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Marburg/Kapstadt

Go for Gold

Marburg/Kapstadt - Go for Gold
Gespräche in der Mittagspause über die Zukunftspläne (R.S. ist der erste von links) © Bernhard Maisch (alle Fotos)

Rotarier unterstützen Jugendliche aus den Slums in Mathematik und Physik. Der Vorsitzende des Länderausschusses berichtet.

Christian Kaiser23.06.2021

"Go for Gold" (G4G) ist nicht die Aufforderung zum Kauf von Goldbarren oder der Auftakt einer neuen Goldgräberbewegung in Afrika. G4G wurde ursprünglich von Nelson Mandela gegründet, um das geistige Gold der Schülerinnen und Schüler aus den Slums in Südafrika in den MINT-Fächern zu schürfen. Denn Südafrika hatte im Jahr 2019 mit 56 Prozent die höchste Jugendarbeitslosigkeit weltweit. 

Go for Gold fördert Jugendliche in 4 Stufen:

  • In Phase 1 werden Schüler der letzten beiden Klassen (11 und 12) der High School aus "Informal Settlements" und "Townships" in den MINT-Fächern und im Motivationstraining am schulfreien Wochenende zusätzlich unterrichtet.
  • In Phase 2 machen sie nach erfolgreichem Schulabschluss ein einjähriges Berufspraktikum in Firmen der südafrikanischen Bauindustrie, die als Partner in diesem Projekt eingestiegen sind. 
  • In Phase 3 wird eine gezielte Collegeausbildung (zum Beispiel als Bachelor) unterstützt.
  • Mit Abschluss der Phase 4 erhalten die Absolventen eine Jobgarantie in der Bauindustrie.

Kleines Stipendium – große Wirkung

Mit einem Stipendium von 1540 Euro pro Jahr kann ein motivierter Schüler aus ärmsten Verhältnissen in Phase 1 die Voraussetzung für eine konkrete Berufsausbildung schaffen. Im Jahr 2020 nahmen 139 Schüler im Western Cape (Kapstadt) und in Gauteng (Johannesburg) an G4G teil.  Und das mit einer Erfolgsquote um 80 Prozent.

Die Förderung des Projekts durch Rotary stand anfangs unter einem unglücklichen Stern. Denn vor einigen Jahren war ein Global Grant Antrag unter Federführung des RC Helderberg-Sunrise in Kapstadt gescheitert, weil Rotary International Bedenken hatte, ein über mehrere Jahre angelegtes Programm zu unterstützen.

Viele Erfolgsgeschichten:

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Mittagspause für G4G-Stipendiaten am schulfreien Wochenende

Doch jetzt wurde daraus eine Erfolgsgeschichte: Vertreter des Länderausschuss Deutschland-Südliches Afrika unter Leitung ihres Vorsitzenden Prof. Dr. Bernhard Maisch hatten im Oktober 2019 die Ravenmead High School in Kapstadt zusammen mit Rotariern des RC Helderberg-Sunrise (Richard Saxby) besucht.  Es war an einem schulfreien Wochenende. Der Schulhof war in der Mittagpause leergefegt bis auf die Schüler, die freiwillig am Tutorenprogramm für G4G teilnahmen.

Die auf eigene Kosten nach Südafrika reisenden Mitglieder des Länderausschusses erhielten ein Briefing über das Projekt von  Karen Rademeyer, die für die Organisation von G4G verantwortlich ist. Sie ist "Gesicht von G4G". Ihre Begeisterung war ansteckend.

Dann führten wir Gespräche mit den Schülern und waren restlos begeistert.  Ihre Geschichten sprechen für sich selbst und zeigen, wie der Weg aus den Slums und "informal Settlements" in den Beruf doch gelingen kann.

