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Future Vision Plan

Ein neues Fördermodell

Am 1. Juli 2013 wird der Future Vision Plan (FVP) für alle Distrikte in Kraft treten. Bis dahin wird er in einer dreijährigen Pilotphase von 100 Distrikten ausprobiert. Erkenntnisse hieraus und ein Überblick

Martin Gutsche15.02.2011

Rotary International und Rotary Foundation wollen von einem Modell der Programme zu einem Modell der Ressourcen für die Unterstützung von Clubs und Distrikten bei deren internationalem Engagement kommen. Anstelle von Kontrolle, Regulierung und Verwaltung sollen die Bereitstellung von Ressourcen und die Unterstützung in den Vordergrund treten. So ist auch die Beendigung des „World Community Service“ und des „Rotary Volunteer Program“ als Programm zum 30. Juni 2011 zu verstehen.

Anstelle vorgefertigter Programme (Stipendien, GSE, Matching Grants) gibt es in Zukunft nur Projekte. Diese gibt es im Rahmen der „Bestimmungen für District Grants und Global Grants der Rotary Foundation“ in diesen zwei Ausprägungen, nämlich als Global Grant (Mindestprojektgröße 30.000 Dollar, Mindestzuschuss aus dem World Fund der Foundation, in einem der sechs Schwerpunktgebiete [Frieden und Konfliktvermeidung/-lösung, Wasser und Hygiene, Gesundheit von Mutter und Kind, Krankheitsprävention und -behandlung, Elementarbildung, Wirtschafts- und Kommunalentwicklung] mit enger Begleitung durch die Foundation, oder in allen anderen Fällen (kleiner oder nicht in einem Schwerpunktgebiet) als Distrikt Grant mit der gebotenen Sorgfalt in freier Verantwortung der Clubs und Distrikte im Rahmen der rotarischen Zielsetzung. Damit wird angestrebt, eine stärkere innere Beteiligung der Clubs und Distrikte, ein klareres Bild von Rotary auf bestimmten Gebieten und eine Effizienzsteigerung der Foundation.

In der Pilotphase 2010/11 bis 2012/13 haben die Nichtpilotdistrikte Gelegenheit, sich in Ruhe im Austausch mit Pilotdistrikten auf das neue Fördermodell vorzubereiten. Es ist vorzubereiten die Einsicht in die Sinnhaftigkeit des neuen Modells (von Programmen zu Projekten), die erforderliche Struktur, die personelle Besetzung, die Fähigkeit und die Verfahren zur ordnungsgemäßen Verwendung von Stiftungsgeldern und die Politik der einzelnen Distrikte im Zusammenhang mit der Verwendung der sogenannten DDF-Mittel (District Designated Funds). Die der Rotary Foundation zugewendeten Mittel werden drei Jahre lang investiert. Aus den Erträgen werden die Betriebskosten der Rotary Foundation finanziert. Nach diesen drei Jahren werden die empfangenen Spenden für die Projekte ausgegeben. Die Zuschussverantwortung ist geteilt zwischen den Distrikten, aus denen die Spenden kommen (50 Prozent DDF-Mittel), und den Trustees der Rotary Foundation (50 Prozent World-Fund-Mittel). Dies ist das seit Langem praktizierte SHARE-System (zwischen Distrikten und Trustees geteilte Verwendungsverantwortung).

Fördermodelle im Vergleich

Die Distrikte können bis zu 50 Prozent der ihnen für ein bestimmtes Jahr zugewiesenen DDF-Mittel in diesem Jahr für Distrikt-Grants ausgeben. Für die ordnungsgemäße Verwendung tragen die Clubs und die Distrikte die Verantwortung. Die Mittel werden den Distrikten auf Antrag in einer Summe als Blockzuweisung zur Verfügung gestellt. Distrikt-Grants können für alle Projekte im In- und Ausland gewährt werden, die der rotarischen Zielsetzung entsprechen.

