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RC München-Bavaria

Eine Münchnerin aus Japan

Yukari Kurita wurde in Toyama/Japan geboren und wuchs in Tokio auf. Seit 2001 lebt sie in München, wo sie beruflich wie privat ihr Glück gefunden hat.

Matthias Schütt10.02.2013

Bayerisch spricht Yukari Kurita nicht, auch wenn sie bereits elf Jahre unter Münchnern lebt und Sprachwissenschaft eine ihrer Leidenschaften ist. Doch die erstreckt sich mehr auf die nüchterne Betrachtung linguistischer Besonderheiten im deutsch-japanischen Sprachvergleich, mit denen sie demnächst den Doktorhut der Ludwig-Maximilians-Universität erwerben will.

Nebenbei – denn eigentlich hat Yukari Kurita alle Hände voll zu tun, mit ihrem Beruf und auch mit Rotary. Die Inhaberin eines Consultingbüros zur Beratung japanischer Unternehmen, die in Deutschland Fuß fassen wollen, hat aufregende Monate hinter sich, was mit der größten Katastrophe der jüngeren Geschichte ihrer Heimat zusammenhängt.Am 11. März 2011 löste ein Seebeben vor der Nordostküste Japans einen Tsunami aus, der Tausende Todesopfer forderte und auf Hunderte Kilometer die Küste mit sämtlicher Infrastruktur zerstörte. Das reiche, starke Japan war urplötzlich auf andere angewiesen, und das verstärkte noch die Schwierigkeiten: „Meine Landsleute tun sich furchtbar schwer, fremde Hilfe anzunehmen. Der nationale Stolz war tief verletzt“, erinnert sich Yukari Kurita an ihre ersten Kontaktversuche. Andererseits wollten die deutschen Rotarier sofort helfen – und die Erwartungen fokussierten sich ziemlich schnell auf die bilinguale Japanerin im RC München-Bavaria.

„Dabei konnten wir nicht einmal ins Katastrophengebiet telefonieren, weil alles kaputt war“, beschreibt sie die Ausgangslage.Doch dann besann sie sich auf ihr erstes rotarisches Leben – als Stipendiatin der Rotary Foundation und Mitglied eines weltweiten Netzwerks, in dem sich die Alumni dieses Programms organisiert haben. In Deutschland heißt der entsprechende Zusammenschluss Rotary Foundation Alumni Deutschland (RFAD). Und sie erinnerte sich an Hiroko Yunoki, die sie von einem Alumni-Treffen in Birmingham kannte und die jetzt Präsidentin des RC Kanagawa-Shonan war. Über diesen Kontakt konnte die deutsche Japan-Hilfe anlaufen, um die sechsstellige Summe auf einem Spendenkonto des RDG für Maßnahmen zum Wiederaufbau abzurufen.Allein drei große Matching Grants summierten sich auf rund 180.000 Euro, mit denen u. a. ein Landwirtschaftsgymnasium mit neuen Geräten für die Reisproduktion ausgestattet werden konnte. Ein Matching Grant organisierte ihr eigener Club und half, 30 Schulbibliotheken neu auszustatten.

Wenn das Gespräch auf die Alumni kommt, blitzen ihre Augen vor Begeisterung über den Zusammenhalt in dieser Gruppe, die ihre kleinste Zelle in einem Stipendiaten-Stammtisch in München hat. 2006 hat sie diesen Treffpunkt mit ihrer Clubfreundin Gabriela Bracklo aufgebaut. Doch auch international pflegt sie die Kontakte und fährt möglichst zu jeder „celebration“, die auf Rotary Conventions die Alumni aus aller Welt zusammenbringt.

Zurück nach München. Ist das heute ihre Heimat? Ja, sagt Yukari Kurita, hier hat sie nicht nur beruflich und privat ihr Glück gefunden, sondern kannauch ihren anderen Leidenschaften nachgehen, dem Sport gemeinsam mit ihrem Mann – Skilaufen und Fahrradfahren (was in Japan nicht so leicht geht) –, vor allem aber der Musik. Ein wenig trauert sie ihrer ersten Karriere noch nach, heute genießt sie die Musik eher aus dem Parkett der Staatsoper oder in Bayreuth, wo sie nach acht Jahren Wartezeit endlich zum Zuge kam. Was mag sie denn besonders an der deutschen Lebensart? „Das Leben ist hier nicht so hektisch wie in Tokio,eher gemütlich“ – auch wenn sie sich an die eher strikten Ladenöffnungszeiten noch immer nicht gewöhnen mag.


Zur Person

  • Yukari Kurita wurde am 24. April 1965 in Toyama/Japan geboren. Sie wuchs in Tokio auf, lebt seit 2001 in München und ist seit 2004 mit einem Deutschen verheiratet.
  • Nach einer Ausbildung an der Yamaha-Akademie in Tokio arbeitete sie seit 1987 elf Jahre als Musiklehrerin für Kinder.
  • Um für Yamaha nach Deutschland zu gehen, nahm Yukari Kurita ein Zweitstudium der Germanistik auf und erwarb ein Stipendium der Rotary Foundation, das sie 2001 nach München führte. Sie blieb auch nach Ablauf des Stipendiums an der Isar, legte 2006 das Magister-Examen ab und steht kurz vor Abschluss ihrer Promotion zu einem linguistischen Thema.
  • Ein Praktikum beim bayerischen Wirtschaftsministerium im Projekt „Invest in Bavaria“lenkte ihr Interesse auf die deutsch-japanischen Handelsbeziehungen und führte noch im Studium zur Gründung eines Consultingbüros für japanische Unternehmen. Sie liefert Daten zur Analyse von Investitionsmöglichkeiten und kümmert sich um japanische Arbeitnehmer in Steuerfragen, bei der Wohnungssuche, Schulwahl usw.
Matthias Schütt

Matthias Schütt ist selbständiger Journalist und Lektor. Von 1994 bis 2008 war er Mitglied der Redaktion des Rotary Magazins, die letzten sieben Jahre als verantwortlicher Redakteur. Seither ist er rotarischer Korrespondent des Rotary Magazins und seit 2006 außerdem Distriktberichterstatter für den Distrikt 1940.