Distrikt
Vor 70 Jahren: Höhepunkt der Kinderlähmung in Deutschland
Fast die Hälfte aller Polio-Erkrankungen betrafen das Land Nordrhein-Westfalen und unseren Distrikt. Damals gab es noch keine Impfungen, die starteten hierzulande erst zehn Jahre später.
Die Krankheit hatte auch schon in den Jahren vor 1952 steigende Inzidenzen und großen Schrecken für die Familien durch fieberhafte Krankheit mit Lähmungserscheinungen meist eines Beines, aus dem sich später Beinverkürzung, Fußdeformierung und Versehrtheit lebenslang ergaben. Bei der Epidemie 1948 lag sie im Bund bei zwölf und in NRW bei neun auf 100.000 Einwohner. Unter sehr unhygienischen Verhältnissen erwerben Säuglinge über den Mutterkuchen einen passiven Immunschutz und infizieren sich daher weniger häufig. Demgegenüber werden in einer ungeimpften Bevölkerung Polio-Ausbrüche schlimmer, wenn der Hygienestandard steigt, wie es in der Bundesrepublik in den Jahren nach ihrer Gründung der Fall war. So kam es im Jahr 1952 zum historischen Höhepunkt der Kinderlähmung in Deutschland.
Der Jahresgesundheitsbericht 1952 des Landes NRW legt ein erschreckendes Zeugnis von den grausamen Folgen ab. Erneut war das Land NRW mit 4431 Fällen deutlich stärker betroffen als der Durchschnitt des damaligen Bundesgebietes. Die Inzidenz lag bei 32 Fällen auf 100.000 Einwohner (Bundesgebiet: 19). 2837 Betroffene hatten Lähmungen, 291 starben. Über 50 Prozent der Fälle betrafen Kinder unter sechs Jahren. 27,6 Prozent auf das Alter sechs bis 15 Jahre und 20 Prozent der Betroffenen waren mehr als 15 Jahre alt. Knapp 15 Prozent der Fälle erkrankten im Erwachsenenalter. Bei den über 20-jährigen war die Sterblichkeit 2 ½ mal so hoch wie im Gesamtschnitt. Damals gab es zwar bereits die „Eiserne Lunge“ zur Beatmung, allerdings überlebten weniger als die Hälfte der Patienten diese Behandlung. Mit modernen Methoden der Beatmung von heute hätte man sicherlich viele Kinder retten können.
Rascher Rückgang ab 1962
Ab 1962 wurde in Westdeutschland Lebendimpfstoff eingesetzt. Nach einer Epidemie mit 4667 Fällen, von denen 160 verstarben, ging nach der flächendeckenden Einführung der Impfung die Fallzahl rasch zurück. 1990 wurde die letzte durch einheimische Wildviren verursachte Polio berichtet, der letzte durch importierte Wildviren verursachte Fall ereignete sich 1992. 1999 wurde dann in Deutschland von der Impfung mit Lebendvirus auf den Todimpfstoff umgestellt, der unter die Haut gespritzt werden muss. Bei allen Impfstoffen kommt es darauf an, möglichst früh zu impfen, also auch bereits die Säuglinge zu schützen, um die Impfrate in der Bevölkerung über 90 Prozent, möglichst 95 Prozent, zu halten.
Christoph Brützel wurde 1954 in Brauweiler bei Köln geboren, machte Abitur und Studium der BWL in Köln mit Promotion. Er arbeitete unter anderem als Direktor der Lufthansa und Geschäftsführer der LTU, als Professor an der Internationalen Hochschule Bad Honnef und als Berater und Autor im Bereich Luftverkehr. Verheiratet, drei Kinder. Seit 1995 im RC Düsseldorf-Süd, Sekretär 2002-2022, Präsident 2022/2023, Distrikt-Sekretär 2022-2024, PHF+2.
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