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von Florian Quanz |
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Ganz vorsichtig gleitet Hossein Rezayi mit dem Schleifgerät über das Karosserieteil. Die Herausforderung besteht darin, gleichmäßig zu schleifen und nicht zu fest aufzudrücken.

Erst schleifen, dann neu lackieren. Für Rezayi ist es zur Routine geworden, bereitet ihm aber immer noch Spaß. Präzision ist gefragt – und er liebt diese tägliche Herausforderung. Sie hat auch etwas Künstlerisches. Das schätzt Rezayi an seiner Arbeit.


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Der 24-jährige Afghane absolviert eine Ausbildung zum Fahrzeuglackierer bei der Carl Friederichs GmbH in Frankfurt am Main. Die Ausbildungsstelle hat der Flüchtling auch Rotary zu verdanken, besser gesagt Heidrun Dörken vom RC Frankfurt am Main-Städel. Dörken nahm 2017 an einem Mentoring-Programm für junge Menschen mit Fluchterfahrung teil. Bei dem vom Verein „beramí berufliche Integration“ organisierten und geführten Projekt Mentea, welches die Rotary Clubs Frankfurt am Main-Friedensbrücke, Frankfurt am Main-Städel und Frankfurt am Main-International personell wie finanziell unterstützten, wurde sie für ein Jahr zur Mentorin für Hossein Rezayi. „Die Mentoren haben ihrem Flüchtlingspaten bei Behördengängen geholfen, Lebensläufe mit ihnen verfasst, für Bewerbungsgespräche geübt und nach einer beruflichen Perspektive geschaut“, erklärt Dörken das Engagement von ihr und den elf weiteren Mitstreitern.

Hossein Rezayi kam im November 2015 nach Deutschland. Als Mitglied der Volksgruppe der Hazara und afghanischer Staatsbürger sah er sich ständiger Unterdrückung im Iran ausgesetzt. Mit 19 Jahren flüchtete er nach Deutschland. „Ich wollte mich vom ersten Tag an integrieren. Nur so habe ich doch eine Chance auf ein besseres Leben hier“, erklärt Rezayi. In der Frankfurter Flüchtlingsunterkunft nahm er an Integrationskursen teil, lernte Deutsch und machte seinen Hauptschulabschluss. Gemeinsam mit Heidrun Dörken überlegte er dann, wie er ins Berufsleben starten könnte. „In Teheran habe ich als Tischler und Polsterer gearbeitet“, sagt Rezayi. Sich für einen Ausbildungsplatz als Fahr­zeug­lackie­rer zu entscheiden, lag zunächst nicht auf der Hand. „Ich habe ihm geraten, einen Beruf zu wählen, in dem ein akuter Mangel an Auszubildenden herrscht“, erzählt Dörken. „Da sind die Chancen größer, im Anschluss an die Ausbildung übernommen zu werden und langfristig eine Perspektive zu haben.“

Bereut hat Rezayi die Entscheidung nie. Blickte er früher stolz auf gefertigte Sofas, schaut er heute zufrieden auf lackierte Autoteile. Hossein Rezayi ist integriert und in der Gesellschaft angekommen. Er hat hart dafür gearbeitet – gemeinsam mit Rotary.

Nachtrag der Redaktion: Hossein Rezayi hat Anfang Juli 2021 seine Ausbildung geschafft. Dies gelang von insgesamt 18 Auszubildenden nur sieben weiteren in seinem Ausbildungsgang. Herzlichen Glückwunsch!


 

 


Florian Quanz

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