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Kiel

„Da geht einem das Herz auf“

Kiel - „Da geht einem das Herz auf“
Dank der Prothesen aus Norddeutschland können diese Männer wieder Fußball spielen. © Privat

Mit geringem Aufwand schafft der RC Kieler Förde viel Lebensqualität für amputierte Menschen in Sierra Leone.

Can Özren01.06.2023

Das westafrikanische Land wurde zehn Jahre lang von einem Bürgerkrieg verwüstet. Überlebende verloren nicht selten ein oder mehrere Körperteile, hinzu kommen Unfallopfer, denen Ärzte in den vergangenen Jahren wegen drohender Komplikationen Gliedmaßen amputierten. Die medizinische Versorgung ist unzureichend, für Prothesen fehlen dem Staat und den Menschen das Geld. Hier setzt das Projekt des RC Kieler Förde mit ihrem Mitglied und Orthopäden Sönke Sönnichsen an: Er sammelt bei Herstellern in Schleswig-Holstein und Hamburg gebrauchte Prothesen und verschickt sie mit Unterstützung seines Clubs nach Sierra Leone. „Ich mochte nicht mehr zugucken wie noch intakte künstliche Gliedmaßen nach dem vorgeschriebenen Tausch in den Müll wandern, weil eine weitere Verwendung nach deutscher Gesetzgebung untersagt ist", berichtete der Arzt. Im vergangen Sommer konnten er und der RC Kieler Förde mehr als 30 Carbon-Füße und 20 Kniegelenke nach Sierra Leone liefern. Ein nach vielen Jahren aus Deutschland zurückgekehrter Orthopädietechniker passt diese sowie im 3D-Drucker neu angefertigte in seiner Werkstatt in Makeni an. „Er ist der Dreh- und Angelpunkt unser Aktion. Was er leistet, ist enorm“, so Sönnichsen, „auch orthopädische Schuhe fertigt er vor Ort an.

Hoher Bedarf vor allem an Beinprothesen

Zu Beginn fehlte es seiner Werkstatt an den einfachsten Dingen, die Patienten mussten sich zum Vermessen auf den Boden legen. Der Club stellte umgehend 3000 Euro bereit, um eine Liege und eine bessere Ausstattung anzuschaffen. Seitdem entwickelte sich eine umfangreiche Kooperation: Die Kieler liefern recycelte Bein- und Fußprothesen sowie Hand-und Unterarmprothesen aus dem 3D-Drucker in Zusammenarbeit mit enablingthefuture.org und dem Verein Bintumani und die Techniker und sein Team passen sie vor Ort an. Der Bedarf an künstlichen Gliedmaßen für Beine sei mehr als doppelt so groß wie für Arme, erläuterte Sönnichsen.  Damit das Projekt nachhaltig ist, fördern die Kieler die Ausbildung. „Wir freuen uns sehr, dass der Werkstattleiter bereits drei Trainees eingestellt hat.“ Ebenso erfreulich sei es zu sehen, wie die Menschen wieder Hoffnung und Lebensqualität gewönnen, betonte Sönnichsen. „Es hat sich eine Fußballmannschaft gebildet. Die Feldspieler sind einbeinig, die Torwarte einarmig. Beim Anblick der Freude, mit der sie ihren Sport ausüben, geht einem das Herz auf. Und dank der Prothesen können sie wieder ihren Berufen nachgehen und ihren Lebensunterhalt verdienen“.