https://rotary.de/neue-strategie-mit-blick-nach-vorn-a-1042.html
Future Vision Plan

Neue Strategie mit Blick nach vorn

Im Juli 2013 wird der Future Vision Plan (FVP) für alle Clubs wirksam. Dahinter verbirgt sich ein neues Grant-Modell der Rotary Foundation für Projekte, das zurzeit in der Pilotphase getestet wird.

Martin Gutsche14.05.2012

Der Future Vision Plan ergänzt und unterstützt den strategischen Plan von Rotary International und ermöglicht seine Umsetzung. Wir sind als Rotarier ein weltweites Netzwerk engagierter Freiwilliger, die sich aus ihrer Überzeugung heraus sozialen Fragen widmen, um die Lebensqualität von Menschen zu verbessern. Wir lassen uns von den Grundwerten Dienst, Freundschaft, Vielfalt, Integrität und Führung leiten. Es gibt die drei Prioritäten Clubunterstützung und -förderung, Ausbau des humanitären Dienstes und Verbesserung von Image und öffentlicher Wahrnehmung. Die jeweiligen Ziele sind benannt.

Der Auftrag der Rotary Foundation (TRF) besteht darin, Rotarier bei ihrem Einsatz für Frieden und Völkerverständigung durch Gesundheits- und Bildungsinitiativen sowie die Bekämpfung der Armut zu unterstützen. Der Future Vision Plan ist das neue Grant-(Zuschuss)-Modell der Rotary Foundation.

100 der rund 530 Distrikte weltweit probieren das neue Modell des Future Vision Plan in einer dreijährigen Pilotphase aus. Die Erfahrungen werden gesammelt und bewertet. Beginnend am 1. Juli 2013 ist das neue Modell in der dann nach den Erfahrungen der Pilotphase modifizierten Form für alle Clubs und Distrikte weltweit maßgeblich. Die beiden deutschen Pilot-Distrikte sind 1830 und 1860.

Die Ausgangslage oder warum etwas Neues?

Die Rotary Foundation ist vom eigenen Erfolg überholt worden. Derzeit werden jährlich 3500 bis 4500 neue Transaktionen (Stipendien, GSE, Matching Grants etc.) abgewickelt. Das erfordert einen starken Personaleinsatz und erzeugt hohe Kosten. Im Schnitt der Jahre 1965 bis 2000 wurden 300 Matching Grants abgewickelt. Seit 2000 sind es im Schnitt 2500. Die durchschnittliche Zuschussgröße beträgt bei der Rotary Foundation 12.500 US-Dollar. Bei Stiftungen vergleichbarer Größenordnung (100 Mio. US-Dollar Zuschüsse pro Jahr) liegt die durchschnittliche Zuschussgröße bei 100.000 bis 500.000 Dollar.

Daher gibt es derzeit zu wenig Programmfokussierung. Es wird zentral gesteuert und kontrolliert. Es gibt wenig Erfolgsmessung. Die Mitarbeiterleistungen sind transaktionsfokussiert. Die manuellen Prozesse sind zum Teil verwirrend.

Die Lösung

In Zukunft wird es nur noch drei Arten von Rotary-Foundation-Zuschüssen geben: Global Grants, District Grants, Packaged Grants. Daneben gibt es weiter Polio und die Friedenszentren.

Wie bisher können Distrikte nach drei Jahren im SHARE-System im Rahmen des Regelwerkes über die Verwendung von 50 Prozent der aus ihrem Distrikt stammenden Spenden in den Annual Program Fund bestimmen (District Designated Funds „DDF“). Über die anderen 50 Prozent bestimmen im Rahmen des Regelwerkes wie bisher die Trustees (World Fund Mittel). Global Grants bieten die Möglichkeit zur Teilnahme an strategisch ausgerichteten Aktivitäten mit nachhaltiger Wirkung in einem der sechs Schwerpunktbereiche

  • Frieden und Konflikt-prävention/-lösung
  • Krankheitsprävention und-behandlung
  • Wasser und Hygiene
  • Gesundheitsfürsorge für Mütter und Kinder
  • Elementarbildung
  • Wirtschafts- und Kommunalentwicklung.

