Kolumne Peter
von Peter Peter |
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Hauptsache süß, frittiert oder beides zusammen – wenn Karnevalfans rund um den Globus feiern, dann mit ordentlich Butter, Schmalz und Palmöl.

Kann man Konfetti essen? Klar, wenn es sich nicht um Papierschnitzel, sondern echte bunt gefärbte Zuckermandeln handelt. Dieser süße Regen aus Konfekt wurde früher im venezianischen Karneval ins Maskentreiben geworfen und führte zu ausgelassenen Balgereien. Heute hält das Städtchen Sulmona, die Abruzzen-Heimat des lateinischen Liebesdichters Ovid, die Tradition dieser Mandel-Confetti aufrecht.

Seltsam, dass in der Faschingszeit, die ja von der Kirche als Feier- und Schlemmerzeit vor dem 40-tägigen Osterfasten eingeführt wurde, der Appetit auf Süßes größer als der auf Fleischliches ist. In deutschsprachigen Landen bäckt man Berliner, Fastnachtskrapfen oder überzuckerte schwäbische Scherben. Schwer widerstehen kann ich venezianischen Fritole, knusprigen, mit Grappa-Rosinen gespickten Hefeteigbällchen, zu denen gerne heißer Vin brulé gekippt wird. Passt wunderbar in die kalte Jahreszeit, aber der wahre Grund für diese Traditionen ist total veraltet. Denn alle diese Leckereien waren ursprünglich Schmalzgebäck, und tierisches Fett war in der Fastenzeit ab Aschermittwoch verboten – heute ist in Schweineschmalz Rausgebackenes zur absoluten Rarität geworden. Fetttriefendes hat trotzdem überlebt und den Sprung über den Ozean geschafft. Selbst Brasiliens Samba-Karnevalisten stärken sich mit frittierten Empadinhas oder in Palmöl brutzelnden AcarajéBällchen aus Bohnenmus. Mit Mohn oder Pflaumenmus gefüllte Hamantaschn hingegen, die zu Purim, dem „jüdischen Karneval“ gereicht werden, werden nur im Ofen gebacken.

Das Gros der Narren will tanzen, tollen und tief in die Nacht hineinfeiern. Zu diesem Gemeinschaftserlebnis passt Streetfood wie eine Tessiner SafranRisottata oder Häppchen wie ein rheinisches Mettbrötchen einfach besser als üppige Fleischorgien mit Kalbsleber alla veneziana und Riesensteaks – schließlich will Jeckin oder Jeck irgendwie fit und ausgelassen bleiben. Außerdem ist der meiste Fastnachtsimbiss fett genug, um den Magen gegen ausschweifenden Alkoholkonsum zu puffern. Karnevalsküche ist oft Katerküche, wie die köstlich schmeckende Basler Mehlsuppe aus eingekochter Knochenbrühe, die, mit einem Schuss Merlot verfeinert, müde Masken in den Morgenstunden wieder auf Trab bringt.

À propos Masken. Die klassischen Theaterfiguren der Commedia dell’Arte erzeugen Lachsalven durch ihre unermüdliche Naschsucht. Der verfressene Pulcinell ist zur Symbolfigur der Pizza Napoletana geworden. Hanswurst war ursprünglich Sauschneider und Wurstmacher, und wo Harlekin auftritt, ist eine Leckerei nicht weit wie in Goldonis Polenta-Sketch aus Liebe macht erfinderisch (1742).

„Wenn das Wasser zu murmeln beginnt, dann nehm ich von der wunderschönen goldenen Pulverzutat … und poco, poco lass ich sie mit dem Wasser verschmelzen, in dem Du mit kundigem Quirl Kreise und Linien ziehst … Dann jagen wir drüber Hand in Hand eine mächtige Portion frischer, gelber, leckerer Butter, dann genauso mächtig, gelb und gut gerieben, Käse, und dann? Und dann nehmen Arlecchino und Rosaura, er von einer Seite, sie von der anderen, jeder mit einer Gabel … gleichzeitig von dieser wohlabgeschmeckten Polenta und wir machen daraus einen Schmaus eines Kaisers würdig …“

„Carnem levare“ – das Fleisch wegnehmen – lautet die lateinische Etymologie des Wortes Karneval. Doch die kasteiende Absicht hat sich längst ins Gegenteil verwandelt. Für viele ist das luxuriös bestückte Aschermittwochsfischessen zum kulinarischen Höhepunkt nach dem Fastfood des närrischen Treibens avanciert.

Peter Peter

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