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TRF-Bilanz

Jahresbericht Rotary International und Rotary Foundation 2010/11

Martin Gutsche06.02.2012

Der Jahresbericht 2010/11 Rotary International und Rotary Foundation zeigt an eindrucksvollen Beispielen, wie die Rotarier in Rotary International im vergangenen rotarischen Jahr insbesondere bei Polio und in den sechs Schwerpunktgebieten (Frieden und Konfliktvermeidung/-lösung, Krankheitsvorsorge und -behandlung, Wasser und Hygiene, Gesundheit von Mutter und Kind, Elementarbildung, Lesen und Schreiben, Wirtschafts- und Kommunalentwicklung) Menschen in der Welt geholfen haben.

Diese großartigen Leistungen wurden ermöglicht durch den persönlichen Einsatz vieler

Rotarier und durch wesentliche finanzielle Beiträge. Die Spenden in den Jährlichen Programmfonds (Annual Program Fund – APF) betrugen 107,7 Mio. US-Dollar, das zweithöchste Ergebnis in der Geschichte der Rotary Foundation.

Investmentergebniss übersteigen Betriebsausgaben

Der Jährliche Programmfonds ist unsere gemeinsame Kasse, die wir alle unter dem Motto „Jeder Rotarier jedes Jahr im Durchschnitt mindestens 100 Dollar“ ohne konkrete Projektbestimmung füllen (s. Abb. 1). Aus diesem Fonds, in den auch Erträge aus dem Permanent Fund fließen, unterstützen wir mit Zuschüssen/Grants gemeinsam diejenigen von uns, die ein konkretes Projekt planen, finanzieren und durchführen.

Zu den Unterstützern zählen:

• 44 Mitglieder der Arch C. Klumph Society (Spenden ab 250.000 Dollar)

• 1348 Major Donors (Großspender; Spenden ab 10.000 Dollar)

• 609 Bequest-Society-Mitglieder (Testamentsverfügungen von 10.000 Dollar oder mehr)

• 2978 Benefactors (Gönner; Testamentsverfügungen von 1000 Dollar oder mehr)

• 61.501 Paul Harris Fellows (Spenden ab 1000 Dollar)

Auch die Rotary Peace Centers Major Gifts Initiative zur Unterstützung der Friedensstipendien war erfolgreich. Bis 30. Juni 2011 betrug der Kontostand hier

58 Mio. Dollar, 3 Mio. mehr als das Etappenziel. Bis 2015 zielt diese Initiative darauf ab, einen Endowment-Fonds mit 95 Mio. Dollar auszustatten, um damit langfristig die Rotary Peace Centers abzusichern.

Die Rotary Foundation legt – abgesehen von einer Betriebsreserve – die in den Jährlichen Programmfonds geleisteten Spenden mit langfristigem Zeithorizont an, um den Betriebsaufwand der Foundation (Fondsentwicklung und Allgemeine Verwaltung) aus den Investmentergebnissen (Zinsen, Dividenden, Marktwertveränderungen) zu decken. Drei Jahre nach Zufluss werden die Spenden im SHARE-System für Programme verwendet. Die Trustees und die Distrikte bestimmen über die Verwendung von je der Hälfte der Foundation-Mittel (World Fund und District Designated Funds – DDF).

Die Abb. 4 zeigt die bei Jahresbetrachtung naturgemäß schwankenden Investmentergebnisse. Insgesamt waren sie über die letzten 17 Jahre mit 534,9 Mio. Dollar positiv. Die mehr oder weniger stabilen Betriebsaufwendungen betrugen über diese Zeit insgesamt 273,1 Mio. Dollar. Damit haben die Investmentergebnisse in dieser Zeit die Betriebsaufwendungen um 261,8 Mio. Dollar überdeckt. Die gelbe Linie zeigt Jahr für Jahr die kumulierte Entwicklung des Saldos aus Investmentergebnissen und Betriebsaufwendungen. Dieser Betrag steht grundsätzlich zusätzlich zu den Spenden für Programmaufwendungen zur Verfügung, sodass mehr als alle Spenden der Rotarier für Programme zur Verfügung stehen.