Global Grants werden von Clubs und/oder Distrikten konzipiert und durchgeführt.

Die Trustees haben zu jedem der sechs Schwerpunktbereiche erläuternde Erklärungen verabschiedet. Die Global-Grant-Projekte wirken nachhaltig, d. h. zeigen insbesondere dauerhafte Ergebnisse auch nach unserer Finanzierung, nutzen lokale Ressourcen optimal und erzielen durch Trainingselemente Breitenwirkung. Es gibt messbare Indikatoren für Zielerreichung. Ein Global Grant hat ein Mindestprojektvolumen von 30.000 Dollar und einen Mindestzuschuss aus dem World Fund von 15.000 Dollar. DDF-Mittel werden zu 100 Prozent, Barbeiträge zu 50 Prozent aus dem Weltfonds bezuschusst. Global Grants werden von zwei Rotary Clubs oder Distrikten gemeinsam unterstützt: durch einen gastgebenden Partnerclub in dem Land, in dem die Aktivität stattfindet, und durch einen internationalen Partner aus einem anderen Land.

Vor einer Antragstellung reichen Clubs und Distrikte, die ihre eigenen Global-Grants-Projekte entwickeln, online einen kurzen Projektvorschlag ein. Sobald der Projektvorschlag angenommen wurde, kann ein Online-Antrag eingereicht werden. Global Grants können unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Unterstützung akademischer Studien und von Berufstrainingsteams eingesetzt werden (von Programmen zu Projekten).

Packaged Grants bieten Rotary Clubs die Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit strategischen Partnern der Rotary Foundation, in vorkonzipierten Projekten und Aktivitäten, die aus dem Weltfonds (World Fund) finanziert werden. Diese Projekte unterstützen die Schwerpunktbereiche der Foundation-Arbeit und können Stipendien, humanitäre Projekte und Berufstraining sein. Da die Vorarbeit der Suche nach strategischen Partnern und des Rahmendesigns der Projekte bereits geliefert wird, können sich die Rotarier ganz auf die Projektimplementierung konzentrieren. Strategische Partner sind bereits: Aga Khan University, Oikocredit, UNESCO-IHE und Mercy Ships.

Durch District Grants erhalten Clubs und Distrikte mehr Freiheit bei der Umsetzung von Aktivitäten zur Erfüllung des Auftrages der Foundation. Dabei werden die Distrikte ermuntert, die erhaltenen Mittel für Kurzzeitprojekte vor Ort oder im Ausland einzusetzen.

Distrikte können pro Jahr bis zu 50 Prozent ihrer District Designated Funds (DDF) in Form eines Blockgrants beantragen. Diese Grant-Mittel werden von den Distrikten dann nach eigenem Ermessen auf Distrikt- und Club-aktivitäten verteilt. Die Hauptverantwortung für die Aktivitäten verbleibt bei den Distrikten.

Alle Aktivitäten, die durch District-Grant-Mittel finanziert werden, müssen den Bestimmungen für Rotary-Foundation-Grants entsprechen.

District Grants werden ausschließlich mit DDF-Mitteln finanziert, die aus den Beiträgen eines Distrikts zum Jährlichen Programmfonds drei Jahre zuvor stammen, SHARE- Erträge aus dem Permanent Funds sind mit eingeschlossen. Distrikte können für District Grants jährlich bis zu 50 Prozent ihrer DDF-Mittel beantragen. Ungenutzte District-Grant-Mittel fließen an die Foundation zurück, um dem DDF-Guthaben des Distrikts für das kommende Jahr zugerechnet zu werden. Übertragene DDF-Mittel werden bei der Berechnung des District- Grant-Betrages nicht mit erfasst. Distrikte können pro Rotary-Jahr einen District Grant beantragen. Vor Einreichen ihres Antrags sollten Distrikte festgelegt haben, welche Aktivitäten sie mithilfe der District-Grant-Mittel unterstützen wollen. Diese Aktivitäten werden in einem Investitionsplan kurz beschrieben, der zusammen mit dem Antrag eingereicht wird.

