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Porträt

Es werde Licht

Porträt - Es werde Licht
Jürgen Klensang in der Ludgeri-Kirche in Norden. Für Ostern ist der Licht-Einweihungsgottesdienst geplant. © Frieder Blickle

Jürgen Klensang ist Lichtplaner und hat sich als einer von nur wenigen Experten hierzulande auf die Ausleuchtung von Kirchen spezialisiert.

Insa Fölster01.04.2022

Beim Betreten der rund 80 Meter langen Ludgeri-Kirche in Norden in Ostfriesland geht plötzlich das Licht an. Jürgen Klensang steht weit hinten in der Mitte des Ganges und hat im richtigen Moment auf den Schalter gedrückt. Um einen Wow-Effekt zu erzielen. So wie immer bei seinen Projekten. Das Spiel mit dem Licht ist sein Ding.

Jürgen Klensang ist Lichtplaner mit Leib und Seele. Sein Spezialgebiet: Lichtdesign in Kirchen. Die Ludgeri-Kirche in Norden ist sein bislang größtes Kirchenprojekt. Seit zwei Jahren läuft es bereits und ist nun in den allerletzten Zügen. Für Ostern ist der Einweihungsgottesdienst geplant. Dann soll der größte erhaltene mittelalterliche Sakralbau in Ostfriesland vollständig in neuem Licht erstrahlen.

Familienbande

Licht zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben des 59-Jährigen. Schon als junger Mann, während seiner Lehre zum Elektroinstallateur, war er auf ungewöhnliche Weise engagiert dabei. Er erinnert sich an einen Auftrag, als er bei einem Kunden eine Außenlampe anbringen sollte. Lange hatte er überlegt, wie das Licht besser zur Geltung kommen würde – waagerecht oder senkrecht aufgehängt. Sein Werk ließ ihm keine Ruhe. Abends im Dunkeln nach Feierabend fuhr er noch einmal mit seinem Moped hin, um sicherzustellen, dass er die optimale Lösung gefunden hatte.

Diese optimalen Lösungen findet er heute immer noch. Inzwischen als Chef seines Familienunternehmens lucente Lichtplanung, das er 1995 gründete. Unabhängig und selbstständig sein, ein eigenes Unternehmen führen, das war immer sein Ziel. Und die Unterstützung innerhalb der Familie ist groß. Mit seiner Frau Hilke, Tochter eines Bauunternehmers, hat er die richtige Partnerin dafür an seiner Seite. Vom ersten Tag an wusste sie den Spagat zwischen fünfköpfiger Familie und Unternehmen zu händeln und bringt zudem von Haus aus ein wertvolles Gespür für Architektur und Design mit. Auch seine Schwester Heike Klensang ist als Lichtberaterin mit an Bord. Ebenso wie Tochter Anna-Lena, die nach ihrem Architekturstudium und einem Master in Lighting Design ins Unternehmen einstieg. Jüngstes Mitglied im Familienbetrieb ist Schwiegersohn und Architekt Jacques Klensang.

Neueste Technik

Während sich das Team um die Lichtplanung von privaten Bauherren, von Architekten und Unternehmen kümmert, konzentriert sich Jürgen Klensang inzwischen fast ausschließlich auf Kirchen. Im Mai feiert er seinen 60. Geburtstag. Beruflich soll dann noch lange nicht Schluss sein. Mindestens bis zu seinem 75. Lebensjahr möchte er sich noch mit der Beleuchtung von Kirchen beschäftigen.

Parallel laufen aktuell Projekte mit über 30 Kirchen zwischen Flensburg und dem Allgäu. Und jede bekommt ihr eigenes ganz individuelles Lichtkonzept. Bis das entwickelt ist, geht es mal schneller und mal weniger schnell. Je nachdem wie viele Hürden auf dem Weg bis zur Installation zu meistern sind. So müssen etwa das Budget der Gemeinde, der Denkmalschutz und die baulichen Begebenheiten berücksichtigt werden. Steht das Konzept, muss das Amt für Bau- und Kunstpflege zustimmen. Im Fall der Ludgeri-Kirche funktioniert die Zusammenarbeit hervorragend und die Installation der knapp 200 Leuchten in dem imposanten romanisch-gotischen Bauwerk ist so gut wie abgeschlossen.

Am Ende, wenn alle Lichtszenen programmiert sind, gibt es einen Schalter mit nur acht Tasten, der über Bluetooth die mit neuester LED-Technik konzipierten Leuchten steuert. Um sie zu entdecken, muss der Betrachter sehr genau hinschauen. Und das ist so gewollt. „Die Kirche ist ja kein Museum, sondern ein Ort, an dem man zur Ruhe kommt“, sagt Jürgen Klensang. „Die Leuchte muss sich komplett unterordnen.“ Eine Ausnahme bilden Kronleuchter. Sie fungieren nicht nur als Lichtquelle, sondern auch als Schmuckstück, und setzen auch in der Ludgeri-Kirche optische Akzente. „Das Wichtigste ist das Kreuz. Daran richtet sich alles aus. Der Altar soll der hellste Punkt in der Kirche sein“, sagt Jürgen Klensang, der selbst auch gläubiger Christ ist. In seiner Heimatgemeinde in Sittensen ist er im Kirchenvorstand und im Bauausschuss aktiv.

Jürgen Klensang ist ein Familienmensch, der im Norden fest verwurzelt ist und schon immer viele Freunde hatte. Einer seiner besten ist Pastor von Beruf. Das passt. Mit seinen rotarischen Freunden möchte er im nächsten Jahr an einer Rallye der Oldtimer-Fellowship teilnehmen. Denn ein Oldtimerfan ist der Lichtexperte auch.

Zunächst einmal wird er aber Ostern zum Einweihungsgottesdienst nach Norden reisen, sich unter die Gottesdienstbesucher mischen und gemeinsam mit ihnen den Wow-Effekt erleben, wenn zum ersten Mal in der gesamten Kirche das Licht angeht. „Das“, sagt Jürgen Klensang, „ist das Schönste überhaupt.“


Zur Person

Jürgen Klensang (RC Bremervörde-Zeven) ist Dipl.-Ing. für Elektrotechnik und gründete 1995 sein Familienunternehmen lucente Lichtplanung in Sittensen. Er ist einer von wenigen Experten auf dem Gebiet der Lichtplanung von Kirchen. Er und seine Frau Hilke Klensang (Inner Wheel Club Nordheide) haben drei erwachsene Kinder. Tochter Anna-Lena arbeitet im Familienunternehmen mit.

lucente-lichtplanung.de