Abb. 2 zeigt, dass in diesen 17 Jahren insgesamt 2696,8 Mio. Dollar (2161,9 Mio. Dollar aus Spenden und 534,9 Mio. Dollar aus Investmentergebnissen) zur Verfügung standen. Davon wurden 1987,6 Mio. Dollar für Programme verwendet und 273,1 Mio. Dollar für Betriebsaufwendungen. Um 436,1 Mio. Dollar hat sich das Vermögen der Foundation erhöht, das grundsätzlich für Programme zur Verfügung steht. Für Programme verwendete und verwendbare Mittel belaufen sich also auf 2423,7 Mio. Dollar. Dieser Betrag liegt um 261,8 Mio. Dollar über den erhaltenen Spenden. Also gehen alle Spenden der Rotarier in die Programme.

Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) hat allgemein anerkannte Kriterien für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von gemeinnützigen, spendensammelnden Einrichtungen entwickelt. Das DZI ist eine Stiftung, getragen vom Senat von Berlin, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dem Deutschen Industrie- und Handelstag, dem Deutschen Städtetag und der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege e.V., nach der sich auch andere namhafte spendensammelnde Organisation in Deutschland wie zum Beispiel UNICEF richten. Danach gehört zu den Programm­ausgaben nicht nur die Programmförderung, sondern auch die Programmbegleitung. Die Programmbegleitung umfasst neben der Betreuung der Programme die der Programmförderung vor- und nachgelagerten Tätigkeiten bei der betreffenden Organisation. Darunter fallen vor allem die Vorbereitung und Auswahl geeigneter Programme, die Prüfung von Unterstützungsanträgen, das Controlling, die Revision und die Evaluierung der Projekte.

Beurteilung der Wirtschaftlichkeit nach anerkannten Regeln

Dieser Ansatz deckt sich mit dem anderer neutraler und sachverständiger Betrachter der Szene wie z. B des Charity Navigators. Auch die Rotary Foundation berichtet nach diesem Ansatz. Weitergehend als andere Organisationen zeigt die Foundation die Programmbegleitkosten (Programmbetriebsausgaben) zusätzlich gesondert als Teil der Programmaufwendungen.

Der Betriebsaufwand umfasst die Fondsentwicklung und die Allgemeine Verwaltung.

Die Fondsentwicklung enthält die Aufwendungen für Personal, Dienste, Kommunikation, Publikationen, Öffentlichkeitsarbeit, Material, Computerunterstützung, rechtsanwaltliche Beratung und Anerkennungen zur Spendensteigerung und Würdigung von Spendern.

Die Allgemeine Verwaltung zeigt Aufwendungen für Personal, Dienste, Kommunikation, Material, Computerunterstützung, rechtsanwaltliche Beratung, Buchführungsgebühren und Dienste für Trustees (administrative Unterstützung, Kosten für Sitzungen, Reisekosten) bei der Verwaltung des Foundation-Vermögens.

Langfristige Entwicklung ist entscheidend

Der Jahresbericht erläutert die Investitionen der Foundation näher. Während des Rechnungsjahres wurden die aktualisierten Investitionsrichtlinien für den Jährlichen Programmfonds und den Permanent Fund implementiert. Es wird erläutert, dass die neuen Portfolios reduzierte Kapitalrisiken tragen und besseren Schutz gegen Extremrisiken wie galoppierende Inflation, längerfristige Deflation, zukünftige Kreditrisiken oder starke Preisschwankungen für Öl und Gold bieten.

Die Investitionsprogramme werden vom Investitionsausschuss der Foundation beaufsichtigt. Dieser besteht aus drei Trustees und rotarischen professionellen Investmentspezialisten. Zusätzliche Aufsicht führt der RI-Investitionsausschuss. Rotary konsultiert daneben auch einen unabhängigen Investmentberater, der beide Organisationen in Investmentangelegenheiten berät und die Investitionen von Rotary überwacht. Alle Fonds von Rotary werden von erfahrenen und professionellen Vermögensverwaltern gemanagt.

Nach schlechten Anlagejahren 2007/08 (- 44,3 Mio. Dollar) und 2009 (- 163,9 Mio. Dollar) betrug das Investitionsergebnis der Foundation 2010/11 positiv 119,5 Mio. Dollar (nach 2009/10 positiv 54,3 Mio. Dollar). Auf die langfristige Entwicklung kommt es an.

