Neues vom RC Bröckedde - Folge 38
Carl Gustaf
Einmal im Monat lud der RC Bröckedde zu einer Veranstaltung mit Partnern. Das Ehepaar Deuerlein war immer dabei. Seit 18 Jahren führten die Deuerleins eine Musterehe, turtelten wie am ersten Tag. Zwei Seelen im Gleichklang, ihre Harmonie wärmte den ganzen Club.
Nun sollte Freund Deuerlein über „toskanische Impressionen“ sprechen. Doch er kam allein in den Salon Hindenburg und sah irgendwie gehetzt aus. Erst Minuten später betrat Frau Deuerlein schmallippig den Salon. Präsident Pröpcke ahnte Unheil.
Der Freund startete den Vortrag und kam zum schiefen Turm von Pisa. Als er witzelte, wie leicht man dort vom Turm fallen könnte, kam von hinten der Zwischenruf: „Kein Wunder, wenn man schon vormittags Chianti trinkt“. Das war Frau Deuerlein, die sich zufrieden zurücklehnte.
Herr Deuerlein erwiderte sanft: „Woher willst du das denn wissen, du kamst doch zu spät zur Führung. Du kommst doch immer zu spät!“
Von hinten zischte es: „Mir war nicht gut an jenem Morgen.“
„Warum hast du nichts gesagt?“
„Das hättest du fühlen müssen.“
Herr Deuerlein fuhr tapfer fort. Er schilderte die uralte Tradition des Palio, des Pferderennens in Siena. Da giftete es von hinten:
„Dich möchte ich mal auf einem Gaul sehen.“
Herr Deuerlein setzte unbeirrt auf die Insel Elba über. Als er Napoleons Villa beschrieb, hieß es vom hinteren Tisch aus schneidend:
„Das war noch ein Mann, der Napoleon!“
Herr Deuerlein explodierte: „Ich sage nur ein Wort – CARL GUSTAF!“
Lähmende Stille. Dann fragte Pröpcke leise: „Wer?“
„Mein verehrter Großonkel. Sein Porträt hängt bei uns neben der Garderobe. Und immer, wenn sie ihren Mantel aufhängt, dann...
„…?hängt danach dein Carl Gustaf ein bisschen schräg. Na und?“, höhnte es von hinten.
Deuerleins Stimme erstickte: „Jeden Morgen rücke ich Carl Gustaf gerade. Und jeden Abend hängt er wieder schräg. Seit 18 Jahren. Ich kann es nun nicht mehr.“
Eine Tragödie. Abgewickelt wurde sie clubintern, Anwälte waren ja genügend da. Freund Humm vertrat Frau Deuerlein bei den Scheidungsverhandlungen, Herr Deuerlein vertraute sich Freund Wallbrecht an.
Ein Jahr später ließ Präsident Pröpcke mit Kas-sierer Knödler die Affäre Revue passieren.
„Wie ist es eigentlich ausgegangen?“,
fragte er Knödler.
„Ach, wie immer. Sie kriegte das Haus,
das Boot und die Lebensversicherungen.“
„Und er?“
„Die Hypotheken und den Hund.
Und natürlich Carl Gustaf.“
Nun sollte Freund Deuerlein über „toskanische Impressionen“ sprechen. Doch er kam allein in den Salon Hindenburg und sah irgendwie gehetzt aus. Erst Minuten später betrat Frau Deuerlein schmallippig den Salon. Präsident Pröpcke ahnte Unheil.
Der Freund startete den Vortrag und kam zum schiefen Turm von Pisa. Als er witzelte, wie leicht man dort vom Turm fallen könnte, kam von hinten der Zwischenruf: „Kein Wunder, wenn man schon vormittags Chianti trinkt“. Das war Frau Deuerlein, die sich zufrieden zurücklehnte.
Herr Deuerlein erwiderte sanft: „Woher willst du das denn wissen, du kamst doch zu spät zur Führung. Du kommst doch immer zu spät!“
Von hinten zischte es: „Mir war nicht gut an jenem Morgen.“
„Warum hast du nichts gesagt?“
„Das hättest du fühlen müssen.“
Herr Deuerlein fuhr tapfer fort. Er schilderte die uralte Tradition des Palio, des Pferderennens in Siena. Da giftete es von hinten:
„Dich möchte ich mal auf einem Gaul sehen.“
Herr Deuerlein setzte unbeirrt auf die Insel Elba über. Als er Napoleons Villa beschrieb, hieß es vom hinteren Tisch aus schneidend:
„Das war noch ein Mann, der Napoleon!“
Herr Deuerlein explodierte: „Ich sage nur ein Wort – CARL GUSTAF!“
Lähmende Stille. Dann fragte Pröpcke leise: „Wer?“
„Mein verehrter Großonkel. Sein Porträt hängt bei uns neben der Garderobe. Und immer, wenn sie ihren Mantel aufhängt, dann...
„…?hängt danach dein Carl Gustaf ein bisschen schräg. Na und?“, höhnte es von hinten.
Deuerleins Stimme erstickte: „Jeden Morgen rücke ich Carl Gustaf gerade. Und jeden Abend hängt er wieder schräg. Seit 18 Jahren. Ich kann es nun nicht mehr.“
Eine Tragödie. Abgewickelt wurde sie clubintern, Anwälte waren ja genügend da. Freund Humm vertrat Frau Deuerlein bei den Scheidungsverhandlungen, Herr Deuerlein vertraute sich Freund Wallbrecht an.
Ein Jahr später ließ Präsident Pröpcke mit Kas-sierer Knödler die Affäre Revue passieren.
„Wie ist es eigentlich ausgegangen?“,
fragte er Knödler.
„Ach, wie immer. Sie kriegte das Haus,
das Boot und die Lebensversicherungen.“
„Und er?“
„Die Hypotheken und den Hund.
Und natürlich Carl Gustaf.“
Alexander Hoffmann (RC Frankfurt/Main-Römer) ist korrespondierendes Mitglied des RC Bröckedde. Nach langen Jahren als politischer Redakteur bei namhaften Tageszeitungen (zuletzt "Süddeutsche Zeitung") ist Hoffmann heute als Unternehmensberater tätig. Daneben zahlreiche Sachbuchveröffentlichungen zu den Themen Zeitgeschichte und Medizin sowie satirische Beiträge für den Rundfunk. Dem satirischen Düsseldorf-Roman "Der Wolkenschieber" folgten 2019 der Krimi "Hopfen, Malz & Blut" und 2020 der Krimi "Phantom im Wiehengebirge". 2021 erschienen der Krimi "Bommfördes Erbe" und der Roman "Brillanter Abgang". 2022 folgte der Wirtschaftskrimi "Mainopoly". 2023 erschienen der Krimi "Tödliche Eisernte" und die Katzennovelle "Der Chef bin ich".
Copyright: privat www.hoffmannschreibt.de
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