Hanau
Entlein sich kratzend – gegen Anlagenotstand
Durch Verkauf von Repliken einer von August Gaul geschaffenen Bronzeskulptur werden Mittel für den „Rotary Gestaltungspreis“ gewonnen.
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens von Rotary International im Jahr 2005 hatten die Rotary Clubs Hanau und Hanau-Maintal die "Rotary Stiftung Zeichenakademie Hanau" gegründet. Zur Nachwuchsförderung schreibt die Stiftung jährlich landesweit den "Rotary Gestaltungspreis" aus. Wie die jüngste, inzwischen 14. Preisverleihung mit 81 eingereichten Arbeiten wieder gezeigt hat, ist der Preis sehr begehrt.
Auch wenn die finanzielle Ausstattung nicht ausschlaggebend für das hohe Renommee sein mag, ist die Finanzierung des Preisgeldes in Höhe von 3.000 Euro für die Stiftung und die beteiligten beiden Clubs dennoch Jahr für Jahr ein Thema. So ist es angesichts der Situation an den Kapitalmärkten schon länger unmöglich, aus dem Stiftungsvermögen mit mündelsicheren Anlagestrategien ausreichende Erträge zu erwirtschaften.
Damit bleibt nur die jeweilige Aufstockung der Preisgelder durch die beiden Clubs und die Verbreiterung der Ertragsgrundlage über Mehrung des Stiftungsvermögens durch Zustiftungen. So ist das Stiftungskapital von anfangs 30.000 Euro durch paritätische Zustiftungen der beiden Rotary Clubs auf inzwischen 70.000 Euro gewachsen.
Rechtzeitig vor dem 150. Geburtstag des berühmtesten Schülers der Hanauer Zeichenakademie, des Tierbildhauers August Gaul, hatte Gerhard Schulz-Wahle, ehemaliger Lehrer der Zeichenakademie, eine geniale Idee für die Lösung der Finanzierungsprobleme:
Im Archiv der Zeichenakademie schlummerte seit 1884 ein "Junges Entlein, sich kratzend" im "Dornröschenschlaf". Nachdem das August Gaul zugeschriebene Werk bisher nicht vervielfältigt worden war, lag es nahe, das Entlein "wach zu küssen", eine nummerierte Serie in begrenzter Stückzahl auf den Markt zu bringen – und damit gleichzeitig den Meister zu seinem 150. Geburtstag zu ehren.
Gedacht, getan – nach der Konzipierung folgte die Umsetzung: Es werden insgesamt 21 Abgüsse der im Werkverzeichnis als Nr. 1 angegebenen Plastik hergestellt. Die Entlein werden anschließend von SchülerInnen der Zeichenakademie durch Ziselieren der Oberflächen bearbeitet – ganz so, wie es August Gaul für seine zu vervielfältigenden Tierfiguren vorgeschrieben hatte.
Nachdem zwei Exemplare für die Museen der Stadt Hanau und die Sammlung der Zeichenakademie bestimmt sind, gelangen 19 Abgüsse mit den Nummern 1/21 bis 19/21 für jeweils 3.000 Euro in den Verkauf.
Das Entlein war zugleich Anlass für ein Unterrichtsprojekt, das sich mit der "Erfindung" einer neuen Ente befasste. Einen Tag nach dem 150. Geburtstag von August Gaul fand die "Vernissage" statt, bei der neben den Kopien der Gaul-Ente die von einer Jury ausgewählten in Bronze gegossenen gestalterischen Interpretationen vorgestellt wurden. Danach zogen die Veranstalter eine erfreuliche Bilanz: Bis auf zwei Exemplare sind die bislang hergestellten Repliken der Gaul-Entlein verkauft.
Christian Kaiser wurde 1942 in Hessen geboren, machte Abitur in Hanau. Studium der Agrarwissenschaften in Göttingen und Bonn mit Promotion. Pächter der Hessischen Staatsdomäne Kinzigheimerhof bis 2004. Öbuv. Sachverständiger. Verheiratet, zwei Kinder. Seit 1981 im RC Hanau. Präsident 1999/2000, PHF+3. 2011 bis 2021 war er Distriktberichterstatter für D 1820.
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