinen ist er sozial engagiert und bewusst in einem Land-Club geblieben, da er so ländliche Räume mitgestalten kann. Seit 15 Jahren veranstaltet er ein rotarisches Martinsgansessen mit Tombola auf seinem Hof. Mit dieser Benefizveranstaltung kommt Geld für die Serviceprojekte zusammen. „Das mache ich gern“, betont er, „ich suche immer Herzensprojekte, die Rotary lokal unterstützen können.“
Aus seiner Jugendzeit kenne er internationale Clubs, die sich getroffen haben. Diese Idee habe er während seiner Clubpräsidentschaft aufgegriffen, die Clubs der Partnerstädte Torgaus zusammengeführt und ein Drei-Länder-Eck-Treffen eingerichtet, das bis heute fortgeführt werde. Er befindet: „Ich bin gern Rotarier.“
Zur Person: Lorenz Eskildsen, RC Torgau-Oschatz Katharina v. Bora
Landwirt und Züchter von Gänsen im sächsischen Wermsdorf und Königswartha. Er wurde am 29. Juli 1964 in Eddelak geboren, ist verheiratet und hat zwei Kinder.
eskildsen.de