Mindestens 50 Prozent und ggf. ein Vortrag stehen für Global Grants zur Verfügung. Global Grants betreffen einen Schwerpunktbereich, das Projektvolumen beträgt mindestens 30.000 Dollar und der World-Fund-Zuschuss mindestens 15.000 Dollar (heute bei Matching Grants mindestens 5000 Dollar).

Zu Distrikt-Grants und zu Global Grants gibt es entsprechend der jeweiligen Distrikt-Politik Foundation-Zuschüsse aus DDF Mitteln. Zu Global Grants gibt es zusätzliche Foundation-Zuschüsse auch aus dem World Fund (50 Prozent zu den Clubmitteln und 100 Prozent zu den DDF-Mitteln).

Was also könnte sich ein Beirat eines Nichtpilot-Distriktes vor diesem Hintergrund heute schon dazu überlegen, wie der Einsatz der seiner Bestimmung unterliegenden Mittel der Foundation in 2013/14 beispielhaft aussehen könnte?

Der Distrikt A rechnet damit, im Jahr 2013/14 für die Verwendung von 140.000 Dollar DDF-Mittel die Verantwortung zu tragen (weil von den Mitgliedern seiner Clubs vor drei Jahren [2010/11] 280.000 Dollar an die Rotary Foundation gespendet worden sind). Wie er aus der Foundation unter dem neuen System bei entsprechendem Bedarf die Aktionen seiner Clubs fördern könnte, wobei er die Förderung aus dem World Fund der Foundation durch die Trustees mit bedenkt, zeigt exemplarisch Abb. 1. Wie für das Jahr 2010/11 die Förderung in diesem Distrikt nach dem alten System beispielhaft aussieht, zeigt Abb. 2.

Nach der Pilotphase

Für die Planung 2013/14 spielen folgende Überlegungen eine Rolle:

Die 50 möglichen Dollar für Distrikt-Grants sollen ausgeschöpft werden. Die Clubs sollen die Freiheit haben, Projekte – regional und international – auch ohne die Expertise der Foundation, ohne Mindestgrößen und ohne Bindung an die Fokusgebiete in Eigenverantwortung mit ihren Distrikten zu gestalten.

Im Bereich der Distrikt-Grants will der Dis­trikt zunächst ein Stipendium und einen Berufsgruppenaustausch selbst organisieren und auf der DDF-Schiene aus der Foundation ohne Clubmittel finanzieren. Über die Zeit ist daran gedacht, die entsendenden Clubs auch finanziell zu beteiligen, um die nachhaltige Verbindung zu stärken.

In gedanklicher Fortführung der alten „kleinen“ Matching Grants sollen weitere Projekte nach dem bisher in etwa praktizierten Verhältnis Clubmittel zu Foundation Mitteln 1:1 gefördert werden. Diese bisherige Praxis 1:1 ergibt sich aus den Zahlen 2009/10. In diesem Jahr sind 139 Matching Grants unter Beteiligung eines deutschen Clubs gefördert worden. Die Clubmittel in diesen Projekten (deutsche, andere internationale und Host Clubs) betrugen 1,8 Mio. Dollar, die DDF-Mittel 1,1 Mio. Dollar, die World-Fund-Mittel 0,9 Mio. Dollar, das Projektvolumen also insgesamt 3,8 Mio. Dollar. Das ist ein Verhältnis Clubmittel zu Foundation-Mitteln von 1:1,1. Viele lagen darüber, viele darunter. Die Streuung geht von 1:0,2 bis 1:10. Von den 139 Projekten wurden 100 mit 1:1,5 und weniger gefördert. Von den 139 Projekten hatten im übrigen 44 ein Volumen von 30.000 $ und mehr, 72 eines von 15.000 $ und mehr und 23 ein Volumen von unter 15.000 $.

