Rotary im Parlament

Im Nationalrat in Wien sind sieben von 183 Abgeordneten rotarische Freunde, einervon der FPÖ, drei von der ÖVP, eine von der SPÖ und zwei von den Neos – nur in den Reihen der Grünen gibt es kein Rotary-Mitglied. Ein Gespräch unter zehn Augen mit Claus Bruckmann
Es ist gar nicht so einfach, vier Abgeordnete von vier Parteien zur selben Stunde an denselben Ort zu bekommen, aber für Rotary sind sie alle pünktlich in die ehrwürdige Säulenhalle des Parlaments gekommen, zu einem Fototermin und zu Gesprächen.
Ein bisschen fremd sind sie sich anfangs noch, zum Teil haben sie gar nicht gewusst, dass die anderen auch Mitglieder bei Rotary sind. Insofern ist das Zusammentreffen auch ein besseres Kennenlernen. Alle waren schon Rotarier, bevor sie ein Mandat im Nationalrat übernommen haben. Es war also in keinem Fall eine Spitzenfunktion in der Politik ausschlaggebend für eine Mitgliedschaft bei Rotary.
Ein rotarisches Netzwerk im Parlament über Parteigrenzen hinweg gibt es nicht, erzählen sie. Und sie alle sind ganz unterschiedlich zu Rotary gekommen.
Der dienstälteste Rotarier ist: Hubert Fuchs (RC Wien-Stadtpark seit 2005)
Er ist Abgeordneter seit 2013, war von 2017 bis 2019 Staatssekretär im Finanzministerium. Hubert Fuchs ist promovierter Jurist und Betriebswirt, Steuerberater und außerdem Brigadier der Miliz beim Bundesheer. Innerhalb der FPÖ ist er seit Langem Finanzsprecher, und selbst seine politischen Gegner billigen ihm zu, sich wirklich auszukennen. Sein damaliger Klassenvorstand im Missionsprivatgymnasium St. Rupert in Bischofshofen (Bundesland Salzburg) war Rotarier (RC Bischofshofen) und hat bei einem Wanderausflug von der Möglichkeit eines einjährigen Auslandsprogramms erzählt. Der junge Hubert Fuchs war begeistert und hat nach der Matura ein Jahr als „exchange student“ in Roswell, New Mexico/USA, verbracht. Dabei hat er viel gelernt, auch über Rotary.
Und mit einem Studenten aus Kiel, den er in New Mexico kennengelernt hatte, ist er nach dem Auslandsjahr einen Monat lang per Autostopp durch Südafrika und Namibia gereist. Dort war Winter, und ein Tag endete für die beiden Tramper bei Schnee und Sturm in einer kleinen Stadt. Sie wussten nicht, wo sie übernachten sollten und suchten aus dem Rotary-Verzeichnis einen lokalen Rotarier, haben ihn kontaktiert, wurden herzlich aufgenommen und haben in blütenweißer Daunenbettwäsche übernachtet. Dafür ist Fuchs heute noch dankbar.

Das Wissen als Austauschstudent hat ihm wenige Jahre später während einer mehrwöchigen Rotary-Croisière durch die USA genutzt, hier konnte er seine Erfahrungen an Jüngere weitergeben. Schelmisch fügt er hinzu, damals hätte er schon das „drinking age“ erreicht.
Hubert Fuchs erzählt: Während des Austauschjahres hat er an den wöchentlichen Meetings des örtlichen Clubs (RC Roswell-Pecos Valley) teilgenommen. Dabei ist ihm Rotary immer näher gekommen. Nachdem er Jahre später seine Studien abgeschlossen hatte und im Beruf gesettelt war, hat er mit großer Freude zu einer Mitgliedschaft Ja gesagt, als er gefragt wurde. Er ist nicht erst seit 20 Jahren Rotarier, sagt er, sondern fühlt sich schon fast doppelt so lange der weltweiten Organisation zugehörig, von der er viel profitiert hat.
Fuchs hat nicht gewusst, dass es mit dem RC Villach-Park den einzigen reinen Damenclub in Österreich gibt. So galt seine erste Frage Mitglied Petra Oberrauner, SPÖ-Vertreterin in der Runde: „Und wann nehmt Ihr Herren auf?“ Die Antwort kam sofort: „Wenn der Herrenclub in Villach Damen aufnimmt.“ Damit war dieses Thema erledigt.
Aus einem reinen Damenclub kommt: Petra Oberrauner (RC Villach-Park seit 2007)
ist Abgeordnete seit 2019, ihre Studien der Pädagogik, der wissenschaftlichen Forschungsplanung und der Medientechnik hat sie mit einem Doktorat abgeschlossen. Politisch ist sie in der SPÖ in ihrer Heimatstadt Villach in verschiedenen Funktionen tätig. 2015 wurde sie erste Vizebürgermeisterin, und seit 2019 vertritt sie Kärnten im Nationalrat. Hier hat sie die Aufgabe als Sprecherin für Forschung und Innovation inne.