Genehmigte District Grants werden an die Distrikte in einer Blockzahlung ausgezahlt.

Distrikte können mit ihren District-Grant-Mitteln ein breites Spektrum an Aktivitäten fördern, unter anderem auch ohne nähere Vorgaben der Rotary Foundation Berufstrainingteams und Stipendien.

Den Distrikten wird empfohlen, ihre eigenen Vorgaben und Abläufe zu Berufstrainingsteams und Stipendien zu entwickeln, die durch District-Grant-Mittel unterstützt werden sollen.

Die Rotary Foundation stellt zum sorgfältigen Umgang mit fremden Geldern bestimmte Anforderungen an qualifizierte Distrikte als denjenigen, die über TRF-Mittel verfügen. Entsprechendes gilt zwingend für qualifizierte Clubs, die Global-Grant -Mittel (DDF und/oder World Fund) erhalten (Stewardship).

Der Distrikt entscheidet, ob sich auch Clubs, die lediglich District-Grant-Mittel (DDF) erhalten, qualifizieren und zur Umsetzung des Memorandum of Understanding (MOU) verpflichten müssen.

Das deutsche Steuerrecht stellt bestimmte Anforderungen insbesondere an Rotary Deutschland Gemeindienst (RDG) als diejenige deutsche gemeinnützige Körperschaft, die die von den deutschen Rotariern empfangenen Mittel im Einvernehmen mit TRF empfängt und verwendet. RDG kann diese Verpflichtungen nur bei aktiver Mitwirkung der projektführenden Distrikte und Clubs wahrnehmen.

Der Weg dahin

Im ersten Jahr der Pilotphase 2010/11 wurden weltweit 271 Global Grants beantragt, 208 schon genehmigt und sieben bereits abgeschlossen. Der durchschnittliche World-Fund-Zuschuss betrug 25.000 Dollar, das durchschnittliche Projektvolumen betrug 57.000 Dollar. Die drei Hauptschwerpunktgebiete waren Wasser und Hygiene, Krankheitsprävention- und Behandlung sowie Elementarbildung. Die beiden deutschen Pilotdistrikte 1830 und 1860 hatten zusammen sieben Global Grants.

Es wurden 2011/12 weltweit 95 District Grants beantragt. Durchschnittlich wurden 64.000 Dollar als Blockgrants beantragt und gewährt. Die Distrikte haben diese Mittel an durchschnittlich 21 Clubs weitergegeben. Die durchschnittliche Zuschusshöhe betrug 3.061 Dollar. Der Verwendungsschwerpunkt lag bei Bildungsprojekten (hier hauptsächlich Stipendien an Studenten für ein Studium im In- oder Ausland), bei Gesundheitsprojekten und bei Projekten zur Wirtschafts- und Kommunalentwicklung im weiteren Sinne. 16 Distrikte nutzten District Grants zur Durchführung selbstorganisierter GSE- Projekte. Bis zu drei Prozent des District-Grant-Zuschusses können zur Abdeckung von Verwaltungskosten des Distriktes in diesem Zusammenhang genutzt werden. Aufgrund des einfacheren Verfahrens betrug die durchschnittliche Durchlaufzeit bei District Grants sieben Monate gegenüber 21 Monaten bei den früheren District Simplified Grants. Beide deutschen Pilotdistrikte haben eine Blockzuweisung für District Grants beantragt und erhalten.

Die Rückmeldungen aus den Pilotdistrikten nennen an Erfolgen: deutlicheres Profil auch außerhalb von Polio, Flexibilität bei District Grants, stärkere fokussierte Wirkung bei Global Grants, Zugang zu strategischen Partnern. An Herausforderungen werden genannt: der Global-Grant-Prozess, die geforderte Nachhaltigkeit, die Partnerschaft zwischen Clubs und Distrikten, der Übergang für die Nicht-Pilot-Distrikte.