In den monatlich unter www.rotary.org veröffentlichten Future Vision Pilot News finden sich Beispiele von Distrikt-Grant-Anträgen einzelner Pilotdistrikte. In der Dezember-Ausgabe 2010 ist auf den Modellplan D 5960 USA hingewiesen. Dort finden sich Berufstrainingsteams, Brunnenbau in Indien, Bau örtlicher Sporteinrichtungen und Katastrophenhilfe. Weitere Anregungen finden sich unter www.matchinggrants.org/global und hier unter dem Reiter District Grants. Dies ist übrigens die Seite, unter der man für Global Grants, Distrikt Grants und Matching Grants sehr effektiv Partner suchen und finden kann.

Global-Grant-Projekte

Bei den Global Grants lassen sich die 15.000 Dollar und die 30.000 Dollar Bedingung offenbar am einfachsten dadurch erfüllen, dass die Clubmittel 1:1 durch DDF-Mittel gefördert werden. Bei 10.000 Dollar Clubmitteln ergeben sich dann 10.000 Dollar DDF-Mittel und 15.000 Dollar World Fund Mittel. Unter dieser Annahme sind sieben Global Grants möglich. Das führt zu einer „Superförderung“ mit einem Verhältnis Clubmittel zu Fördermitteln von 1:2,5.

In den Future Vision Pilot News finden sich immer wieder Beispiele für genehmigte Global Grants aus den verschiedenen Fokusgebieten. In der Dezember-Nummer 2010 wird auf ein Berufstrainingsteam hingewiesen. Der von den Distrikten 6560 (Indiana, USA) und 9200 (Eritrea, Äthiopien, Kenia, Tansania und Uganda) organisierte Einsatz ermöglichte es einem zwölfköpfigen Team vom Riley Hospital for Children in Indianapolis, Indiana, in Kampala lebensrettende Herzoperationen durchzuführen. Neben den Eingriffen teilte das Team seine medizinischen Fachkenntnisse mit Kollegen vor Ort in Uganda. Der Einsatz wurde unter anderem durch ein Global Grant von 33.000 Dollar finanziert, das durch die Rotary Clubs Makindye, Uganda, und Greenfield, Indiana, gesponsert wurde. Im Einklang mit dem Future Vision Plan der Rotary Foundation und dem RI-Strategieplan fällt das Projekt in einen der neuen Schwerpunktbereiche (Gesundheit für Mutter und Kind).

Was bedeuten diese Veränderungen?

Für die Projektbegünstigten werden Effektivität und Nachhaltigkeit der Hilfe verbessert.

Die helfenden Clubs haben zwei Optionen: das selbst organisierte Distrikt-Grant-Projekt, das bei entsprechender DDF-Mittel-Politik des Distriktes wie bisher etwa mit 1:1 aus der Rotary Foun­dation gefördert werden kann und das ebenfalls selbst entwickelte Global-Grant-Projekt in einem Schwerpunktgebiet, mit einer gewissen Größenordnung, mit beratender und unterstützender Begleitung der Foundation und mit einer hohen Förderung aus der Rotary Foundation (DDF und World Fund) von 1:2,5. Die Distrikte haben die Chance und die Aufgabe, ihre Clubs auf dem Wege vom vorgefertigten Programm zum passgenauen Projekt, bei der Suche nach kreativen Lösungen zu begleiten und die entsprechenden organisatorischen, personellen und finanziellen Voraussetzungen auf Distriktebene zu schaffen.

Alle anderen Helfer wie Beauftragte des Deutschen Governorrates, Länderausschüsse als Brückenbauer zwischen Clubs in Deutschland und in einem bestimmten anderen Land, Rotary-Koordinatoren und das Regional-Rotary-Foundation-Koordinatoren-Team haben den Auftrag, sich mit dem neuen strategischen Ansatz „vom kontrollierten Programm zum unterstützten Projekt“ detailliert vertraut zu machen und sich insbesondere den Distrikten für Unterstützung bei deren Überzeugungsarbeit bei den Clubs zur Verfügung zu stellen.

Martin Gutsche

Dr. Martin Gutsche ist Past-Gov. des Distrikts 1850 und war bis zum Ende des rotarischen Amtsjahres 2012/13 Regional Rotary Foundation Coordinator der Zone 14 und von Teilen von Zone 19.

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