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Rotary Aktuell

Haben Sie auch einen Spleen?

Rotary Aktuell - Haben Sie auch einen Spleen?
Die Ausstellung „The Coke Side of Art“ präsentiert „The Bottle“, 28 Gouachen auf Papier, des Künstlers Toon Teeken. Darunter eine Auswahl der gesammelten Flaschen von Frank Alois Schlag © Frank Alois Schlag

Schießeisen sammeln, Vögelchen schnitzen oder Dinosaurierknochen ausgraben: Wir stellen sechs Rotarier vor, die außergewöhnlichen Hobbys nachgehen und dabei oft an ihre Grenzen stoßen – jeder auf seine Weise

Insa Fölster01.08.2024

Flasche sei Dank

Frank Alois Schlag (RC Essen-Hellweg) bringt es auf den Punkt: „Selbst eine kleine Glasflasche kann für große Spannung sorgen.“ Auf das Leben von Frank Alois Schlag trifft das jedenfalls zu 100 Prozent zu: Der Galerist aus Essen sammelt Coca-Cola-Glasflaschen aus aller Herren Länder. Am liebsten aus jedem Land, in dem es Coca-Cola jemals gab. Besonders stolz ist er deshalb auf eine Flasche aus Havanna aus dem Jahr 1960, denn die Produktion von Coca-Cola wurde in dem Inselstaat im Jahr 1962 aufgrund eines Handelsembargos eingestellt.

Seine Sammlung zu vergrößern, daran arbeitet er seit über vier Jahrzehnten. Den Anstoß gab eine Urlaubsreise im Sommer 1982 nach Italien. Von einem Zwischenstopp auf einer Passstraße in den Dolomiten brachte er als Souvenir eine kleine Coca-ColaGlasflasche mit. Die Sammelleidenschaft war geboren. Inzwischen kann er Coca-Cola-Flaschen durch Zeichen und Jahreszahlen „lesen“ und einschätzen, aus welchem Land sie kommen. Es ist zwar überall Coca-Cola drin, aber kaum eine Flasche gleicht der anderen. Aktuell lagert Frank Alois Schlag über 800 Glasflaschen aus etwa 135 Ländern fein säuberlich beschriftet und nach Ländern sortiert in Kisten in seinem Keller.

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Die Sammlung von Frank Alois Schlag ist noch lange nicht vollständig. Er freut sich über Neuzugäng © Frank Alois Schlag

Die erste Flasche Coca-Cola in Deutschland wurde 1929 in Essen abgefüllt. Zum 90-jährigen Bestehen von Coca-Cola in Deutschland bekamen einige von Schlags Flaschen vorübergehend eine Bühne in der Öffentlichkeit: In seiner Essener Galerie für zeitgenössische Kunst präsentierte er im Jahr 2019 anlässlich des Jubiläums circa 400 Flaschen und etwa 70 Coca-Cola-affine Kunstwerke von internationalen Künstlerinnen und Künstlern in der Ausstellung „The Coke Side of Art“. Ein kleiner „Ritterschlag“ aus dem Konzern-Hauptsitz in Atlanta: Die damalige Chefarchivarin aus Atlanta schrieb ein Grußwort für den Ausstellungskatalog.

Selbstverständlich plant Frank Alois Schlag auch zum 100. Jubiläum eine Ausstellung. Bis dahin möchte er seiner Sammlung noch viele Flaschen aus weiteren Ländern hinzufügen. Die Liste fehlender Länder ist noch lang und der Ehrgeiz nach wie vor groß. „Jede Flasche, die aus einem fremden Land dazukommt, ist ein Blick von außen auf dieses Land“, sagt Schlag und fügt hinzu: „Coca-Cola-Flaschen verbinden mich mit der Welt.“

Hier finden Sie die Liste der noch fehlenden Länder. Frank Alois Schlag freut sich über Mitbringsel aus Glas: rotary.de/a23880


