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Rotary Aktuell

Hier ist der Name Programm - Teil 2

Rotary Aktuell - Hier ist der Name Programm - Teil 2
Der Zylinder war das Markenzeichen des Clubnamensgebers Johann Nestroy. Selbstverständlich, dass der zusammen mit der Statue auch aufs Gruppenfoto der rotarischen Freunde kommt. © Regina Hügli

Clubnamen, gebildet aus Stadt und „Zusatz“ wie Gebäude oder historische Persönlichkeiten, haben nicht nur eine identitätsstiften ­ de Funktion für die Mitglieder. Auch das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des Ortes wird gestärkt, passende Projekte profitieren durch Glaubwürdigkeit und erhöhtes Vermarktungspotenzial. Wir stellen sechs dieser Clubs vor.

Sabine Meinert01.12.2024

Gesellschaft

RC Wien-Nestroy


Künstlerisch stellt sich der RC Wien-Nestroy auf. Namensgeber Johann Nestroy war ein österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Opernsänger mit kräftigem Bass. Nestroy war sehr sozialkritisch – was ihm immer wieder Probleme mit der Zensur einbrachte –, aber auch humoristisch auf der Bühne unterwegs. Er habe soziale Missstände hervorgehoben und sich mit den Unterschieden zwischen Arm und Reich beschäftigt, so Sabine Unterweger aus dem Club. Es gehe im RC Wien-Nestroy daher auch darum, im Sozialen hinzuschauen, etwas zu bewegen. Deshalb engagieren sich die Clubmitglieder vor allem für Sozialprojekte, die helfen sollen, die Kluft zwischen den Gesellschaftsschichten zu verringern oder zu überwinden.

Der Erlös von Charity-Projekten oder Benefiz-Veranstaltungen soll zudem helfen, Träume zu verwirklichen. Nestroy findet dabei auch seinen Platz: So wurde zum Beispiel sein bekanntes Couplet, das sozialkritische Kometenlied aus der Zauberposse Der böse Geist Lumpacivagabundus zum Höhepunkt des Sommerballs 2019. Auch Theaterstücke des Namensgebers stehen regelmäßig auf dem Plan. Und der Nestroy-Hut, ein Zylinder und Markenzeichen des Künstlers, zeigt die Verbundenheit des Clubs zu ihm bereits im Clublogo.


Sprache

RC Forbach-Goldene Bremm-Saar

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Ziel vieler Clubaktionen ist es, Kindern der Region eine schöne Zeit zu geben © RC Forbach-Goldene Bremm-Saar

Vor allem Grenzen überschreiten will der RC Forbach-Goldene Bremm-Saar. Der Name verrät es schon: ein deutsch-französischer Club. Gegründet 2004, versucht er, Verbindendes in den Fokus zu stellen, so Past-Präsidentin Micheline Guldner. Vorträge werden meist in der Muttersprache des Referierenden gehalten – die Zweisprachigkeit wird im Club gelebt. Hat doch mal eines der Mitglieder Sprachprobleme, organisiert der Club deutsch-französische Sprachkurse.

Ein bisschen „Sprachgymnastik“ sei gar nicht schlecht, so der Tenor, ebenso wie die wechselseitige Ausrichtung der Adventssamstage mit Typischem von links und rechts der Grenze. So gab es sogar ein deutsch-französisches Bier. Der Erlös kam natürlich Clubprojekten zugute.

Im Deutsch-Französischen Garten in Saarbrücken hat der Club bereits einen Baum gepflanzt – als Zeichen für Freundschaft und Toleranz. Kindern der Region wurden zudem gemeinsame sportliche Stunden ermöglicht. Auch Veranstaltungen des Institut d’Études Françaises (Saarbrücken) haben im rotarischen Leben einen Platz. Konzerte in den deutschen oder französischen Heimatorten des Clubs schätzen grenzüberschreitend alle Mitglieder sehr.


Gleichberechtigung

RC Wien-Gloriette

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Clubtreffen im Schlossgarten von Schönbrunn vor der Wiener Gloriette © RC Wien-Gloriette

Im Distrikt 1910 haben allein in Wien gleich mehrere Clubs Namen mit besonderer Bedeutung gewählt, auch der RC Wien-Gloriette. Der Namenszusatz bezieht sich auf ein Gebäude im Schlossgarten von Schönbrunn – erbaut unter Kaiserin Maria Theresia – an einem erhöhten Standort. Im architektonischen Zusammenhang gilt die Wiener Gloriette am Sommersitz der Kaiser als ein besonderer Blickfang, geschichtlich als Denkmal für einen gerechten Krieg (Siebenjähriger Krieg), der zum Frieden führte. Gerechtigkeit, besonders Geschlechtergerechtigkeit und Gleichberechtigung, stellt der RC Wien-Gloriette daher auch besonders in den Fokus. Er war der erste Club im Distrikt 1910, der 1997 mit Damen gechartert wurde – da passte die weibliche Endung „-ette“ gut. Auch auf den Altersdurchschnitt und das Geschlechterverhältnis – immer abwechselnd eine Frau und ein Mann werden aufgenommen – achten die Präsidenten seitdem besonders. Das Verhältnis 50:50 bei den Mitgliedern ist bisher noch nicht ganz erreicht, jedoch werden immer wieder jüngere Frauen eingeladen, den Club mitzugestalten. Ein aktueller Fokus liegt darauf, ein Sozialprojekt in einem Tagesheim für mental eingeschränkte Menschen umzusetzen.


