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Schonach

»Wie cool ist das denn?« – Integration mit Schneewittchen

Schonach - »Wie cool ist das denn?« – Integration mit Schneewittchen
Theaterpädagogin Ranka Pretzer-Korać, Leiterin des integrativen Theaterprojekts, umgeben von fröhlichen "Schauspielschülern". © Daniela Schneider (RC Furtwangen-Triberg)

Fortführung des integrativen Schonacher Schultheaterprojekts mit Unterstützung durch den Rotary Club Furtwangen-Triberg

Peter Leinberger10.02.2016

Im Jahr 2014 gab’s das erste integrative Schultheaterprojekt an der Schonacher Dom-Clemente-Schule; und weil das Ganze ein so schöner Erfolg war, kam es nun zur Fortsetzung.

Ranka Pretzer-Korać ist die Leiterin des integrativen Theater-Projekts an der Schonacher Gemeinschaftsschule. Sie selbst kam als junge Frau vor über 18 Jahren vom Balkan nach Deutschland, um hier zu studieren. „Ich war auch fremd und habe kein Wort Deutsch gesprochen“, erinnert sich die Historikerin, Sprachwissenschaftlerin und Theaterpädagogin an eine ziemlich schwierige Zeit. Heute ist sie in Schönwald im Schwarzwald zuhause, hat hier geheiratet und eine Familie gegründet. Sie betreibt eine eigene Sprachschule und arbeitet als Dozentin an der Hochschule Furtwangen University; außerdem gibt sie an der Schonacher Schule Deutschkurse für Ausländer. Ihren eigenen, recht schweren Beginn in Deutschland hat sie nie vergessen, weshalb sie sich in der Integrationsarbeit vor Ort engagiert. „Ich will für Menschen da sein, die von ganz woanders herkommen und ihnen an meinem Beispiel zeigen: "Das könnt Ihr auch", berichtet sie über ihre Motivation. Beim Elternabend in der Schule ihrer Kinder hat sie zum Beispiel beobachtet, dass die Mütter von ausländischen Schülern immer nur still dasaßen und sich nicht trauten, auch mal ihre Meinung zu sagen. „Das tat mir so leid“, berichtet Ranka Pretzer-Korać. Die Lösung: Sie gründete eine Frauengruppe und gab dieser zwei Jahre lang Sprachunterricht – ehrenamtlich und unentgeltlich.

Unter anderem durch den Deutschunterricht, den sie an der Dom-Clemente-Schule erteilte, entstand dann die Idee, einheimische und ausländische Kinder besser in Kontakt zu bringen, und zwar mit Hilfe der Theaterbühne. Das Unterrichtskonzept „Ich gehöre dazu“ für Schüler mit und ohne Migrationshintergrund wurde entwickelt. So kam’s, dass sich eine Gruppe von jungen Akteuren zusammenfand, die gemeinsam mit Ranka Pretzer-Korać als Regisseurin und mit Unterstützung von Schul-Sozialpädagogin Gabriela Chudoba ein Stück erarbeitet hat; einmal wöchentlich wurde geprobt und die komplette Aufführung mit allem Drum und Dran erarbeitet. Der elfjährige David, dessen Familie aus Polen stammt, ist seit gut einem Jahr auf der Schule. Er hat gute Erinnerungen an das Theaterprojekt, auch wenn die Sache für ihn persönlich einen kleinen Haken hatte: „Ich hatte ein komisches Kostüm, ich war eine Ente“, berichtet er schmunzelnd; das war ein bisschen peinlich, ja, aber Spaß gemacht hat es trotzdem. Auch der 13-jährige Konrad aus Polen und Maria, elf Jahre alt aus Spanien, haben mitgespielt. Alexandra aus Rumänien war in dem Stück die „hässliche Schwester“, worüber sie jetzt noch lachen muss. Sie alle finden es gut, dass sie durch das Theaterspielen neue Freunde gefunden haben, ausländische und einheimische.