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Mehr als Knall und Rauch

Sein Spezialgebiet sind die antiken Waffen, genauer gesagt die Waffen aus der East India Company (EIC) und des nachfolgenden East Indian Government (EIG). Die EIC als britische Kaufmannsgesellschaft für den Indienhandel, die Indien bis 1858 verwaltete, wurde nach einem Aufstand ihrer Truppen aufgelöst. Das EIG übernahm die Verwaltung Indiens, Königin Victoria wurde Kaiserin von Indien. „Da beide Organisationen untergegangen sind, ergibt sich ein geschlossenes Sammelgebiet“, sagt Hans Rudolf Sangenstedt. Der Rotarier aus dem RC Bonn-Rheinbach sammelt Waffen, seitdem er einst vor vielen Jahrzehnten als Hilfslehrer an einer US-amerikanischen Schule in der Schweiz als Begleitung für den Schießunterricht eingeteilt wurde. Dort in der Schweiz kaufte er sich auch sein erstes Gewehr. Mit der Zeit konzentrierte er sich auf antike Waffen. Seine Vorliebe für Vorderlader der EIC spitzte sich zu und war von Dauer. Heute allerdings läuft das Sammeln unter erschwerten Bedingungen. Kamen die Waffen damals über britische Antiquitätenhändler aus Indien zurück, ist die Ausfuhr heutzutage streng verboten, sie zählen zum nationalen Erbe.

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Hans Rudolf Sangenstedt © Sarah Larissa Heuser

Nur noch selten taucht ein neues Exemplar auf einschlägigen Plattformen im Internet auf, das seine Sammlung noch sinnvoll ergänzen könnte. Auf ein Modell ist Hans Rudolf Sangenstedt besonders stolz: ein Steinschlossgewehr von 1810, das er von einer britischen Filmproduktionsfirma erstanden hat, die in Indien einen Historienfilm gedreht hatte. Bei der Rücksendung der für den Film nachgebauten Gewehre ist das eine oder andere Original untergemischt worden. Mittlerweile stehen 30 Waffen verschiedener Typen bei Hans Rudolf Sangenstedt im Arbeitszimmer. Er restauriert die Waffen beziehungsweise lässt sie restaurieren, da sie meist in einem schlechten Zustand aus Indien zurückkamen. „In Deutschland bin ich wohl der Einzige, der diese Waffen systematisch sammelt“, sagt er und berichtet von viel Unverständnis, auf das er für sein außergewöhnliches Hobby stößt. Ihm ist das egal. Hans Rudolf Sangenstedt hält mit Sammlerfreunden aus den USA und Großbritannien Kontakt und sammelt beharrlich weiter. Sein Interesse für „Knall und Rauch“ ist einfach zu groß.


Schlüsselerlebnis auf Reisen

Mit rund 14.000 Exponaten ist die Schell Collection die größte Sammlung von Schlössern, Schlüsseln, Kassetten, Truhen, Tresoren – kurzum von allem Versperrbaren – weltweit. Auf 2500 Quadratmetern werden Exponate aus beinahe 2000 Jahren in einem Museum in Graz präsentiert. Diese Schätze hat Hanns Schell (seit 1996 Mitglied des RC Graz) mit Unterstützung seiner Familie in sechs Jahrzehnten gesammelt und viele der Stücke so vor dem Verfall oder dem Verlust bewahrt.

Hanns Schell, Spross der Grazer Unternehmerfamilie, die über Generationen die Eisenwarenhandlung Odörfer betrieb, ist – was seine Hobbys betrifft – ein Mann der Extreme. Seine Leidenschaft für die Berge führte ihn als jungen Mann schon hoch hinaus. Mit seinen Erstbesteigungen von einigen 7000ern hat Hanns Schell Mitte der 1960er Jahre für Aufsehen gesorgt. Und auch bei der legendären Erstbesteigung des Mount Everest ohne künstlichen Sauerstoff war er in der Expeditionsgruppe um Reinhold Messner und Peter Habeler. Den Nanga Parbat (8125 Meter) bestieg er über eine damals noch unbekannte Route, die heute als Schell-Route seinen Namen trägt.

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© Schell Collection/Hannah Konrad

„Die Liebe zu Schlössern nahm ihren Anfang im Jahr 1965 bei meiner ersten Landanreise nach Pakistan, auf dem Weg in das Karakorum-Gebirge. In den Basaren von Teheran und Isfahan fand ich herrlich gefertigte Vorhangschlösser“, so Schell. Damals wurde der Grundstock für die heutige prächtige Sammlung gelegt. Besonders stolz ist Schell auf die rund 1500 asiatischen Vorhangschlösser, produziert von der Türkei bis Japan. „Und mit der Sammlung von 4000 Eisenkunstgussexponaten haben wir ein Kulturgut erhalten, das davor unbeachtet entsorgt wurde“, so Schell. Ein besonders wertvolles Stück, so Schell, sei eine Truhe aus Stahl mit Stahlschnittapplikationen, die er vor 35 Jahren auf einer Messe in München entdeckt hatte. Laut einer Beschreibung von 1733 hat ein Schlossermeister aus Straßburg zehn Jahre lang an dem Kunstwerk gearbeitet, bevor es im Besitz der Familie Rothschild landete und nun Teil der Schell Collection ist. Schell hat gemeinsam mit seinen Mitarbeiterinnen acht Bücher über unterschiedliche Sammelgebiete herausgegeben und arbeitet unermüdlich daran, dieses Kulturgut auch den kommenden Generationen zugänglich zu machen.