In 2010/11 wurden 168,6 Mio. Dollar für Programme ausgegeben und 23,2 Mio. Dollar für Betriebsaufwand (17,5 Mio. Dollar für Fondsentwicklung und 5,7 Mio. Dollar für Allgemeine Verwaltung).

Der Betriebsaufwand betrug 2010/11 und im Durchschnitt der letzten 17 Jahre zwölf Prozent der Gesamtaufwendungen für Programme und Betriebskosten. Die Betriebsaufwendungen werden insgesamt beim Jährlichen Programmfonds gezeigt. Der Permanent Fund dient mit seinen Erträgen den aus dem Jährlichen Programmfonds finanzierten Programmen. Für den PolioPlus-Fonds gelten im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der Gates Foundation besondere Regeln. Eine Aufteilung des Betriebsaufwandes auf die einzelnen Fonds ist nicht sinnvoll möglich. Die Spendenwege „Every Rotarian Every Year“ (Jährlicher Programmfonds); „End Polio Now“; „To Secure Tomorrow“ (Permanent Fonds) und „Peace Is Possible“ (Friedensstipendien) hängen untrennbar zusammen. Die allgemeine Verwaltung der Foundation erfolgt einheitlich.

Im Vergleich: Aufwandsquote bei der Foundation eher niedrig

Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) sieht einen Anteil des Betriebsaufwandes von bis zu 10 Prozent des Gesamtaufwandes als niedrig an, von 10 bis unter 20 Prozent als angemessen und von 20 bis 35 Prozent als vertretbar. Andersherum sollten mindestens 65 Prozent des Gesamtaufwandes in die Programme gehen (Projektausgaben und Projektbegleitung). Auch dieser Ansatz deckt sich mit dem anderer neutraler und sachverständiger Betrachter der Szene wie z.?B. des Charity Navigators.

Also, die Foundation gibt 88 Prozent ihrer Ausgaben in die Programme. Zwölf Prozent fallen für Betriebsaufwand an. Diese Aufwandsquote ist nach den Kriterien des DZI und im Vergleich mit anderen Organisationen sehr angemessen, in der Nähe von niedrig. Beim externen Vergleich ist es wichtig, darauf zu achten, dass der Gesamtaufwand als Bezugsgröße genommen wird und dass die Begriffe Programmaufwand, Betriebsaufwand etc. die üblicherweise verwendeten Inhalte haben. Weitergehend als andere Organisationen zeigt die Foundation die Programmbegleitaufwendungen als Teil der Programmaufwendungen gesondert an. Sie belaufen sich bei der Foundation 2010/11 und im Schnitt der letzten 17 Jahre auf 9,6 Prozent der Gesamtaufwendungen. Diese Zusatzinformation darf nicht dazu führen, die Programmbegleitaufwendungen aus den Programmaufwendungen herauszunehmen, sie den Betriebsaufwendungen zuzuschlagen und dann das Ergebnis mit anderen zu vergleichen. Das wäre der Vergleich von Äpfeln mit Birnen (s. Abb. 3).

Die Wertung der relativen Höhe des Betriebsaufwandes ist von der Frage nach der Deckung dieses Aufwandes zu unterscheiden. Bei der Foundation ist nicht nur der Kostensatz für sich genommen sehr angemessen, in der Nähe von niedrig. Unabhängig davon werden bei der Foundation diese Betriebskosten – wie vorher gezeigt – nicht aus den Spenden gedeckt, sondern aus den Investmentergebnissen. Der Überschuss der Investmentergebnisse über die Betriebskosten über 17 Jahre kumuliert von 261,8 Mio. Dollar deckt sogar auch noch die Programmbegleitaufwendungen in Höhe von 216,0 Mio. Dollar (17 Jahre kumuliert).

Ich empfehle die Lektüre des Jahresberichtes 2010/11 von Rotary International und Rotary Foundation sehr. Er gibt auf 40 Seiten interessante Informationen zu Sinn, Zweck und Erfolg unserer gemeinsamen karitativen Anstrengungen.

 

Martin Gutsche

Dr. Martin Gutsche ist Past-Gov. des Distrikts 1850 und war bis zum Ende des rotarischen Amtsjahres 2012/13 Regional Rotary Foundation Coordinator der Zone 14 und von Teilen von Zone 19.

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