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Standpunkt

Integration mit Feel-Good

Standpunkt - Integration mit Feel-Good
Florian Wackermann © Viola Campos/Privat

Kleiner Job, große Wirkung: Wer für rotarische Events „Feel-Good-Manager“ ernennt, sorgt auf unkomplizierte und taktvolle Weise dafür, dass sich auch eher im Abseits stehende Gäste schnell wohlfühlen.

Florian Wackermann01.11.2023

Ich bin so enttäuscht von meinen Kollegen! Die sind doch alle Führungskräfte, für so etwas sollten die doch ein Gespür haben – oder sich wenigstens an ihre Kinderstube erinnern.“ Es war ein sehr emotionales Telefonat, das ich vor Kurzem mit einer rotarischen Freundin führte. Sie kam zurück von einer Veranstaltung der leitenden Angestellten eines großen Unternehmens. An dem mehrtägigen Treffen nahm auch eine Gruppe von Kollegen aus Japan teil – und kaum einer der Europäer ließ sich auch nur auf einen Small Talk mit den Teilnehmern der Delegation ein. Meine Freundin war eine der wenigen, die sich darum bemühten, Brücken zwischen den Gruppen zu bauen. Ist es für Führungskräfte nicht wichtig, die Dynamik der Gesamtgruppe im Blick zu haben und alle Anwesenden einzubeziehen?

Wir sprachen darüber, wie wir diese Fähigkeit des Integrierens, des Türen-Öffnens bei Rotaract und Rotary erlebt haben. Wir stellten die Frage, welche Rolle unsere Erfahrungen in der rotarischen Familie dafür gespielt haben, dass wir heute auf das Miteinander von unterschiedlichen Menschen achten – und es als Gewinn betrachten.

Bei Rotaract schon lange etabliert

Sagt Ihnen die Rolle des „Feel-Good-Managers“ etwas? Bei vielen Rotaract-Veranstaltungen ist diese Position längst etabliert. Einige Mitglieder übernehmen bewusst die Aufgabe, sicherzustellen, dass niemand sich während einer Konferenz allein fühlen muss. Diese Rolle ist von unschätzbarem Wert und trägt dazu bei, eine herzliche und inklusive Atmosphäre zu schaffen. Es ist beeindruckend zu sehen, wie diese Rotaracter sich engagieren, um sicherzustellen, dass alle Teilnehmer in das Geschehen eingebunden sind.

Bei rotarischen Treffen begegnet mir dies eher auf informelle Weise. Sei es im Club, bei Distriktveranstaltungen oder internationalen Konferenzen. Es gibt sie, diese herzlichen Mitglieder, die uns das Gefühl geben, willkommen zu sein. Es sind Menschen, die mit einem Lächeln durch den Raum gehen, Verbindungen knüpfen und Gelegenheiten schaffen, damit alle Teilnehmenden integriert werden können. Dies kann ein freundliches Lächeln sein, das einem Fremden am Buffet geschenkt wird, ein kurzer Small Talk, um eine Beziehung zu vertiefen, oder das geschickte Zusammenbringen von Teilnehmern mit ähnlichen Interessen. Ich kenne allerdings auch rotarische Events, bei denen ich mich mit meinem Glas gern zu einer Gruppe am Stehtisch hinzugesellen würde, ich aber schon an der Körperhaltung einer oder mehrerer Personen merke, offenbar gerade nicht willkommen zu sein – und keiner bemerkt mein Unbehagen.

Wenn man es denn möchte, ist es in der rotarischen Welt deutlich leichter als bei vielen anderen Veranstaltungen, das sprichwörtliche Eis zu brechen. Schon simple Fragen wie „Aus welchem Club kommen Sie?“, „Was hat Sie motiviert, zur Distriktkonferenz zu kommen?“ oder „Haben Sie aktuell ein Amt in Ihrem Club?“ – mit einem freundlichen Lächeln serviert – lassen ganz leicht eine Konversation in Gang kommen. Wenn wir als Organisatoren dann auch noch darauf achten, dass die Namensschilder gut lesbar sind und leicht ansteckbar, steht einer inklusiven Kommunikation nichts mehr im Wege.

Niedrigschwellige Kontaktmöglichkeit

Die Vielfalt unserer Organisation führt immer wieder dazu, dass wir in neuen Gruppen zusammenkommen. Dabei kann es natürlich vorkommen, dass ich selbst oder einige andere Teilnehmende eher am Rande des Geschehens stehen. Manchmal genieße ich es tatsächlich auch, nur dabei statt mittendrin zu sein. Manchmal würde ich mich jedoch freuen, eingebunden zu werden. Wie schön wäre es in solchen Situationen, wenn es niedrigschwellige Kontaktmöglichkeiten gäbe.

Ich plädiere dafür, so wie bei Rotaract-Events aktiv und ganz bewusst schon im Vorfeld Freundinnen und Freunde anzusprechen und sie zu bitten, auf die Integration aller Teilnehmer zu achten. Entweder ganz diskret und scheinbar zufällig agierend, klar erkennbar wie bei Conventions oder als Ansprechpartner an im Programm definierten Treffpunkten, an denen sich all diejenigen versammeln können, die sich etwas verloren vorkommen. Ich bin davon überzeugt: Wenn wir den Austausch mit uns zunächst Unbekannten erleichtern, können wir von der Vielfalt bei Rotary viel besser profitieren.

In besagtem Telefonat mit meiner rotarischen Freundin diskutierten wir auch darüber, wie uns die Welt von Rotary für den Arbeitsalltag bereichert hat. Dieses Aufbauen, Trainieren und Verbessern von zwischenmenschlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten gehört für mich unbedingt dazu. Lassen Sie uns gemeinsam Ideen ausprobieren, wie wir eine Welt schaffen können, in der wir uns gegenseitig unterstützen, inspirieren und an einer besseren Zukunft arbeiten – rotarische Feel-Good-Manager könnten dabei helfen.

Diskutieren Sie mit und beteiligen Sie sich an unserer Meinungsumfrage zu diesem Standpunkt: rotary.de/#umfrage

Florian Wackermann

Dr. Florian Wackermann (RC Germering) studierte BWL und VWL und spezialisierte sich auf Innovationsökonomik. Er hält Seminare zu Management- und Führungsthemen und ist Mitinhaber eines Startups für geruchsfreie moderne Trockentoiletten für den öffentlichen Raum. Bei Rotary war er 2019/20 Clubpräsident, er engagiert sich im Berufsdienst und als Rotaract-Distrikt-Beauftragter sowie in der Leadership Fellowship von RI.

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