Verena Hahn-Oberthaler

Nähere Informationen: schell-collection.com


Der Marathon-Pater läuft weiter

Alles begann vor 17 Jahren: Pater Tobias Breer lebte schon damals im Prämonstratenserkloster Abtei Hamborn in Duisburg. Er coachte seinerzeit Führungskräfte und riet ihnen zum körperlichen Ausgleich durch Sport. Es störte ihn, dass er predigte, was er selbst nicht umsetzte, und begann mit dem Lauftraining. „Ich bin heimlich aus dem Kloster raus und ein paar Kilometer gelaufen“, erinnert sich Tobias Breer. Von da an lief er immer weiter. In nur drei Monaten bereitete er sich damals auf den BerlinMarathon vor und absolvierte ihn erfolgreich. Inzwischen ist der „Marathon-Pater“ fast schon ein feststehender Begriff und „wie eine kleine Marke“. Insgesamt 215 Ultraläufe und Marathons ist er seither mitgelaufen und hat damit über zwei Millionen Euro an Spenden für Kinderprojekte erlaufen. Zum Teil sind es externe Projekte und zum Teil sind es Projekte, die er in seiner gemeinnützigen GmbH „Projekt LebensWert“ bündelt, dessen Geschäftsführer er ist. Ehrenamtlich, versteht sich.

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Pater Tobias Breer (ganz rechts) mit Marathon-Freunden in der Antarktis © Tobias Breer

Hauptberuflich und in Vollzeit arbeitet der Rotarier aus dem RC Oberhausen Antony-Hütte als Pastor in der Gemeinde Herz-Jesu in Duisburg-Neumühl. Seine Fangemeinde ist inzwischen groß und geht weit über die Stadt Duisburg, deren Markenbotschafter er ist, hinaus. So ist auch die Spendenakquise inzwischen ein gut laufendes Geschäft. Allein in diesem Jahr sind seit Januar bei 25 Läufen über 100.000 Euro zusammengekommen. Pater Tobias Breer liebt das Extreme. So ist er Anfang des Jahres etwa beim „White Continent Marathon“ in der Antarktis mitgelaufen. Dort auf King George Island hat er „nur“ einen Halbmarathon absolviert – aufgrund von extremen Wetterbedingungen mitten in der Nacht bei minus 18 Grad. Knieprobleme zwangen ihn dazu, die Strecke auf die Hälfte zu verkürzen. Von gesundheitlichen Problemen dieser Art lässt der Ausdauerläufer sich aber nicht abschrecken. Er lässt sich von Medizinern, rotarischen Freunden, beraten und hat ein ausgefeiltes Trainingsprogramm, mit dem er es schafft, sein sportliches Level auf extrem hohem Niveau zu halten. Zugunsten seiner körperlichen Fitness und zugunsten vieler, vieler Kinder. „Wenn ich nicht mehr laufen würde, würden alle Projekte wegfallen. Das kann ich nicht verantworten.“ Pater Tobias läuft also weiter.

Nähere Informationen: pater-tobias.de


Knochenarbeit

Regional zwischen Harz und Heide ist geologisch alles aufgeschlossen, was das Paläontologen-Herz höherschlagen lässt“, sagt Andreas Oppermann. Der Unternehmer aus dem RC Einbeck-Northeim sammelt seit rund 40 Jahren in seiner Freizeit intensiv Fossilien. Ihn interessiert besonders die Bandbreite an Arten an einer einzelnen Fundstelle. Heutzutage seien allerdings viele der Gruben – etwa Steinbrüche oder Baustellen – geschlossen oder gesperrt. Der Fossilien-Freund sah sich daher international nach neuen Ausgrabungsstätten um. Seit vielen Jahren gräbt er nun schon sechs Autostunden nördlich von Denver/USA in den Schichten der Morrison-Formation nach herauswitternden Saurierknochen und anderen fossilen Beifängen. War er nach gründlichem Studium geologischer Karten bei einem Einsatz die ersten Tage mit Spitzhacke und Schaufel unterwegs und hat die Qualität der Funde für gut befunden, kommt schweres Geschütz zum Einsatz, um die Fossilien tatsächlich auszugraben. Ohne Bagger, Radlader und Containerfahrzeuge kommt er nicht weit, wiegt ein Saurierknochen schon einmal einen Zentner oder mehr. Die Logistik teilt er sich mit einem Bekannten, der professionell Ausgrabungen vornimmt und bestens ausgestattet ist. Andreas Oppermann dagegen gräbt aus reinem Spaß an der Freude nach Fossilien. „Beim Finden“, sagt er, „ist der Glücksfaktor sehr hoch.“ Da verspürt er Adrenalin, wenn er nach ein bis zwei Wochen vor Ort – wie bei der letzten Reise – einen Ertrag von 30 Knochen erzielen kann. Acht Mal war er bereits an der Morrison-Formation im Einsatz. Die neunte Reise startet in diesem Monat, das erste Mal mit einem Helfer, damit er die Zeit noch effektiver nutzen kann. Andreas Oppermann hat inzwischen mehrere vollständige Skelette geborgen und wird in dieser Saison voraussichtlich einen 16-Meter-Diplodocus mehr oder weniger vollständig bergen. Das Skelett hat er im vergangenen Jahr schon weitgehend aufgedeckt.