Geschichte

RC Leipzig-Herbst `89

Die Wendezeit steckt bereits im Namen des RC LeipzigHerbst `89. Dort, wo sich einst Tausende Demonstranten trafen, um gegen den SED-Staat zu protestieren, stehen heute Stasi-Unterlagen im Fokus. Deren Aufarbeitung unterstützt der Club, erzählt Alexander Schmidt. Außerdem versuchen die Rotarierinnen und Rotarier, sich ganz bewusst der Geschichte der Stadt zu nähern: zum Beispiel mit Vorträgen zur alten Universitätskirche und vor allem zu den Geschehnissen von 1989. So referierte in Coronazeiten Prof. Dr. Klaus-Heinrich Standke, ehemals Direktor bei den Vereinten Nationen, über die politischen Vorbereitungen zur deutschen Einheit: Konferenzen, die Charta von Paris, internationale Absprachen … 2023 spann Bundesminister a. D. Peter Altmaier den Gesprächsfaden von der friedlichen Revolution in Leipzig bis nach Europa. Und in diesem Jahr teilte Leipzigs Ex-Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (inzwischen Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und digitale Gesellschaft in Thüringen) seine Gedanken zum Thema „Zusammenwachsen – zusammen wachsen. 1989– 2024. Ist beides gelungen?“. Die Festveranstaltung des Clubs zum 9. November ist auch bei anderen Leipziger Rotariern wegen solcher Top-Gäste ein fester Termin. Um zusätzlich im Hier und Jetzt aktiv zu werden, unterstützen die Leipziger vor allem Schüler. Mit der Aktion „Lesen lernen – Leben lernen“ stärken sie die Lesekompetenz in einer hiesigen Schule, im Kongo ermöglichen sie einem Mädchen den Abschluss.


Tradition

RC Bautzen/Budyšin

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Jugendliche erlernen mithilfe des Clubs typisch sorbische Instrumente. © RC Bautzen

Der Name des RC Bautzen/Budyšin weist schon darauf hin: Hier steht – neben Unterstützung für ein Hospiz, neben einem Geschichtsprojekt zum Bautzener Frieden oder einem Waldlehrpfad – vor allem Sorbisches auf dem Plan. Seit der Gründung 1992 nimmt der Club regelmäßig engagierte Mitglieder der Minderheit auf. In den vergangenen Jahren wurde die Aufarbeitung typischer Instrumente der Volksgruppe wie Dudelsack und Fiedel für die Musikschule gefördert. Mithilfe rotarischer Spenden wurden auch die Innensanierung im Dom unterstützt, der als Simultankirche von beiden Konfessionen genutzt wird, so Past-Präsident Thomas Raue.

Wann immer es sich ergibt, fließen Traditionen und Projekte der Sorben ins Clubleben ein, fachlich besonders unterstützt durch Clubmitglieder, die im Sorbischen Institut aktiv sind. Auch die Slawistin Ludmila Budar arbeitete dort lange. In der Wendezeit engagierte sie sich zudem gemeinsam mit ihrem Mann in der Initiativgruppe für eine Volksversammlung der Sorben und für die Umstrukturierung und Demokratisierung des Dachverbandes Domowina. Zudem war sie Vorsitzende der Stiftung für das sorbische Volk, stand zwanzig Jahre lang dem Sorbischen Schulverein vor und engagierte sich für das Witaj-Modell, das Kindern Zweisprachigkeit und hohe Sprachkompetenz in ihrer Muttersprache ermöglichen soll. Für die Bewahrung und Revitalisierung dieser Sprache erhielt sie im Februar 2024 das Bundesverdienstkreuz.


Kultur & Musik

RC Wien-Franz Schubert

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Eng verbunden: Franz Schubert und Mitglieder des RC Wien-Franz Schubert © Regina Hügli

Der Wiener Rotary Club mit dem Komponisten Franz Schubert im Namen vereint Kunst- und Kulturschaffende: Pianisten, Dirigenten, Geiger, Sänger, Konzertveranstalter … Logisch, dass sich das Clubleben vor allem um Kultur und die Musik dreht. So organisierte der Club mit den Künstlern des RC Wien-Franz Schubert und Studenten der Musikuniversität während der Coronazeit mehrere LiveKonzerte, nicht nur mit Schubert-Werken, sondern breit gefächert. Diese speziellen Aufführungen wurden in alle Welt gestreamt und machten den jungen Club (gegründet 2012) sehr bekannt. Der Club hat einen eigenen Kulturbeauftragten, der regelmäßig Besuche in Theatern und Ausstellungen organisiert und so auch den Bogen zu Schubert und anderen Künstlern und Musikern spannt.


Bei welchen Clubs ist der Name noch Programm? Lesen Sie auch Teil 1 der Geschichte auf rotary.de/a23322