„Kurz vor der Aufführung", berichten sie, „haben wir uns alle umarmt, wir waren so aufgeregt!“ Schließlich gehört auch ganz schön viel Mut dazu, auf der Bühne aufzutreten und dann auch noch in einer für viele noch neuen Sprache zu spielen. So war’s eine tolle Leistung, auch, wenn „nur“ die Eltern im Publikum saßen. Nach der
gelungenen Aufführung jedenfalls war die Freude riesengroß, sowohl bei den jungen Akteuren als auch bei den stolzen Familien.
Ranka Pretzer-Korać jedenfalls ist sich sicher: Das Theaterprojekt schweißt die Kinder zusammen, es herrscht gute Kommunikation, über Probleme wird direkt gesprochen, Konflikte kommen so erst gar nicht groß auf. Durch die Interaktion mit dem Publikum und mit den anderen Darstellern wird den Kindern bewusst, wie sie auf andere wirken. Bei den Proben und Aufführungen wird Struktur vermittelt. Das Theaterspielen dient als Raum, um mit Emotionen umzugehen. Kurzum: die Stärkung vieler Kompetenzen steht im Fokus, spielerisch und mit viel Freude vermittelt.
Vor allem viele Mütter waren hellauf begeistert, kamen auf die Leiterin zu und fragten, ob denn nicht noch ein weiteres Projekt möglich wäre. Deshalb stand der Entschluss, ein neues Theatervorhaben anzugehen, auch schnell fest. Der Rotary-Club Furtwangen-Triberg, der sich seit Jahrzehnten für verschiedene Jugendprojekte engagiert, konnte als Sponsor gefunden werden. Diesmal sollten die Grundschüler von Klasse eins bis vier dran sein. 22 Akteure bildeten am Ende das Ensemble; eigentlich waren nur 16 geplant, aber die Regisseurin konnte nicht anders: „Ich wollte keinem das Herz brechen“, sagt sie lächelnd. Gemeinsam hat sich die Gruppe für die Inszenierung des Märchens „Schneewittchen“ entschieden – eine gute Wahl, wie sich später zeigen sollte.


An einem Tag Ende Januar 2016 stand jetzt schließlich die Aufführung der Grundschüler an. In der voll besetzten Aula in Schonach war die Szenerie aufgebaut. Die Kinder überzeugten mit ihrer ganz eigenen Version des Märchens: Da gab es zum Beispiel singende und herummarschierende Zwerge, eine famose kleine Pianistin vor allem in den Umbaupausen, ein ganzes Ensemble von Mädchen als Spieglein an der Wand, fesche Könige, Prinzen und Jäger, die herrlich böse Stiefmutter und der Ausruf von Schneewittchen, als sie bei den Zwergen einziehen darf: „Wie cool ist das denn?“

Applaus gab’s zu guter Letzt jede Menge: Viele Eltern und Verwandte klatschten Beifall, Mitschüler und Freunde der Kinder und natürlich auch Mitglieder des RC Furtwangen-Triberg. Letztere freuten sich besonders, dass sie einen schönen Theaterabend erleben und auf diese Weise sehen durften, dass ihre Unterstützung für das Projekt – Stichwort gelingende Integration - goldrichtig und offensichtlich sehr sinnvoll war. Weitere Aufführungen gab’s übrigens noch in der Rehabilitationsklinik Katharinenhöhe und im Triberger Altenheim – also ein weiteres Mosaiksteinchen in Sachen Integration.
Und wie geht es jetzt weiter? Die nächste Fortsetzung ist schon auf der Agenda. Die „Großen“, also die Schüler der Klassen fünf bis zehn, planen bereits das nächste Stück.

 

Daniela Schneider

RC Furtwangen-Triberg

 

 

 

Peter Leinberger
Peter Leinberger ist Rotarier seit 1981. Präsident des RC Bruchsal-Bretten 1991/92. Studium der Pharmazie und Studium der Tiermedizin. Nach zuletzt 35 Jahren Selbständigkeit seit 2014 im Ruhestand. Noch vielseitig engagiert u.a. im Tierschutz (TVT AK 6), der Erhaltung alter Haustierrassen (G.E.H.), der Kultivierung von Kakteen (spez. winterharter) und im sozialen Bereich (Pelikan-Verein zur Unterstützung der Palliativ-Station der Rechberg-Klinik, Dr. Gaide-Stiftung). Ab Juli 2015 Berichterstatter des Distrikts 1930 für das Rotary Magazin.