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Diesen Monat bricht Andreas Oppermann wieder auf zur nächsten Ausgrabung in den USA © Andreas Oppermann

Zurück in der Heimat, wartet Andreas Oppermann auf den 40-Fuß-Überseecontainer, den er aus den USA mit seinen Funden auf die Reise nach Deutschland schickt. Dann macht er sich ans Werk und präpariert den Rest des Jahres die Funde in der eigenen Werkstatt. Bei der Präparation möchte er das bestmögliche Ergebnis erzielen, bevor er die Ausgrabungen dann in seinem Ausstellungsraum zu Hause unterbringt. Eines Tages möchte er alles an ein Museum spenden – oder noch besser – ein eigenes Museum eröffnen.


Alle Vögel sind schon da

Amsel, Drossel, Fink und Star und die ganze Vogelschar … Sie alle finden ihre Vollendung in der Werkstatt von Ernst Nußbaumer in einem historischen Stadthaus in Gmunden (Oberösterreich), das er mit seiner Frau Sigrid bewohnt. Aus Zirbenholz entstehen dort seit einigen Jahren mit großer Hingabe perfekt geschnitzte Vögel in traditioneller Handwerkskunst des Salzkammerguts – einst schnitzten junge Männer ihren Herzdamen Vögel als Zeichen ihrer Zuneigung.

Nach einer langen, erfolgreichen Karriere als Baumanager und diversen Mandaten in Aufsichtsräten und Verbänden war der passionierte Sportler ehrenamtlich auch für den Ausbau der Weltcup-Ruderregattastrecke in Ottensheim verantwortlich. Mit 80 Jahren hat er sich endgültig in das Privatleben zurückgezogen und kultiviert nun seine Liebe und Begabung zum Schnitzen. Dass er als Jäger die Natur beobachtet, kommt ihm dabei zugute.

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Ernst Nußbaumer © Afra Hämmerle-Loidl

Fünf bis sieben Stunden braucht er, um in handwerklicher Feinarbeit seine Vögel aus einem Rohling zu einem Kunstobjekt mit Persönlichkeit und Charakter zu formen. Der Schnabel wird aus härterem Buchenholz gefertigt und eingepasst. „Mir ist wichtig, dass meine Vögel pfiffig aussehen und eine individuelle Note haben. Es sind alles Unikate, keine Schablonenarbeit“, ist Nußbaumer stolz. Das Talent zum Zeichnen und künstlerischen Gestalten ist ihm in die Wiege gelegt, haben doch seine Eltern eine künstlerische Ausbildung an der Universität Wien absolviert. Er selbst hat auch überlegt, Kunst zu studieren, ehe er sich für einen Berufsweg in der Baubranche entschieden hatte.

Neben dem künstlerischen Anspruch an seine Arbeit schätzt Nußbaumer auch, dass er nur in absoluter Konzentration zu einem guten Ergebnis kommt und damit in seiner Werkstatt auch völlig abschalten kann. „Neben meiner Schnitzarbeit an den Vögeln kann ich an absolut nichts anderes denken, das entspannt mich sehr.“

Viele „Vogerl“ hat Nußbaumer, Rotarier seit 1966, seinem Rotary Club Gmunden gespendet. Als beliebtes Geschenk verkaufen sich die Vögelchen gut, ein Verkaufserlös von 100 Euro pro Stück hat dem RC Gmunden bereits mehr als 10.000 Euro bei drei Flohmärkten für Hilfsprojekte eingebracht.

Verena Hahn-Oberthaler