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Porträt

Youtube-Star des Bäckerhandwerks

Porträt - Youtube-Star des Bäckerhandwerks
Florian Lutz hat eine einnehmende Art und ein ansteckendes Lächeln. Das Überzeugendste allerdings bleiben seine Backwaren – wie das hier im Vordergrund zu sehende Brot. © Beate Lutz

Florian Lutz übt seinen Beruf mit großer Leidenschaft aus, sprüht vor Kreativität und hat auch schon seine Clubfreunde kulinarisch begeistert.

Florian Quanz01.09.2021

Ich bin Flo, backen wir’s an.“ Mit dieser kurzen, sympathischen Begrüßung startet eines der Youtube-Videos von Bäckermeister Florian Lutz. Seine lockere, souveräne Art, wie der 34-Jährige die Backshows präsentiert, kommt an. „Ein loses Mundwerk hatte ich schon immer“, bekennt er. Dazu sei er mit voller Leidenschaft Bäcker. „Für mich ist das einer der schönsten Berufe, denn er verbindet Handwerk mit Genuss.“ Bei ihm geht diese Leidenschaft sogar unter die Haut. Auf dem rechten Unterarm trägt er ein kleines Brezel-Tattoo.

Je komplizierter, desto interessanter

Der Lohn für seine Arbeit ist eine stetig wachsende Fangemeinde, die ihm beim Backen zusieht. Das Video, in dem er erklärt, wie man ein Sauerteigbrot backt, haben inzwischen mehr als 200.000 Menschen angesehen. Je komplizierter das Rezept, desto mehr klicken auf das Video, hat er im Laufe der Zeit gelernt. „Wer zuvor noch nie Brot gebacken hat, sollte aber erst einmal mit einem Hefeteig beginnen“, rät der Experte.

Seine Clubfreunde – Lutz ist das jüngste Mitglied im Rotary Club Bietigheim-Vaihingen – haben sich von seinem Wissen und Können vor der Coronapandemie bei einem Brot- und Weinevent überzeugt. „Das war spektakulärer, als es klingt“, erklärt der geprüfte Brotsommelier. Er brachte nicht nur selbst gemachte Brotaufstriche mit, sondern erklärte, welche Brotsorte zu welchem Wein am besten passt. Baguette zu Riesling, Dinkelvollkornbrot zu Spätburgunder – Lutz sorgte auf der Veranstaltung für Hochgenuss. Zur Freude seines Clubs.

Die Idee, in Videos sein Backwissen samt Rezepten an Interessierte weiterzugeben, kam ihm in der Coronapandemie. An Abendevents war da nicht zu denken. Deshalb startete er seinen Video-Kanal namens „Mehlschmiede“. Gedreht wird in der privaten Küche, die dank mittiger Kochinsel perfekt geeignet ist. Vor dem Hochladen des ersten Videos hat er dieses zwar einem ausgewählten Kreis gezeigt, aber hochgeladen hätte er es so oder so. Lutz ist ein Überzeugungstäter, voller Tatendrang und lässt sich nicht unterkriegen. Hinzu kommt ein hoher Anspruch. Inzwischen sind seine Videos so professionell, dass er mit seinen Präsentationen auch im Fernsehen auftreten könnte. „Ich würde nicht Nein sagen“, erklärt Lutz schmunzelnd.

Ob er sich aber mit dem Verraten von Familienrezepten nicht selbst schadet? Florian Lutz muss bei dieser Frage lachen. Sein Vater, ebenfalls Bäckermeister, hatte genau diese Befürchtung. „Das Gegenteil ist der Fall.“ Im Juni und Juli hatte das Familienunternehmen – Florian Lutz ist die dritte Generation – Umsatzzuwächse zu verzeichnen. „Die Leute rennen uns nach dem Lockdown die Bude ein.“ Das habe auch mit den Videos zu tun, denn dort würden die Leute seit Monaten sehen können, dass in ihrer Arbeit noch echtes Handwerk dahinterstecke.

„Nur, wer selbst mal ein Sauerteigbrot gebacken hat, weiß unsere Arbeit auch zu schätzen“, erklärt Lutz seine Strategie. Er hat auch keine Angst, dass die Konkurrenz seine Rezepte nachbackt. „Das soll jemand erst einmal so gut machen wie wir.“ Die Aussage klingt arrogant, orientiert sich aber an einem Leitsatz des Bäckerhandwerks: „Das Rezept macht nur 20 Prozent am Produkt aus.“ Klima, Rohstoffe, Wasser, Teigführung und die Backöfen – eine Vielzahl an Faktoren spiele eine Rolle, sagt Lutz.

Jahrzehntelange Backerfahrung

In seinen Videos gibt er wertvolle Tipps zum Gelingen der Backvorhaben. Zuschauer können eine Menge lernen, auch bereits geübte Hobbybäcker. So zum Beispiel, was unter „Bäckerprozent“ zu verstehen ist und warum man immer mit frischer Hefe backen sollte. Der 34-Jährige gibt die jahrzehntelange Backerfahrung seiner Familie weiter. 

Dank Florian Lutz wird es das Bäckerhandwerk der Familie noch lange geben. Sein Vater zieht sich langsam aus dem Unternehmen zurück. Dann wird Florian die Verantwortung für die Bäckerei allein tragen, während seine Schwester für die Konditorei zuständig ist. Im Januar werden er und seine Frau Beate zum ersten Mal Eltern. Florian Lutz stellt sich schon jetzt auf noch stressigere Zeiten ein, aber will weiter Woche für Woche ein neues Video präsentieren. „Die Ideen werden mir nicht ausgehen.“

Auf die vollständige Übernahme des Bäckereibetriebs sieht er sich bestens vorbereitet, auch dank Rotary. „Ich habe in der rotarischen Familie viele Vorbilder“, erklärt Florian Lutz. „Ich orientiere mich an erfahrenen Mitgliedern und lerne von ihnen. Aber ich habe auch schon miterlebt, wie ich selbst das Unternehmen nicht führen will. Beide Erfahrungen sind extrem wertvoll.“ Der Austausch untereinander sei unersetzbar. „Deswegen bin ich auch so stolz auf meinen Club, dass in der Coronapandemie kein Treffen ausgefallen ist.“


Zur Person

Florian Lutz (34, RC Bietigheim-Vaihingen) ist seit 2014 Bäckermeister. Er ist stets auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, seinen Familienbetrieb innovativ nach außen hin zu präsentieren. Bewusst hat er den Weg hin zu einer „gläsernen“ Bäckerei gewählt, bei der Kunden und Interessierte aus aller Welt sehen können, wie gebacken wird. Lutz erhält aus der ganzen Welt Zuschriften zu seinen Videos – aus Barbados, den USA und Teneriffa.

Florian Quanz
Florian Quanz arbeitet seit März 2021 als Redakteur beim Rotary Magazin. Zuvor war er Leiter des Manteldesks sowie Politik- und Wirtschaftsredakteur bei der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen (HNA), einer großen Regionalzeitung mit Sitz in Kassel.
Copyright: Andreas Fischer