Folge 113
Hinter dem Horizont
Bröckedde liegt im Herzen Deutschlands – dort, wo Rhein und Donau in den schönen Bröckeddesee münden. Hier trifft sich im Bröckedder Hof der RC Bröckedde zum Meeting – jeden Mittwoch um 13 Uhr im Salon Hindenburg
Der Druck wurde immer stärker, vor allem seitens der Gattin – Präsident Pröpke erwog, auch mal als Governor zu wirken. Doch vorher wollte er wissen, was dieses hohe Amt an Herausforderungen mit sich bringen würde. Er traf sich mit dem amtierenden Governor Bogislav von Albfuß auf einen Schoppen Wein im Bröckedder Hof. Von Albfuß kam gerne, sah aber angegriffen aus. „Das Amt ist nicht ohne, lieber Freund“, sagte er zur Begrüßung. „Was brauche ich denn für das Amt?“ Von Albfuß nahm einen tiefen Schluck: „Etwa ab Mitte der Amtszeit brauchen Sie neue Anzüge, ich empfehle zwei Nummern größer. Die vielen Essen bei den Meetings und Konferenzen bleiben nicht folgenlos.“ Pröpke nickte: „Jedenfalls freue ich mich auf die Begegnungen mit den vielen Clubs.“ Von Albfuß blickte schmerzlich in sein Glas: „Aber ob die sich auf Sie freuen?“ – „Wie das?“ – „Als ich mich beim RC Wapswede ankündigte, kam eine kühle Mail zurück. Ich dürfe erscheinen, wenn es unbedingt nötig sei. Aber ohne Vortrag.“ Pröpke blickte aus dem Fenster, wo am Horizont die blauen Berge leuchteten. Hinter den blauen Bergen begann eine Region, die erst kürzlich den Beitritt zur Bundesrepublik vollzogen hatte. Die Menschen dort rund um die Hauptstadt Wapswede waren stolz und freiheitsliebend, staatliche Strukturen gab es nur in Ansätzen. Er sagte: „Aber dort gibt es ja noch andere Clubs.
“Von Albfuß seufzte: „Und was für welche, die haben alle ihre eigenen Gesetze. Am schlimmsten war es beim RC Huckelrath im „Roten Kakadu“. Der Club hatte nicht mal einen Sekretär.“ Pröpke war entgeistert: „Und wie organisieren die sich?“ „Den Wochenbericht übernimmt immer der Wirt vom Roten Kakadu, so gut er eben kann.“ Langsam überkamen Pröpke Zweifel. Er fragte: „Haben Sie sonst noch Tipps für mich?“ Von Albfuß lächelte: „Seien Sie vorsichtig bei öffentlichen Auftritten. Letzthin stand ich vor einem Fünf-Sterne-Haus und wartete auf den örtlichen Clubpräsidenten. Ich war schon angetan mit dem ganzen Governor-Gehänge, als ein Gast auf mich zutrat.“ – „Ist doch schön, wenn man auf Resonanz stößt.“ – „Aber der Gast fragte mich: Können Sie bitte meine Koffer aufs Zimmer bringen?“ Es wurde noch ein netter Abend mit Bogislav von Albfuß, doch tags darauf verkündete Pröpke seiner Frau, er nehme Abstand vom Projekt Governor. Die Gattin reagierte gelassen: „Lassen wir diesen Zwischenschritt, gehen wir gleich die Weltpräsidentschaft an.“
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