Bei der Vorbereitung der Nicht-Pilot-Distrikte und ihrer Clubs auf den Start des neuen Modells am 1. Juli 2013 kommt es darauf an, dass zunächst die Distriktverantwortlichen ein inhaltliches Konzept entwickeln (Verwendung der DDF-Mittel in ihrem Distrikt), dass sie sich technisch kompetent aufstellen (ordnungsgemäße Verwaltung fremden, steuerbegünstigten Geldes) und dass sie aus den vorhandenen umfangreichen Vorschlägen dazu ein für sich passendes Konzept für das Training ihrer Clubs und die Kommunikation mit ihnen entwickeln.

Erst wenn ein vorläufiges schlüssiges Konzept entwickelt ist, sollten die Clubs mit der technischen Vorbereitung befasst werden. Anderenfalls könnten technische Fragen die Diskussion zu früh beherrschen und damit die Verwirklichung einer guten Idee erschweren. Erst sollte die Idee zünden. Dann geht die Umsetzung leichter. Schon jetzt sollten sich alle mit dem neuen Grant- Modell, mit den Schwerpunkten und mit dem Thema Nachhaltigkeit befassen.

Vorteile für die Clubs bei der Verwirklichung der rotarischen Ziele insbesondere im Bereich des humanitären Dienstes:

  • Es gibt nur noch drei anstelle der bisherigen zwölf Granttypen mit ihrer inhaltlichen Vielfalt
  • Die Prozesse werden schneller und transparenter
  • Bis zu 50 Prozent der DDF-Mittel sind im Distrikt verfügbar anstelle bisher 20 Prozent für District Simplified Grants
  • Die Distrikt-Grants werden weit geöffnet
  • Die Beratung und Evaluation durch die Mitarbeiter der Rotary Foundation liefern bessere Informationen
  • Clubs und Distrikte können Global Grants selbst gestalten oder an Packaged Grants teilnehmen
  • Die bisherigen Stipendien (Ambassadorial Scholarships) und Studiengruppenaustausch (GSE) können je nach Anspruchsniveau als Global Grants oder als District Grant gestaltet werden. Ein Vocational-Training-Team-Projekt als Global Grant erfüllt höhere Ansprüche als ein traditionelles Reise-GSE. Das ist weiterhin als Distrikt Grant möglich.
  • Die Vorlaufzeit für Stipendien wird kürzer
  • Für Stipendien als Global??Grants gibt es den World-Fund-Zuschuss
  • Welche Unterstützung gibt es?

Alles, was ich hier schreibe und viel mehr, findet sich sehr strukturiert auch im Internet. Die beiden Pilotdistrikte in Deutschland 1830 und 1860 berichten gerne über ihre Erfahrungen bisher und helfen bei der Vorbereitung. Deren Internetseiten sind Fundgruben. RDG in Düsseldorf gibt insbesondere auf der technischen und steuerlichen Seite kompetente Hilfe. Das Regional Rotary Foundation Coordinator (RRFC)-Team unterstützt mit Seminaren, Vorträgen, Unterlagen, Auskünften und Erfahrungen.

Martin Gutsche

Dr. Martin Gutsche ist Past-Gov. des Distrikts 1850 und war bis zum Ende des rotarischen Amtsjahres 2012/13 Regional Rotary Foundation Coordinator der Zone 14 und von Teilen von Zone 19.

Weitere Artikel des Autors

2/2012 Jahresbericht Rotary International und Rotary Foundation 2010/11
6/2011 Spenden, Projekte und die Rotary Foundation
2/2011 Ein neues Fördermodell
1/2011 Die Rotary Foundation 2009/10
11/2010 Die Rotary Foundation und der Future Vision Plan
2/2010 Brücken zu internationalen rotarischen Projekten
1/2010 Die Rotary Foundation 2008/09
5/2009 Die Rotary Foundation in Zeiten der Krise
Mehr zum Autor