Porträt
Mit Wein ein neues Leben ermöglichen
Genießen und helfen, das lässt Birgit und Heinz-Gerd Dreehsen aktiv werden – in der Fellowship der Rotarischen Weinfreunde und deren Stiftung.
Zur Person
Birgit und Heinz-Gerd Dreehsen (RC Oberhausen) sind seit über 40 Jahren verheiratet. Birgit arbeitet als Immobilienverwalterin, Heinz-Gerd Dreehsen unterrichtet Mathematik und Informatik an der TH Bochum. Beide engagieren sich seit Jahrzehnten bei Zonta bzw. Rotary und waren bereits als Präsidentin/Präsident ihres Clubs sowie in weiteren Ämtern aktiv. Beide sitzen im Vorstand der Stiftung In Vino Caritas.
Wenn Birgit und Heinz-Gerd Dreehsen an Wein denken, dann fallen ihnen nicht nur lauschige Abende in einem Weinkeller oder die letzte Reise in die Champagne ein. Ganz schnell kommen auch Gedanken an Kinder: Jungen und Mädchen auf einer Müllhalde in Manila, die sich aus dem Dreck Brauchbares zusammensuchen, denen Schulbildung und ärztliche Versorgung fehlt …
Was das mit Wein zu tun hat? – Die Dreehsens haben ihre Vorliebe für feine Tröpfchen mit gesellschaftlichem Engagement kombiniert: Birgit engagiert sich im Zonta Club Oberhausen-Rheinland, Heinz-Gerd ist aktiv im RC Oberhausen – und beide machen sich stark für die Fellowship der Rotarischen Weinfreunde, inklusive sozialer Arbeit. Angefangen hat alles vor 25 Jahren, als die Dreehsens Kinder eines gastierenden Chors bei sich aufnahmen. Die Mädchen von den Philippinen kamen aus ärmsten Verhältnissen, bestaunten fließendes Wasser aus dem Hahn und bewahrten jeden Bissen – selbst kalte Pommes – auf, da sie nicht wussten, ob und wann es wieder etwas zu essen gab. Es war den Dreehsens sofort ein Bedürfnis, für die Kinder zu sammeln und sie für die Zeit danach besser auszustatten.
Als Birgit und Heinz-Gerd Dreehsen einige Monate später ihr Versprechen zum Gegenbesuch auf den Philippinen einlösten, fanden sie sich fassungslos in Tondo wieder. Tondo – Teil der Millionenstadt Manila – ist die größte Müllhalde Asiens, auf der Hunderte Familien in größter Armut zwischen stinkenden Rauchfahnen in den Überbleibseln der Wohlstandsgesellschaft wohnen und nach Essbarem suchen. Der erste Gedanke: „Die teilen sich hier mit den Ratten den Rest vom Verwesungsbrei.“
Eine unerträgliche Situation, fanden die Dreehsens. Seitdem engagieren sie sich intensiv mit Spendenaktionen, Benefizkonzerten, Info-Veranstaltungen in ihren Clubs – und eben mit Aktionen rund um ihr Faible Wein: Verkostungen, Reisen, Rebsorten-Seminare oder Gala-Wein-Diners brachten schon viele Menschen zusammen, die auch karitativ aktiv werden wollten – letztens erst bei der Convention.
Mit großer Zuschauerrunde
Vor einigen Jahren kam zudem ein TV-Auftritt in einer Spielshow zustande, in der Birgit Dreehsen zusammen mit Propst Michael Ludwig (RC Bochum-Mark) Geld gewann. Was sie in der Show über ihre Bemühungen in Manila erzählten, inspirierte den Sender, den Gewinn aufzustocken. Später sandte ein Zuschauer eine 300.000-Euro-Spende. Das machte Tondo zum Dauer-Projekt.
In der Folge brachten die agilen Dreehsens und ihre Helfer die Stiftung In Vino Caritas auf den Weg. Caritas, nicht Veritas. Denn ihr Hobby Wein sollte nicht nur sie erfreuen, sondern vor allem wichtige Hilfe ermöglichen. Über die Stiftung wurden Ausbildungen für die Menschen in Manila ermöglicht: als Krankenpflegehelferinnen, als Schweißer, Schlosser oder Zimmermädchen. Für die Kinder kam eine Kita zustande, die Mahlzeiten und Förderung anbot. Dazu gibt es nun eine Schule, in der die Stiftung vier Lehrerinnen beschäftigt.
Eigenes Erleben als Basis
Jedes Jahr sind Birgit und Heinz-Gerd Dreehsen trotz Beruf und ihrer 62 beziehungsweise 63 Jahre in Richtung Asien unterwegs. Unermüdlich. Schließlich muss Neues angestoßen, organisiert und kontrolliert werden. Eine philippinische Verwalterin gibt Bescheid, wenn Taifune oder Erdbeben größere Zerstörungen anrichteten. Inzwischen hat RFPD das Projekt mit 12.000 Euro unterstützt, ein Global Grant wurde eingeworben, fast eine Million Euro Spenden flossen bereits, weitere Unterstützung ist auf dem Weg. „Möglich ist die lange Laufzeit des Projekts auch, weil Clubs aus Deutschland, Frankreich und Manila dabei sind“, berichtet Heinz-Gerd Dreehsen dankbar.
Nachzulesen ist das alles auch in einem Newsletter. Hier berichten die Dreehsens, wie Impfungen und Infos zu Schwangerschaftsverhütung liefen, ob die philippinischen Eltern in der Schule regelmäßig beim Kochen halfen oder wie der „Chicken Dance“ aussah, mit dem die Kita-Kinder sich für einen Sack Stofftiere bedankten.
In Oberhausen steht indes noch das Fest der Kulturen auf dem Plan, das Deutsche und Flüchtlinge zusammenführt. „Dann war da noch ein Matching Grant für Mädchen-Toiletten in Nepal, und wir organisieren auch Weinreisen für die Fellows …“, fangen die beiden Aktiven sofort an, weitere Projekte aufzuzählen.
Aufhören? – Geht nicht
Wenn Birgit und Heinz-Gerd Dreehsen in diesen Tagen mal einen schönen Frühburgunder genießen, denken sie wohl weniger an das Bundesverdienstkreuz oder die Bundesverdienstmedaille, die ihnen ihr Engagement einbrachte. Dafür aber an die Menschen in Tondo. „Letztens dankte mir eine junge Frau: ‚Das ist das erste Mal, dass jemand etwas für mich tut‘“, erzählt Birgit Dreehsen gerührt. „Das motiviert mich, nicht nachzulassen.“
Und Heinz-Gerd Dreehsen ergänzt: „Solange wir können, werden wir weitermachen. Wir haben auf den Philippinen doch jetzt schon über 160 ‚Ersatzkinder‘, die uns Mama oder Daddy rufen. Aufgeben? Aufhören? – Das geht nicht.“
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