  1. 2021, südafrika, schule, g4g, stipendiaten, kapstadt
    S.: "Ich will meinen Weg in diesem Männerberuf machen.“
    Der Schüler R.S. im Oktober 2019: "Die Förderung in Phase 1 von G4G war für mich der entscheidende Impuls. Mathe und Physik waren bisher nicht meine Sache gewesen. Aber mein Traum war schon immer, einmal richtige Häuser zu bauen." Im Jahr 2021 hat er die Schulausbildung mit dem Bachelorpass abgeschlossen und absolviert gegenwärtig sein einjähriges Baupraktikum.
  2. S. war die einzige junge Frau bei unserem Pausengespräch im Jahr 2019. Sie wollte damals unbedingt ihre Noten in Mathematik und Physik verbessern. Sie sagte uns: "Die zusätzlichen Unterrichtsstunden durch G4G in der High School bieten auch Schülerinnen eine echte Chance, sich in diesen Fächern zu verbessern. Ich möchte meinen Weg in diesem Männerberuf zu machen". 2021 hat sie einen guten Schulabschluss hingelegt. Das Motivationstraining in den zusätzlichen Stunden durch G4G am Wochenende war daran sicher nicht unerheblich beteiligt.

Begeisterung steckt an

Die spürbare Begeisterung unserer jungen Gesprächspartner in der Ravenmead High School hat sich damals unmittelbar auf die deutschen Besucher übertragen.  Und sie hat auch den Länderausschuss Deutschland-Südliches Afrika angesteckt, in den alle deutschen Rotary Distrikte mindestens einen Vertreter entsenden. Die 93 Mitglieder des RC Marburg machten den Anfang und legten einen Teil ihres Spendenaufkommens aus jährlich wiederkehrenden Aktivitäten (Weihnachtsverkauf von Weihnachtsgebäck 2019, Eventbörse 2019, Einzelspenden) für das Projekt zurück.

Die benachbarten Clubs in Stadtallendorf und Marburg-Schloss, Past-Präsident Ulrich-Karl König war ja Mitglied der Delegation, schlossen sich der Förderung des G4G-Konzepts spontan an. Die Clubs einiger Mitglieder des Länderausschusses, so des RC Nürnberg-Reichswald (Wolfgang Handt), RC Darmstadt-Bergstraße (Barbara Albert) und Euskirchen-Burgfey (Klaus Meyer) steuerten weitere Cash-Beiträge für je einen oder zwei Stipendiaten bei.

Und die Fäden liefen beim Chair des Länderausschuss Deutschland-Südliches Afrika zusammen, denn dieser – von Beruf Kardiologe - hatte in den Konferenzen G4G ihnen die Mitwirkung sprichwörtlich "ans Herz" gelegt.

"Turn Around" bei der Förderung:

So überzeugte das Konzept auch die Kommission des Distrikts 1820. Den Clubbeiträgen von 17.000 Euro steuerte der Distrikt 6.000 Euro aus rotarischen DDF-Mitteln bei. Mit insgesamt 23.000 Euro zeigt dieses Gemeinschaftsprojekt verschiedener Club, stimuliert durch den Länderausschuss Deutschland-Südliches Afrika, dass gemeinsame Aktionen einen Mehrwert zu generieren vermögen. So kam es zum "Turnaround": Obwohl als Global Grant vor Jahren an Rotary International gescheitert, wurde G4G als Distrikt Grant schlussendlich doch gefördert. Die positive Rückmeldung und der Dank aus Südafrika waren für uns überwältigend.

Mitglieder des Länderausschusses werden beim nächsten Südafrikabesuch wieder vor Ort sein.

Fortführung unter Corona-Bedingungen:

Das Projekt wurde auch unter Corona-Bedingungen in modifizierter Form weitergeführt und der Unterricht unter anderem über Whatsapp aufrechterhalten. Denn Private Smartphones gibt es auch in den bedürftigen Familien in den Townships, iPads oder Laptops dagegen meist nicht.  

Prof. Dr. Bernhard Maisch
RC Marburg


Kontakt: bermaisch@gmail.com, Tel. 06421-94690

Christian Kaiser

Christian Kaiser wurde 1942 in Hessen geboren, machte Abitur in Hanau. Studium der Agrarwissenschaften in Göttingen und Bonn mit Promotion. Pächter der Hessischen Staatsdomäne Kinzigheimerhof bis 2004. Öbuv. Sachverständiger. Verheiratet, zwei Kinder. Seit 1981 im RC Hanau. Präsident 1999/2000, PHF+3. 2011 bis 2021 war er Distriktberichterstatter für D 1820.