Neues aus Bröckedde - Folge 59
Der Ämterwechsel
Bröckedde liegt im Herzen Deutschlands– dort, wo Rhein undDonau in den schönen Bröckeddesee münden. Hier trifft sichim Bröckedder Hof der RC Bröckedde zum Meeting – jeden Mittwoch um 13Uhr im Salon Hindenburg.
Es war ein festlicher Tag, als Präsident Pröpcke sein hohes Amt dem Nachfolger übergab. Es begann mit dem ökumenischen Gottesdienst im Dom zu Bröckedde, danach folgte der Festumzug durch die Altstadt, die schönsten Töchter der Region streuten Rosen, es gab Freibier für alle Bröckedderinnen und Bröckedder. Der Sender „Bröckedde TV“ war live dabei – bei der Abschiedsrede Pröpckes und der feierlichen Vereidigung und Inthronisierung des neuen Präsidenten. Und natürlich beim Großen Zapfenstreich, der diesen Tag würdig beschloss.
Es war wundervoll!
Dieser warme Gedanke hallte noch in Pröpcke nach, als er aus seinem Nachmittagsnickerchen erwachte. Schade, es war nur ein Traum, nun hatte ihn die schnöde Wirklichkeit wieder. Und Pröpcke erinnerte sich daran, wie er das Amt des Clubpräsidenten übernommen hatte. Zwei kurze Reden. Überreichung der Amtskette. Händedruck. Das war’s gewesen.
Nicht ganz. Nach dem Meeting hatte ihn der Vorgänger beiseite genommen und ihn in ein Nebengelass des Salons Hindenburg geführt. Dort stand ein hässlicher Aktenbock, beladen mit staubigen Leitzordnern. Erschrocken fragte Pröpcke: „Was ist denn das?“ Der Vorgänger erwiderte trocken: „Das ist Ihr rotarisches Büro.“ Er zeigte auf fünf dicke schwarze Ordner: „Das sind die Briefe und Denkschriften von Rotary International und vom Governor. Kam leider nicht dazu, sie zu lesen.“ Zu einem giftgrünen Ordner, der darunter lag, meinte er: „Und das sind die abgelehnten Bewerber für eine Mitgliedschaft.“
Der Vorgänger bückte sich und zog aus dem Stapel eine dünne weiße Mappe heraus. Stolz sagte er: „Und das sind die Projekte, die uns gelungen sind.“ Pröpcke schüttelte sich, als ihm die Szene wieder ins Gedächtnis kam. Als er den Salon Hindenburg zum wöchentlichen Meeting betrat, nahm er sich wieder einmal vor, die Amtsübergabe an seinen Nachfolger dereinst sehr viel stilvoller zu gestalten. Da fiel sein Blick auf das Nebengelass. Einem unbestimmten Gefühl folgend, öffnete er die Tür. Es war ein Bild des Grauens: Da stand der alte Aktenbock, aber mittlerweile beladen mit zehn schwarzen und drei giftgrünen Ordnern. Und die weiße Mappe war irgendwie verschwunden.
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