Zu Rotary kam sie über frühere Schulkolleginnen und wurde – damals noch in der Privatwirtschaft tätig – zu einem Vortrag eingeladen. Erst später hat sie erfahren, dass dieser Vortrag eine Art Prüfung war, ob sie zum (reinen Damen-)Club passe oder nicht. Letztlich wurde sie aufgenommen. Sie erzählt, dass sie in eher bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen ist, doch nun ist sie sehr gerne dabei und schätzt die Kombination aus Freundschaft und Gutes-Tun. Die rotarischen Prinzipien waren die, nach denen sie immer schon gelebt hat, daher hat sie sich sehr gefreut, als sie aufgenommen wurde.
Als schönstes Erlebnis hat Petra Oberrauner ihr Präsidentenjahr empfunden, sie hatte mehr Verantwortung, aber auch mehr Arbeit. Ausgleich zu schaffen, Meinungen auszutarieren und eine ausgewogene Gestaltung zu erreichen, diese Erfahrungen nützen ihr auch in der Politik.
Aus einer ganz anderen Ecke – politisch wie geografisch – stammt: Michael Hammer (RC Gallneukirchen-Gusental seit 2009)
Er ist seit 2011 Abgeordneter, seit seiner Jugend ist er in der ÖVP aktiv, studierte Wirtschaftswissenschaften, war im Sozialbereich des Landes Oberösterreich tätig und ist seit 2020 Bürgermeister von Altenberg bei Linz, einer Gemeinde mit knapp 5000 Einwohnern. Er sieht seinen Club, der in der Nachbargemeinde Gallneukirchen tagt, als Regionalverein, der auch stark im Sozialbereich tätig ist.

Mike – wie er gerne genannt werden möchte – ist gezielt angesprochen worden, Mitglied zu werden. Besonders gefällt ihm, Schwachen zu helfen. Dazu passt das spezielle Engagement seines Rotary Clubs bei der Unterstützung der Behindertensektion des Sportvereins. Bei den alljährlichen Laufwettbewerben – auch mit Rollstühlen und Rollatoren – sind insgesamt mehr als 90.000 Euro zusammengekommen. Auch Olympioniken und Weltmeister in verschiedenen Disziplinen nehmen daran teil.
Mit einem Augenzwinkern erzählt Michael Hammer, dass die abendfüllenden Rotary-Meetings einen besonderen Charakter haben. Sie schließen regelmäßig mit einem Krenweckerl gegen Mitternacht, einer mit Schweinsbraten und Kren gefüllten Semmel.
Auch aus Ober-österreich stammt: Markus Hofer (RC Mondseeland seit 2019)
Er ist erst seit Herbst 2024 Abgeordneter. Hofer war 14 Jahre alt, als sein Vater Peter Hofer (RC Bad Ischl seit 1985) Rotarier wurde. Der Vater war Hoteldirektor, und dieses Hotel war auch das Clublokal. Alljährlich veranstaltete der RC Bad Ischl ein Ski-Camp für Jugendliche aus der ganzen Welt, jedes Jahr gab es auch mindestens einen Austauschschüler zu betreuen. Also konnte er auf diese Weise zu Hause andere Kulturen kennenlernen. Und mit 17 ging er selbst ins Ausland, die Gespräche bei einem längeren rotarischen Austausch in der Bretagne zeigten ihm eine neue Sicht auf die Dinge in der Welt.

Beruflich war Markus Hofer lange Jahre Finanzvorstand eines Technologiekonzerns mit 1,2 Milliarden Euro Umsatz und 7500 Mitarbeitern. Er gab – sehr zum Leidwesen seines Vaters – diesen Job auf, um bei den Neos Politik zu machen. Dass er tatsächlich in den Nationalrat einziehen würde, war nicht sicher, sonst hätte er wohl nicht für heuer das Präsidentenamt übernommen.
Er sagt, die verschiedenen Berufsgruppen, die verschie-denen Altersgruppen und die verschiedenen sozialen Hintergründe in seinem Club bringen eine Weite des Denkens. Und wenn man das richtig lebt, bringt das viel positive Energie. Als wichtigsten Wert sieht Markus Hofer Fairness im Umgang miteinander. Das ist auch sein Credo für die Politik. Politik sei auch Geschäft, man stehe im harten Wettbewerb, doch er sieht bei aller Härte die Politik als wertschätzend an.
Allen vier Abgeordneten ist gemeinsam, dass sie schon vor ihrer Mitgliedschaft nach den Grundsätzen der Vier-Fragen-Probe gelebt haben. Alle vier bedauern, dass ihnen ihre politische Tätigkeit zu wenig Zeit für Rotary lässt. Und einig sind sich die vier rotarischen Abgeordneten auch, dass sie sich dank des Rotary Magazins nun ein bisschen besser kennengelernt haben.
Claus Bruckmann
RC Wien-Gloriette, ist Journalist in der ORF-Parlamentsredaktion und Autor. Für das Rotary Magazin berichtet er jeden Monat aus dem Distrikt 1910
Foto: Lukas Grafleitner





