Distrikt 1860
von Irmintraud Jost |
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Am Internationalen Tag der Toleranz diskutierten 300 Rotarierinnen und Rotarier auf Einladung des Distrikts 1860 über die rotarische Verantwortung für gesellschaftliche Zusammenhänge, die Stärkung der Demokratie und zivilgesellschaftliche Haltung.

In unruhigen politischen Zeiten ist die rotarische Wertegemeinschaft mehr denn je gefragt. 300 Rotarierinnen und Rotarier stellten sich am Internationalen Tag der Toleranz der Frage nach der Verantwortung der rotarischen Gemeinschaft für gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge. Unter dem Motto "Freiheit – Verantwortung – Demokratie" hatte Governor Nicole Huber zur Halbjahreskonferenz des Distrikts 1860 auf das geschichtsträchtige Hambacher Schloss geladen. Neben Impulsvorträgen hochkarätiger Redner und einer Diskussionsrunde moderiert von FAZ-Redakteur Jasper von Altenbockum, arbeiteten die rotarischen Freundinnen und Freunde in Bar Camps auch an konkreten Aspekten, wie Haltung gezeigt und Demokratieverständnis in Clubs und Gemeinden gestärkt werden könnten.

Zwei Aspekte zogen sich wie eine rote Linie durch die Diskussionsbeiträge:

  1. Demokratie wird nicht von außen zerstört, sondern stirbt schleichend, wenn ihre Freunde schweigen! "Rotary steht für die unveräußerliche Würde jedes Menschen, für Gleichheit und Toleranz, für freiheitliche Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Jede Form von Extremismus, Rassismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit lehnen wir ab", betonte Governor Huber in ihrer Einstimmung auf den Kongress. Für die rotarische Gemeinschaft bedeute dies Haltung zu zeigen, Wachsamkeit, Desinformation entgegenzutreten und Fakten zu verteidigen. "Keine Toleranz gegen Intoleranz", forderte der Rheinlandpfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD). Der Historiker Prof. Dr. Hermann Schäfer appellierte an die Anwesenden, aus der eigenen unrühmlichen rotarischen Vergangenheit zu lernen. In den 30er Jahren schlossen viele Rotarische Clubs in vorauseilendem Gehorsam jüdische Mitglieder aus. Viele müssten sich heute fragen – mit Hinweis auf muslimische Mitglieder oder solche mit Migrationshintergrund –, ob sie im eigenen Club einen Integrationsbeitrag leisten.
  2. Demokratie muss gefeiert werden! "Demokratie braucht emotionale Bindung", forderte Dr. Kristian Buchna, wissenschaftlicher Geschäftsführer der Stiftung Hambacher Schloss. Er kritisierte das "unfrohe Verhältnis" der Deutschen zur Demokratie. Auch Marc Weigel, Oberbürgermeister der Stadt Neustadt, plädierte für "positive Erlebnisse mit der Demokratie", die viel zu oft abstrakt und verkopft verkauft würden. So würden gerade jüngere Menschen nicht erreicht. Demokratie brauche Polarisierung, aber auch ein positives Narrativ, den Glauben, dass die Situation gemeinsame gelöst werden kann, sonst habe sie keine Zukunft, warnte Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Andrea Römmele. "Immer nur zu betonen, was nicht gelöst wird, hilft uns nicht weiter", so Römmele zum Applaus der Anwesenden. Wir könnten stolz sein auf das, was wir geschafft haben. Conrad Clemens (CDU), Kultusminister des Freistaates Sachsen, verwies auf die "einzigartige Erfolgsgeschichte" seit der Wiedervereinigung, die wir uns nicht kaputtreden lassen sollten. Er forderte nicht nur Demokratie-Erziehung, sondern Demokratie-Erfahrung durch Mitwirkung und Mitbestimmung an deutschen Schulen zu ermöglichen.

Einig waren sich die Experten aber auch, dass die Politik mutiger ihre eigentlichen Aufträge erfüllen muss. Die – gefühlte – wirtschaftliche Situation sei unmittelbar mit der Akzeptanz der Regierung und damit auch der Staatsform Demokratie verbunden. "Die größte Herausforderung ist eine ordentliche Politik", so Ebling. Menschen wollten, dass die Regierung für sie arbeite. Der Eindruck "die kriegen nichts gebacken", stünde für ein Versagen des Staates.

Für Governor Nicole Huber gab es am Ende standing ovations – für einen gelungenen Tag der Reflektion und Motivation.

Irmintraud Jost